Der heilige Josafat. (Bild: Misko3, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Der hei­lige Josa­fat – ein Kämp­fer für die Einheit

Am 12. Novem­ber fei­ert die Kir­che den 400. Todes­tag des hei­li­gen Josa­fat. Er war der erste Hei­lige einer mit Rom unier­ten Kir­che und gilt als spi­ri­tu­el­ler Brü­cken­bauer zwi­schen West– und Ostkirche.

Josafat Kuncewytsch (Iwan Gawrilowitsch Kuncewytsch) wurde um 1580 in Wolodymyr (heute Ukraine) geboren und wuchs in einer russisch-orthodoxen Familie auf. Schon als Kind zeigte er eine tiefe Frömmigkeit. 1604 zog er nach Vilnius (heute Litauen), das damals zum katholischen Königreich Polen-Litauen gehörte, um den Beruf des Kaufmanns zu lernen. Dort konvertierte er zu der mit Rom unierten «griechisch-katholische Kirche»[1] und trat dem Basilianerorden bei. Er lebte im Kloster der Heiligen Dreifaltigkeit und nahm den Namen Josafat an. Fünf Jahre nach seinem Eintritt wurde er zum Priester geweiht.

Josafats Spiritualität war tief geprägt von der byzantinischen Liturgie und dem für die Orthodoxie kennzeichnenden Jesusgebet («Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner»). Es zeigte sich schnell, dass er eine ausserordentliche Begabung zum Predigen hatte, durch die er viele Menschen für den Katholizismus begeistern konnte, was ihm den Übernamen «Seelenfänger» einbrachte.

1617 gründete er zusammen mit seinem Freund Joseph Rutski, dem griechisch-katholischen Metropoliten von Kiew, den griechisch-katholischen Orden der Basilianer, der sich nach dem Vorbild der Jesuiten vor allem in der Seelsorge und den Missionen betätigte.

Traum einer vereinten Kirche
Auf Betreiben seines Freundes Joseph Rutski wurde Josafat 1618 Erzbischof von Polazk (heute Weissrussland). Josafat führte erfolgreich eine Klerusreform durch.

Die Einheit der Ost- und Westkirche mit dem Papst von Rom als Oberhaupt war ihm ein Herzensanliegen. Er setzte sich deshalb auch vehement für die «Union von Brest» ein. Diese war ein im Jahr 1596 geschlossener Vertrag zwischen der ruthenisch-orthodoxen Kirche und der Römisch-katholischen Kirche auf dem Territorium des katholischen Königreiches Polen-Litauen. Sie beinhaltete die Integration der orthodoxen Diözesen in die Katholische Kirche unter Beibehaltung der byzantinisch-slavischen Liturgie und geistlichen Praxis. Daraus entstand die unierte «griechisch-katholische Kirche».

Die Durchsetzung der «Union von Brest» lag im kirchenpolitischen Interesse des katholischen Königreiches Polen-Litauen, doch polnische Geistliche wollten den byzantinischen Ritus der Unierten durch den lateinischen Ritus ersetzt sehen, während die Orthodoxen ihrerseits die «Paptisten» ablehnten. Josafat ging als Sohn seiner Zeit vehement gegen die orthodoxe Kirche vor, was massive Proteste auslöste. In der Folge schaltete sich die katholische staatliche Obrigkeit ein: orthodoxe Kirchen wurden enteignet und orthodoxe Liturgien verboten.

Am 12. November 1623 hielt er sich während einer Visitationsreise in Wizebsk (heute Weissrusland) auf. Seine Diener verprügelten einen orthodoxen Priester, der gegen die Verbote verstossen hatte. In der Folge stürmten aufgebrachte Orthodoxe Josafats Wohnung und erschlugen ihn. Sein Leichnam wurde durch die Stadt geschleift und im Fluss Düna versenkt.
Die Beisetzung erfolgte über ein Jahr später am 28. Januar 1625. Nach Zeugenaussagen blieb der Leib unverwest.
Josafat wurde 1643 selig- und 1867 als erster Vertreter einer unierten Kirche heiliggesprochen. Seine Reliquien ruhen im Petersdom.
 


Der Traum der Einheit ist noch immer aktuell
Zum 400. Todestag des heiligen Josafat ist dem spirituellen Brückenbauer zwischen Litauen, Ukraine, Polen und Belarus in der Päpstlichen Universität Gregoriana die Ausstellung «Che siano tutti uno» («Dass alle eins seien» (Joh 17,21) in Rom gewidmet, die noch bis zum 20. November 2023 dauert.

Anlässlich der Eröffnung erinnerte Kardinal Kurt Koch, Präfekt des «Dikasteriums für die Förderung der Einheit der Christen», an das von Papst Johannes Paul II. erwähnte Konzept der Ökumene der Märtyrer. «Während wir Christen auf der Erde noch in unvollkommener Gemeinschaft miteinander stehen, leben die Märtyrer in der himmlischen Welt bereits die Einheit des in Jesus Christus gegründeten Glaubens.»[2]

Das Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Swjatoslaw Schewtschuk, setzte den heiligen Josafat mit der aktuellen Lage in seinem Land in Beziehung: «Das ukrainische Volk lebt heute in einer wahren Mystik des Martyriums. Wir fragen uns oft: ‹Herr, wo bist du? Wo ist Gott?›, wenn wir jeden Tag wie Schafe behandelt werden, die zur Schlachtbank geführt werden, wie der Psalmist sagt. Der heilige Josafat gibt uns diese Antwort: Jesus Christus ist in den Wunden, im Leiden, im Schmerz des Gottesvolkes, das in der Ukraine umherwandert, gegenwärtig.»

Die Botschafterin der Republik Litauen beim Heiligen Stuhl, Frau Sigita Maslauskaitė-Mažylienė, erinnerte daran, dass das litauische Parlament das Jahr 2023 zum Jahr des heiligen Josafat ausgerufen hat. «Das ist sehr wichtig, denn wir alle wissen, dass im säkularen Europa nur selten ein Parlament ein Jahr ausruft, das einem Heiligen gewidmet ist.» Über das Leben des Heiligen sei nicht viel bekannt, aber man wisse, dass er «ein Heiliger ist, der Litauen, die Ukraine, Weissrussland und Polen vereint. Und für uns sind diese Einheit, Freundschaft und Solidarität sehr wichtig in dieser sehr schwierigen Zeit des Krieges Russlands gegen die Ukraine.»

 


[1] Heute «Ukrainisch Griechisch-Katholische Kirche».
[2] https://www.vaticannews.va/it/chiesa/news/2023-10/mostra-san-giosafat-gregoriana-ucraina-polonia.html


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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