Viele Flüchtlinge verstecken sich in abgelegenen Wäldern. (Bild: «Christian Solidarity International»)

Weltkirche

Der unbe­ach­tete Bür­ger­krieg in Myanmar

Welt­weit wer­den mehr als 250 Mil­lio­nen Chris­tin­nen und Chris­ten ver­folgt. China, Afgha­nis­tan, Libyen, Eri­trea, Jemen, Indien, Saudi Ara­bien, Nige­ria, Ban­gla­desch, Soma­lia, Sudan, Pakis­tan, Nepal, Iran. Die Liste der Län­der ist lang, das Lei­den seit Jah­ren gross, das Medi­en­echo klein. Neus­tes Bei­spiel: Myan­mar, ehe­mals Birma.

Abseits der Aufmerksamkeit westlicher Medien und Politiker wütet in Myanmar seit Jahrzehnten ein Bürgerkrieg, angeheizt durch den buddhistischen Nationalismus einer brutalen Militärelite. Die Folgen sind für die christliche Minderheit im Land verheerend.

Die Gewalt gegen christliche Gemeinschaften hat massiv zugenommen, seit Myanmars nationalistisches Regime die hybride Regierungsvereinbarung mit den demokratischen Kräften der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi beendet hat. Seither herrscht Krieg gegen die pro-demokratische Bewegung und gegen die ethnischen und religiösen Minderheiten im Land. Seit längerem versucht man, die nationale Einheit auf der Grundlage der Vorherrschaft der burmesischen Ethnie und des Buddhismus durchzusetzen, gegen die Minderheiten, die rund einen Drittel der Bevölkerung ausmachen, 6 % davon Christen. Diese sind, wie auch der muslimische Stamm der Rohingya, grausamen Säuberungsaktionen ausgesetzt. Das treibt die Menschen in den Busch, in ein Flüchtlingslager oder in Siedlungen der Nachbarländer Thailand, Bangladesch und Indien. Dort gibt es wenig Nahrungsmittel und Gesundheitsdienste, auch keine Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Myanmars Militärmachthaber sind bestrebt, die ethnisch und religiös Unerwünschten verarmt, unterentwickelt und machtlos zu halten.

Die Menschenrechtsorganisation «Christian Solidarity International» (CSI) organisiert vor Ort Nothilfeprogramme für Binnenflüchtlinge, auch Bildungsprogramme, und informiert Politik und Medien regelmässig über die aktuelle Lage. Doch auch in der Schweiz stösst das Drama in Myanmar auf wenig Interesse. Was ist der Grund?

Es hat damit zu tun, dass die Narrative und Prioritäten vieler Medien den geopolitischen Interessen der westlichen Grossmächte und ihrer PR-Strategien folgen. Vor diesem Hintergrund besteht mehr Interesse am Krieg in der Ukraine, an den Spannungen zwischen dem Westen einerseits und Russland und China andererseits oder am Krieg zwischen Israel und der Hamas. Neben Myanmar bleibt überhaupt die Christenverfolgung ein Randthema.

Das Christentum wurde ursprünglich im 17. Jahrhundert in das heutige Gebiet von Myanmar gebracht, von katholischen Priestern aus Portugal, im 19. Jahrhundert gefolgt von weiteren Missionaren aus Europa und den USA, unter dem Schutz der britischen Kolonialherren. Ein Schutz, der von der birmanisch-buddhistischen Elite missbilligt und nach der Unabhängigkeit im Jahr 1948 bekämpft wurde. Entstanden ist eine Militärdiktatur, welche die Missionare und Christen im Land verfolgte. Dies dauert bis heute an und hat sich 2021 mit dem Zusammenbruch der gemischten Militär- und Zivilregierung verschärft. Allein aus der Region Sagaing, wo Hunderte von Dörfern ganz oder teilweise zerstört wurden, wurden letztes Jahr 816 500 Frauen, Kinder und Männer vertrieben oder getötet.

Dennoch ist die Lage aufgrund geopolitischer Veränderungen nicht hoffnungslos. 2023 haben China und die Vereinigten Staaten hinter den Kulissen zusammengearbeitet, um Druck auf die Militärdiktatur Myanmars auszuüben. Man möchte eine Koalition aus ethnischen Minderheiten und pro-demokratischen Birmanen. Die Grossmächte sind am Frieden interessiert, weil sie Wirtschaftswachstum brauchen und der Bürgerkrieg dies verhindert. Deutschland als Teil der von den USA geführten westlichen Allianz handelt ebenfalls im Einklang mit Washington, um die Militärdiktatur zu Verhandlungen mit der inländischen Opposition zu zwingen.

Es ist möglich, dass die Militärmachthaber die Opposition nicht nur zu Verhandlungen auffordern, wie sie dies bisher ohne ernsthafte Absicht taten, sondern dass sie wirklich in einen Dialog treten, damit die Anliegen der Minderheiten und der pro-demokratischen Gruppen Gehör finden. Mit dem Ausschluss Myanmars von der Führung des regionalen ASEAN-Blocks im Jahr 2026 sendet die internationale Gemeinschaft inzwischen eine klare Botschaft. Der internationale Druck muss erhöht werden, soll sich die Situation für die Hunderttausenden von Verfolgten und Unterdrückten verbessern. Dazu braucht es dringend auch ein grössere, lautere Öffentlichkeit.
 

Quelle: https://www.csi-schweiz.ch/projekte/myanmar/


Giuseppe Gracia


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    Maissen-Hoby Marie-Thérèse 02.02.2024 um 13:29
    Herzlichen Dank, Herr Gracia, für den sehr verständlichen historischen Überblick der Situation in Myanmar.