Symbolbild. (Bild: Parrish Freeman/Unsplash)

Kirche Schweiz

Das duale Sys­tem als demo­kra­ti­sches Zerrbild

Viele sich selbst als pro­gres­siv gebende Theo­lo­gen und staats­kir­chen­recht­li­che Funk­tio­näre beru­fen sich auf den Volks­wil­len, wenn es darum geht, die Kir­che nach ihren Vor­stel­lun­gen umzu­po­len. Im Gros­sen wird die Stimme des Vol­kes bemüht, um das Lehr­amt zu kri­ti­sie­ren, im Klei­nen, um Per­so­nal­ent­scheide zu recht­fer­ti­gen, mit denen lehr­amtstreue Pries­ter abge­sägt und diese hetero­do­xen Seel­sor­gern, meist Lai­en­theo­lo­gen, Platz machen mussten.

Viele gute Priester mussten in der Schweiz bereits ihre Pfarrei verlassen, weil sich oft eine vermeintliche Mehrheit gutgläubiger ortsansässiger Katholiken im Rahmen des dualen Systems an Kirchgemeindeversammlungen oder Wahlen vor den Karren priesterfeindlicher Kirchenpflegen und deren Entourage spannen liess. Die Frage, ob diese Mehrheit aus aktiv am Pfarreileben teilnehmenden Gläubigen besteht, wird meistens ausgeklammert, wenn Kirchenräte und Personalverantwortliche der einzelnen Bistümer dem vermeintlich demokratischen Drängen nachgeben. Ebenfalls wird die Frage vernachlässigt, wie demokratisch legitimiert eine Mehrheit ist, die nur aus einem Bruchteil – meist zwei bis drei Prozent – der Stimmbevölkerung besteht. Bereits die alten Griechen wussten, dass das Ideal einer Demokratie schwer zu erreichen ist und schnell in den Zustand einer Ochlokratie – der Herrschaft des Pöbels – umschlagen kann. Um demokratische Elemente in der Kirche zu verwirklichen, muss gründlich überlegt werden, welche Bereiche des kirchlichen Lebens demokratischen Entscheidungsfindungsprozessen unterstellt werden können und welche nicht. Die meisten vernünftigen Menschen sind sich einig, dass die Kirche nicht darüber abstimmen lassen kann, ob die Zehn Gebote richtig oder falsch sind, genauso wenig wie eine mathematische Fakultät die Professoren und Studenten dazu befragen wird, ob der Satz des Pythagoras korrekt sei. Es gibt jedoch bei finanziellen Angelegenheiten und bei Personalbesetzungen durchaus Entscheide, bei denen die Gläubigen miteinbezogen werden sollten.

Das duale System in vielen Kantonen der Schweiz gibt den Gläubigen das Recht, bei solchen Fragen mitzuentscheiden. In der Theorie ein gutes System, das auch im Sinne des Zweiten Vatikanums ist, welches die Laien auffordert, Verantwortung zu übernehmen, um die Frohe Botschaft zu verbreiten. Problematisch wird es, wenn die Grenzen zwischen den einzelnen Verantwortungsbereichen nicht mehr respektiert werden und Laiengremien die Macht, die sie dank der Kontrolle über die Finanzen haben, dazu missbrauchen, um die kirchlichen Verantwortungsträger unter Druck zu setzen. Und ganz absurd wird dieses System, wenn der Volkswille nur dann Berücksichtigung findet, wenn er deckungsgleich mit dem Willen der kirchlichen Obrigkeit ist oder die Gläubigen ungleich behandelt werden.

Missachtung der Kirchenbasis
Im Pfarrblatt des Kantons Aargau, «Horizonte», konnte man kürzlich lesen, wie die kirchliche Demokratie zur Farce wird, wenn der hundertfach zum Ausdruck gebrachte Wille von Katholiken missachtet wird, nur weil sie nicht «Müller» oder «Meier» zum Nachnamen heissen. Im Pastoralraum Aargau Süd wirken die beiden Priester Piotr Palczynski und Luis Reyes als Pfarrer bzw. Kaplan. Das kirchliche Leben in den zum Pastoralraum gehörenden Gemeinden blüht, seitdem die beiden Priester die Verantwortung tragen. Die von Papst Franziskus geforderte Neuevangelisierung wird dadurch umgesetzt, dass die Jugendarbeit intensiviert wurde und Prozessionen am Palmsonntag und im Marienmonat Mai vor allem viele Familien anziehen. Sehr gut besuchte Heilige Messen mit vielen jungen Messbesuchern sind die Früchte der seelsorgerlichen Arbeit der beiden Priester. Eigentlich müsste jede Diözese mehr als glücklich sein, wenn in einer Pfarrei oder einem Pastoralraum in diesen schwierigen Zeiten ein Neuaufbruch sichtbar wird. Nicht so im Kanton Aargau und im Personalamt des Bistums Basel. Die Willkommenskultur ist in diesen Gremien auf maximal zehn Jahre beschränkt, da nach dieser Zeitspanne die «Missio canonica» von Kaplan Reyes, der in einer anderen Schweizer Diözese inkardiniert ist, ausläuft. Obwohl seine eigene Diözese Kaplan Reyes erlaubt, weiterhin im Pastoralraum Aargau Süd zu wirken, verweigern ihm die Personalverantwortlichen des Bistums die Verlängerung. Die Argumente, die bei Kaplan Reyes sowie bei vielen anderen Priestern aufgetischt werden, um eine Verlängerung abzuwürgen, sind immer die gleichen: In der angeblichen Sorge, ein Priester könnte sich seinem eigenen Bistum entfremden, beschränkt man die Missio auf zehn Jahre. In der Kantonalkirche Aargau, die den Gläubigen schweizweit die wenigsten Eucharistiefeiern pro Kopf bietet, geht die Kirche einen Sonderweg, bei dem Unternehmer des Industriekantons nur den Kopf schütteln würden. Während es in der Wirtschaft normal ist, dass man Fachkräfte aus anderen Kantonen und dem Ausland ruft, um Stellen zu besetzen, ist die kirchliche Beschäftigungspolitik restriktiver als diejenige jeder weit rechtsaussen stehenden Partei. Man stelle sich vor, die ABB, General Electrics oder Holcim würden einem aus dem Wallis oder Italien stammenden erfolgreichen Ingenieur oder Manager kündigen, weil dieser mehr als zehn Jahre im Aargau weilt. Besonders grotesk und absurd für eine Kirche, die sich als universale Gemeinschaft versteht und gerade hierzulande chronisch mit dem Etikett «weltoffen» und «gastfreundlich» hausieren geht.

Nun könnte in der Leserschaft der Eindruck entstehen, die obige Schilderung lasse unerwähnt, dass der betreffende Priester eine grosse Opposition gegen sich hat und das Bistum gar nicht anders handeln konnte als die Missio nicht zu verlängern. Tatsächlich haben sich mehr als 550 Menschen mit einer Petition an den Bischof gewandt – um ihn zu bitten, das segensreiche Wirken von Kaplan Luis Reyes weiterhin zu ermöglichen und seine Missio zu verlängern! Zudem wurde dieser Wunsch auch an der Kirchgemeindeversammlung kundgetan. Hunderte von Gläubigen kamen, um die Kirchenpflege mit einem neuen Kandidaten aufzustocken, damit die Kirchgemeinde die Ressourcen im Sinne einer authentischen Kirche einsetzt und Kaplan Luis Reyes bleiben darf. Da der Pastoralraum Aargau Süd katholische Diaspora ist, gibt es dort nur noch wenige Katholiken, die weiterhin krampfhaft am idealisierten Synode-72-Konzept und seiner Schweizer Sonderfall-Psychose festhalten. Die meisten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind Ausländer und Secondos, welche die jetzige Leitung der Pfarreien, die sich an den Vorgaben der Weltkirche orientiert, mit überwältigender Mehrheit begrüssen und im Rahmen des dualen Systems ihre Rechte nutzen, um dieser Zustimmung Ausdruck zu verleihen. Die bisherige «Demokratie» im Kanton Aargau und vielen anderen Kantonen des Bistums baute darauf, dass katholische Einwanderer sich nicht im dualen System auskennen und man daher keine Angst haben muss, dass die Ausländer, die man als Arbeiter herbeirief, als Stimmbürger bei Kirchgemeindeversammlungen und kirchlichen Wahlen in Erscheinung treten. Die grassierenden Missstände in der Liturgie und Verkündigung sowie der ineffiziente Einsatz von Steuergeldern in der Deutschschweizer Kirche haben zur Folge, dass immer mehr Gläubige mit Migrationshintergrund dagegen aktiv Front machen.

Die Entscheidung, ob die die Missio von Kaplan Reyes verlängert wird, ist der Lackmustest für Demokratie und Synodalität in der Kantonalkirche Aargau und im ganzen Bistum Basel. Ignorieren der scheidende Kirchenratspräsident der Kantonalkirche Aargau, Luc Humbel, und das Personalamt des Bistums den Volkswillen der Gläubigen aus dem Pastoralraum Aargau Süd, beweisen sie nicht nur, dass in unseren Breitengraden ausschliesslich eine Einbahn-Demokratie existiert, die den Volkswillen nur dann ernst nimmt, wenn er der herrschenden Ideologie entspricht, sondern auch, dass Gläubige mit Migrationshintergrund zwar als Steuerzahler geschätzt, jedoch als vollwertige Stimmbürger abgelehnt und diskriminiert werden. Ein solches System verdient nicht einmal mehr auf dem Papier, demokratisch genannt zu werden.


Daniel Ric


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    Martin Meier-Schnüriger 15.05.2024 um 11:36
    Der "Fall Menziken" wie auch die Nichtwahl von Martin Scheibli zum Pfarrer in Liebfrauen (Zürich) zeigen exemplarisch, woran die katholische Kirche in der Schweiz, jedenfalls in der Deutschschweiz, krankt: Sobald ein Priester voller Elan und Glaubensfreude seinen ureigensten Auftrag, das Evangelium authentisch zu verkünden und die Sakramente würdig zu feiern und nicht zum Billigsttarif zu verschleudern, wahrnehmen will, bekommt er Probleme mit einer selbsternannten Basis, die vor allem eines will: in Ruhe gelassen zu werden! Es heisst dann, dieser Priester polarisiere und spalte die Pfarrei. Früher oder später wird er abberufen und auf einen kleinen Aussenposten versetzt, wo er nicht "schaden" kann. Dumm nur, dass es immer schwieriger wird, solche Aussenposten zu finden, denn die junge Priestergeneration ist nicht gewillt, den Grüssaugust zu spielen, sondern nimmt es ernst mit dem Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks.
    • user
      Daniel Ric 16.05.2024 um 14:45
      Das stimmt, dass Priester, die authentisch das Evangelium verkünden wollen, oft Probleme erhalten. Auf der anderen Seite möchte ich doch noch einmal auf den grossen Unterschied zwischen Menziken/Unterkulm und Liebfrauenkirche Zürich aufmerksam machen. Im Pastoralraum Aargau Süd ist die klare Mehrheit für die lehramtstreuen Priester. Dieses Beispiel zeigt, dass es möglich ist, im Rahmen des dualen Systems Mehrheiten für eine authentische Kirche zu gewinnen. Dies muss allen lehramtstreuen Katholiken den Mut geben, sich noch besser zu vernetzen und zu organisieren.
  • user
    Ivana Dovoda 12.05.2024 um 23:31
    Ich bin in der St. Anna Kirche in Menziken aufgewachsen. Ich gehöre zu den Leuten die jeden Sonntag die heilige Messe besuchen. In meiner Kindheit und lange Zeit danach besuchte ich mit meiner Familie nur die Heiligen Messen in kroatischer Sprache. Nur selten waren wir bei den «Schweizer» Heiligen Messen. Seit der Corona Zeit hat sich das geändert und ich bin auch mit den Gläubigen und den Pfarrern unserer Pfarrei in Menziken in Kontakt gekommen und es ist auch der Wunsch aufgekommen mich mehr zu engagieren und unsere tollen Pfarrer zu unterstützen. Ich war bis jetzt drei Mal an einer Kirchgemeindeversammlung. An allen drei Versammlungen wurde mir und allen anderen meinesgleichen (da meine ich Nationalität) unmissverständlich gezeigt, dass wir hier fehl am Platz sind und wir dort nichts zu suchen haben. Es war vor allem eine Dame, welche ganz offen rassistische Aussagen machte und solche Ansprachen wurden von dem Kirchenrat toleriert und sie wurde nicht ermahnt, dass das nicht geht. Ich war überrascht wie unsere Pfarrer, welche ihr Leben für die katholische Kirche opfern und jahrelang Studierten und schlussendlich vom Herrn berufen wurden, wie sie behandelt wurden. Wie wenig Unterstützung sie von der Kirchenpflege erhalten und wie gegen sie gearbeitet wird. Es kann doch nicht sein, dass jeder mehr zu sagen hat als der Pfarrer. Der Pfarrer ist doch der welcher die heiligen Sakramente im Namen Christi spendet und die Sakramente sind doch das Wichtigste in der katholischen Kirche.
    Ich werde auf jeden Fall an den zukünftigen Versammlungen teilnehmen und mitentscheiden was in meiner Kirchgemeinde passiert auch wenn ich nicht willkommen bin.
    Und wenn Frau Bucher meint, dass es viele Leute gibt welche nicht zufrieden mit unserem Pfarrer sind, dann sollen sie ganz demokratisch an den nächsten Wahlen gegen ihn stimmen und dann sind sie ihn los.
  • user
    Beatrice Bucher 11.05.2024 um 20:00
    Gemäss Ihrem Artikel nehme ich zur Kenntnis, dass Sie an der ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung Ende April im Pastoralraum Aargau Süd anwesend waren. Demnach waren Sie als Journalist von swiss cath anwesend, vorgestellt wurden Sie auf jeden Fall nicht.

    Ihre negative Haltung gegenüber dem dualen System kann ich nicht teilen. Zudem behaupten Sie Sachen, die überhaupt nicht stimmen.
    Hier einige Richtigstellungen zu Ihrem Artikel. Ihre Aussagen sind mit «…...» gekennzeichnet.

    «…Hunderte von Gläubigen kamen...»
    Es waren genau 114 stimmberechtigte Personen, die an der Versammlung teilnahmen.

    «…Die meisten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind Ausländer und Secondos…»
    Im Pastoralraum Aargau Süd leben 36 % stimmberechtigte Ausländerinnen und Ausländer (homepage Pastoralraum Aargau Süd).

    «…bei dem Unternehmer des Industriekantons nur den Kopf schütteln würden.»
    Wenn sich Mitarbeiter in einem internationalen Unternehmen so offen gegen ihren Vorgesetzten (Gehorsamsversprechen) stellen, werden sie sofort freigestellt.

    «…Im Pastoralraum Aargau Süd wirken die beiden Priester Piotr Palczynski und Luis Reyes als Pfarrer bzw. Kaplan. Das kirchliche Leben in den zum Pastoralraum gehörenden Gemeinden blüht, seitdem die beiden Priester die Verantwortung tragen…»
    Es gibt auch viele Gläubige, die mit dem Wirken der beiden Priester überhaupt nicht einverstanden sind. Viele besuchen deshalb die Gottesdienste nicht mehr und weichen aus in umliegende Pfarreien oder sind aus der Kirche ausgetreten. Es gibt auch Eltern, die ihre Kinder nicht zur Erstkommunion und zur Firmung anmelden, weil sie mit den verlangten Bedingungen nicht einverstanden sind, z.B. wenn Mundkommunion von den Kindern verlangt wird. So treffe ich immer wieder Leute, die mir «ihr Leid» klagen und mir sagen, das sei einfach nicht mehr ihre Kirche, davon auch viele ältere Leute.

    «...dass die Jugendarbeit intensiviert wurde…»
    Auch bevor Kaplan Luis Reyes hier wirkte, wurde Jugendarbeit geleistet. Tatsache ist, dass die langjährige Leitung des Jugendkellers wegen Konflikten mit Kaplan Luis Reyes zurücktrat. Unter seiner Leitung läuft aber alles nicht so positiv, wie es dargestellt wird.

    «…Die Entscheidung, ob die Missio von Kaplan Reyes verlängert wird, ist der Lackmustest für Demokratie und Synodalität in der Kantonalkirche Aargau und im ganzen Bistum Basel…»
    Am Beispiel von Pater Adam hat der Lackmustest* für Demokratie und Synodalität standgehalten. Das oberste Organ, das Gericht im Vatikan, hat dem Bistum Basel Recht gegeben, dass Bischof Felix dem Pater Adam die Missio entzogen hat. Leider habe ich bei swiss cath keinen Artikel diesbezüglich gefunden.
    *Lackmustest: Bewährungsprobe, Feuertaufe, harte Prüfung

    Gemäss Ihrem Artikel, könnte man meinen, es habe im Pastoralraum Aargau Süd bis zum Wirken der beiden Priester kein kirchliches Leben stattgefunden. Dies ist einfach nicht wahr und eine Behauptung Ihrerseits. Als langjährige Katechetin und acht Jahre als Synodale im Pastoralraum Aargau Süd, konnte ich immer wieder Menschen treffen, die sich im kirchlichen Leben engagierten und sich wohl fühlten, z.B. Mütter, die bei Kindergottesdiensten mitwirkten, Eltern, die bei der Erstkommunionvorbereitung mithalfen, Personen, die sich im Pfarreirat engagierten, auch Personen mit Migrationshintergrund. In den über 30 Jahren, in denen ich in dieser Pfarrei lebe, ist Ausländerfeindlichkeit, wie Sie sie erwähnen, nie ein Thema gewesen!
    Auf der homepage unseres Pastoralraumes ist folgendes zu lesen: «Die Zusammenarbeit mit anderssprachigen Missionen hat bei uns eine grosse Bedeutung. Jeden Sonntag und an den weiteren Festtagen werden Gottesdienste in der italienischen Sprache gehalten. Jeden zweiten Sonntag werden kroatische Gottesdienste gefeiert. Dazu kommen die kulturellen Zusammenkünfte der beiden Gruppen und der kroatische Religionsunterricht für die Kinder.»

    Ich vertrete diejenigen Personen, die sich eine fortschrittliche Kirche wünschen, wo auch Neues Platz hat, ganz im Sinne des Zweiten Vatikanums. Für viele besteht «Kirche sein» nicht nur aus Eucharistiefeiern, Rosenkranzbeten und Marienprozessionen, die natürlich auch ihre Berechtigung haben. Kirchliches Leben ist vielfältig, wie es in unserem Pastoralraum gelebt wird. Viele Freiwillige, vor allem Frauen, engagieren sich in der Diakonie. Sie besuchen Kranke, ältere Menschen zuhause und in Altersheimen, organisieren Ausflüge und Seniorennachmittage, etc.

    Sie behaupten, dass das Laiengremium (Kirchenpflege) im Pastoralraum Aargau Süd die Kirchenbasis missachtet und Missbrauch in Ihren Ämtern betreibt und kirchliche Verantwortungsträger unter Druck setze.
    Zu Ihrer Information, diese Kirchenpflege wurde demokratisch mit Urnenwahl gewählt!
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      Daniel Ric 12.05.2024 um 17:28
      Sehr geehrte Frau Bucher, ich habe in meinem Artikel geschrieben, dass der Leser die Informationen aus dem Pfarrblatt Horizonte entnehmen konnte. Ich war nicht an der Kirchgemeindeversammlung, wobei jede Kirchgemeindeversammlung öffentlich ist und wir, um dem Leser möglichst viele Informationen zu ermöglichen, das Geschehene möglichst genau wiedergeben sollten.

      Ich gehe auf all Ihre Punkte ein:

      - Ich bin nicht gegen das duale System, sondern nur gegen dessen Missbrauch. Und es stellt einen klaren Missbrauch dar, wenn der Wille der Mehrheit der Gläubigen nicht respektiert wird, weil man glaubt, die kleine Minderheit sei besonders fortschrittlich oder hätte mehr Berechtigung, mitzuentscheiden, weil diese kleine Minderheit nicht aus Ausländer und Secondos besteht.

      - Die Kirchgemeindeversammlung Ende April war eine ausserordentliche, die deshalb notwendig wurde, weil die Rechnung abgelehnt wurde. Auch an dieser Kirchgemeindeversammlung wurde die Rechnung abgelehnt, weil die Kirchenpflege Ausgaben getätigt hat, die eine Kompetenzüberschreitung darstellen. Meine Aussage, dass sich Hunderte von Katholiken im Pastoralraum Aargau Süd für den jetzigen Kurs der beiden Priester engagieren, stimmt, da Pfarrer Palczynski mit grosser Mehrheit zum Pfarrer gewählt wurde, an den Kirchgemeindeversammlungen die klare Mehrheit zugunsten der beiden Priester war und eine Petition von fast 600 Unterschriften zugunsten von Pater Reyes eingereicht wurde.

      - Ich schrieb von Secondos und Ausländer. Secondos können natürlich den Schweizer Pass haben, die dadurch nicht in die 36% fallen, von denen Sie schreiben. Im Kanton Aargau bilden in vielen Pfarreien Secondos und Ausländer die Mehrheit, sie sind aber in den Gremien total unterrepräsentiert. Im Pastoralraum Aargau Süd sehen wir nun einen Kulturwechsel, der zu begrüssen ist, der aber natürlich von gewissen Menschen nicht gutgeheissen wird. Demokratisch sollten sich diese Menschen jedoch nicht nennen.

      - Ein Priester muss sich nicht an die Vorgaben des Kirchenpflegepräsidenten halten, sondern an diejenigen der Weltkirche.

      - Dass in einer Pfarrei nicht alle Menschen zufrieden mit den Seelsorgern sind, ist klar. Aber Sie verpassen hier den entscheidenden Punkt: Wenn wir von kirchlicher Demokratie reden, dann spielt doch die Mehrheit eine Rolle. Wie bereits oben geschrieben, können Sie natürlich für sich in Anspruch nehmen, dass diese Minderheit, die Sie vertreten, speziell fortschrittlich ist und die dumme Mehrheit ja vor allem aus Menschen mit exotischen Namen besteht. Aber mit Demokratie hat dies nichts zu tun. Und deshalb schreibe ich von einem Lackmustest für die Demokratie. Den Respekt, den Sie für die Wahl der damaligen Kirchenpflege einfordern, sollten Sie dem gewählten Pfarrer und der jetzt neu aufgestellten Kirchenpflege entgegenbringen. Und dem Willen von fast 600 Gläubigen, die den Verbleib von Kaplan Reyes wünschen.
    • user
      Franjo Maracic 12.05.2024 um 22:28
      Ich war auch an dieser Versammlung, es waren 114 Stimmberechtigte dies ist richtig. Aber von den 114 Stimmberechtigten waren mind. 70% Secondos oder Ausländer. Ich bin selber ein Secondo, besitze aber einen Schweizer Pass daher falle ich nicht unter die 36% Stimmberechtigte Ausländer. Solche wie mich gibt es noch sehr viele im Pastoralraum Aargau Süd.
      Es war meine erste Kirchengemeindeversammlung an der ich teilnahm. Für mich war es erschreckend zu sehen wie gewisse Leute rassistisch wurden. Personen welche für sich in der Politik mit Toleranz werben, diese zeigen eine Nulltoleranz gegen Katholiken aus anderen Kulturkreisen. Weil man einen anderen Namen hat ist man nicht gern gesehen. Unsere Kirchensteuer hingegen ist gerne gesehen.
      Unsere Eltern haben sich damit zu wenig beschäftigt, dies mag sein, aber die neuen Generationen zeigen sich willig dies zu ändern. Diesen wurde aber gezeigt, dass sie im Gotteshaus nicht willkommen sein sollen, weil die Sprache nicht die gleiche ist. Meiner Meinung nach sprechen wir alle die gleiche Sprache, die Sprache Gottes.
      Letzten Sonntag war eine sehr schöne Prozession und Marienmesse in der Kirche in Menziken, von denen die sich so negativ geäussert haben, war niemand anwesend. Die Kirche war aber randvoll und an diesem Tag waren es mehr als 75% Ausländer und solche mit Migrationshintergrund. Es hat der Jodlerklub gesungen und es war ein sehr schöner Anlass.
      Die beiden Priester haben das Kirchenleben in unsrem Pastoralraum wohl belebt. Sie unternehmen mit allen die Pilgerausflüge es gibt die Oratorium Woche. In den letzten 6 Monaten gab es 2 Taufen von Teenagern, dies hatte ich persönlich bis dahin noch nie erlebt. Dies sind nur einige wenige Punkte welche beweisen, dass sich die Kirche gut entwickelt hat unter diesen Beiden.
      Sie haben auch recht, dass die Kirchenpflege demokratisch gewählt wurde. Viele Ausländer wussten nicht, dass sie Stimmberechtigt sind, jetzt wissen sie es und sie werden sich in Zukunft an den Wahlen beteiligen. Uns wurden an dieser Sitzung die Augen geöffnet. Es gibt auch viele die für die neuen Kirchenpflege Sitze kandidieren werden.
      Es ist schade, dass eine kirchliche Sitzung solche auch politischen Wellen schlägt. Am Ende sogar die Kirchenpflege die Sitzung diktatorisch beendete ohne über das letzte Traktandum abzustimmen und ohne die vielen Stimmen erhören zu wollen welche sich immer wieder meldeten.
    • user
      Zeljko Lovrinovic 13.05.2024 um 07:51
      Sehr geehrte Frau Bucher
      Ich wohne seit meinem 11. Lebensjahr im Pastoralraum Aargau Süd (Gontenschwil / Reinach / Menziken). Ich bin auch einer der vielen "Secondos" mit einem Schweizer Pass, der in der Statistik des Pastoralraumes Aargau Süd nicht zu den 36% zählt. Wie Sie sehen können, lebe ich seit meiner Kindheit in dieser Umgebung. Ich, wie viele andere auch, die jetzt ihre Stimme erhoben haben, sind nicht nur "irgendwelche zufällige Menschen", wie wir an der letzten Versammlung genannt wurden, sondern alles Leute, die hier aufgewachsen sind oder seit Jahrzehnten hier leben.
      Wenn ich sehe, was Pater Reyes alles mit den Kindern unternimmt, bin ich einfach sprachlos. Die Kinder gehen einfach gerne zu ihm zum Religionsunterricht, aber auch wenn er etwas ausserhalb des Unterrichtes organisiert.
      Was heisst für Sie "eine offene Weltkirche"? Etwa eine Kirche, die OHNE Pfarrer funktioniert? Eine Kirche, bei der, wie im Artikel von Herrn Luc geschrieben, Laien die Gottesdienste feiern, wenn man so etwas überhaupt als Gottesdienst bezeichnen kann? Jeder Pfarrer hat ein Theologiestudium abgeschlossen und nicht irgendeinen Theologiekurs. Ich habe damals (1992 oder 1993) in der St. Anna Kirche meine Firmung empfangen. Wir haben während dem Religionsunterricht, der als Vorbereitung zur Firmung gedient hat, nicht einmal unser wichtigstes Gebet gesprochen, nämlich das "Vater unser". Ist das für Sie "eine offene Weltkirche"?
      Bei den letzten zwei Kirchgemeindeversammlungen, die meine ersten zwei waren, aber sicher nicht die letzten zwei, habe ich den Eindruck bekommen, dass wir alle, die "komische Namen" bei denen man nicht weiss "ob es männliche oder weibliche " Namen sind, nur willkommen sind, wenn wir "eusi schnörre halte ond stüre zahle"(Sie sehen, ich kann auch ein bisschen schweizerdeutsch). Sobald wir unsere Stimme erheben, sollten wir möglichst vertrieben werden. Ist das eine offene Weltkirche, wie sie sich das vorstellen?
      Ich weiss, dass die beiden Pfarrer sehr gute Arbeit machen. Sie werden es aber nicht immer allen recht machen können, egal was sie machen. Es ist jedoch eine grosse Mehrheit, die die beiden Pfarrer unterstützen und das ist es, was meiner Meinung nach zählt. Wenn Sie sagen, es gebe viele Leute, die mit der Arbeit der beiden Pfarrer nicht einverstanden sind, dann sollen sie doch an der Versammlung teilnehmen. Dass die Leute aus der Kirche wegen dem Pfarrer austreten, stimmt bei einem Grossen Teil nicht. Viele wollen nur die Kirchensteuer nicht zahlen. Ich bin nie wegen einem Pfarrer in die Kirche gegangen oder nicht in die Kirche gegangen. Es gibt Situationen, wo ich überhaupt nicht mit dem Pfarrer einverstanden bin. Das ist aber kein Grund, aus der Kirche auszutreten oder zu versuchen, den Pfarrer wegzutreiben.
      Dazu kommen die finanziellen Malversationen, von denen ich bei den letzten zwei Versammlungen mitbekommen habe. Da muss ich sagen, jetzt erst recht, alle Ausländer und Secondos, die Stimmen erheben. Es sind unsere Steuergelder, die verschwendet werden.
    • user
      Klaudija Biljesko 14.05.2024 um 16:21
      Guten Tag Frau Bucher

      Viele Teenagern wollen heutzutage die Firmung gar nicht mehr machen, da sie einfach keine Lust haben, zum Religionsunterricht zu gehen oder nicht interessiert sind. Die Zeiten haben sich geändert. Zu meiner Zeit gab es gar keine Diskussion, ob ich mich Firmen lassen will oder ob ich zur Beichte gehen will oder nicht. Und ich habe es «überlebt» ohne jeglichen Schaden davon zu tragen.
      Es sind leider viele Eltern die Panik machen, auch wegen der Mundkommunion.
      Aber hat man in dieser Zeit mal auch die Kinder gefragt, wie sie das Ganze sehen und erleben?
      Ich schreibe hier im Namen meiner Kinder und ich denke auch von ganz vielen anderen Kindern , dass sie von Pater Luís und Pater Piotr begeistert sind und Freude haben, in den Religionsunterricht oder an die Heilige Messe zu gehen um den Leib Christi zu empfangen (Worte meiner zehnjährigen Tochter) und das Alles ungezwungen, frei aus dem Herzen raus.
      Die Kinder haben so einen guten Draht zu Pater Luís.
      Die Pilgerreise mit ihm war so ein eindrucksvolles Erlebnis. Die Kinder beteten, sangen usw. und das alles ungezwungen, einfach herrlich und unvergesslich.
      Unsere Kinder und Gesellschaft brauchen Priester wie Pater Luís.
      Rituale, Sakramente vermitteln Werte die unseren Kindern Halt und Orientierung geben. Das scheint immer wichtiger zu werden in unsere schnelllebigen und unverbindlichen Gesellschaft.
  • user
    Martin Meier-Schnüriger 11.05.2024 um 14:54
    Daniel Ric bringt es auf den Punkt: Mit der Demokratie ist es im dualen System oft nicht weit her. Man sieht das auch daran, dass echte Wahlen in die staatskirchlichen Gremien nur selten stattfinden und geradezu verpönt sind. Die Gremien suchen sich bei Vakanzen die ihnen genehmen Kandidaten selber aus und halten so genannte stille Wahlen ab. Falls sich jemand aus der viel beschworenen Basis "erfrecht", gegen den "offiziellen" Kandidaten anzutreten, wird ihm zu verstehen gegeben, er sei ein Querulant und verursache mit seiner ohnehin aussichtslosen Kandidatur nur hohe Kosten. Und das nennt sich dann Demokratie!
    • user
      Zeljko Lovrinovic 13.05.2024 um 12:49
      Herr Meier-Schnüringer, das haben Sie sehr gut geschrieben. Dazu kommt, dass die "normalen" Angestellten, wie z.B. im Sekretariat arbeiten, wissen, dass wenn sie anderer Meinung sind und diese auch äussern, sie um ihre Stelle bangen müssen,wel sie nicht in das "Profilbild" passen. Und das ist sehr frustrierend für diese Leute aber auch für mich, denn ich frage mich, wo bleibt da die "Demokratie"?
  • user
    Michael 11.05.2024 um 07:31
    Dasselbe ist halt mal demokratisch, mal klerikalistisch.
    „Der Herr verabscheut das Messen mit zweierlei Mass und hasst das Wägen mit zweierlei Gewicht.“ (Spr 20,10)