«Vera Fides» hatte im April 2023 eine Reihe von Fragen (Dubia) an den Vatikan gerichtet, worin die Sorge und Verunsicherung bezüglich der gewissenhaften und dem Kirchenrecht entsprechenden Feier der Messe zum Ausdruck gebracht wurde. Die Mitglieder von «Vera Fides» nehmen seit Jahren einen fahrlässigen Umgang mit der Liturgie in vielen Schweizer Gemeinden wahr. Daher war dieses erste Treffen ganz der Pflege der Liturgie gewidmet.
Im Zeichen des unbefleckten Herzens
Der Anlass begann mit einer Votivmesse zur Ehre des unbefleckten Herzens Mariens, um die Adventszeit einzuläuten und daran zu erinnern, dass die Menschwerdung unter dem Herzen der heiligen Muttergottes ihren Anfang nahm. Danach hielt Pater Martin Ramm von der Priesterbruderschaft St. Petrus zwei instruktive Vorträge über die Messe und das Priestertum, die ganz der theologischen Grundlagenbestimmung gewidmet waren. Auf anspruchsvollem theologischem Niveau wurde den rund vierzig Anwesenden die aufsteigende und absteigende Dynamik der heiligen Messe, ihre innere Logik und Herleitung erläutert. Sorgfältig zeichnete Pater Ramm die Theologie des Opfers und der Partizipation der Gläubigen daran nach. Ebenso gründlich erklärte er das Wesen des katholischen Weihepriestertums, wobei er weit in die biblischen Schriften und die Werke der grossen Theologen zurückgriff. Es lag ihm offensichtlich am Herzen, dass die Pfarreien wieder verstärkt die theologische Begründung und innere Logik der Liturgie und des Priestertums verstehen.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Seit bald 30 Jahren wird in der Kirche St. Peter und Paul, Zürich, jeder 3. Samstag im Monat ein feierliches Hochamt zelebriert. Im erneuerten Ritus, doch immer mit Ministranten, Weihrauch, "Asperges" und mit allen vorgesehenen gregorianischen Gesängen (siehe die Bannerwerbung in der momentanen Ausgabe von swiss-cath!).
Alle Texte und Gesänge liegen immer übersetzt auf und die Messen können von allen mitgesungen werden, doch das Interesse bleibt leider immer in äusserst überblickbarem Rahmen.
Klagen bringen nichts - wir singen weiter...
Guten Abend
Wo kann man die Vorträge von Hw. Ramm nachlesen?
Besten Dank.
M. Camartin
Betr. Vorträge, die an der "Vera Fides"-Tagung zur Liturgie gehalten wurden, wenden Sie sich bitte direkt an Pater Ramm, Ludretikonerstrasse 3, 8800 Thalwil (Tel. 044 772 39 33)
Dass es mit der Liturgie in der katholischen Kirche in der Schweiz und anderswo nicht zum Besten steht, ist eine altbekannte Tatsache. Als Folge davon haben sich viele treu gläubige Katholiken im "alten" Ritus beheimatet, weil sie dort sicher sein können, einer korrekt gefeierten hl. Messe beizuwohnen. Das ist einerseits verständlich, andererseits aber auch schade, weil diese Gläubigen in den Pfarreien fehlen, wo sie viel Gutes bewirken könnten. So könnten sie die Zelebranten des "neuen" Ritus, die sich nicht an die liturgische Ordnung halten, immer wieder darum bitten, das zu tun. Oder sie könnten sich in die staatskirchlichen Gremien wählen lassen, um dort dafür zu sorgen, dass Priester, die die Messliturgie als Tummelfeld der eigenen Kreativität betrachten, gar nicht erst in den Pfarreidienst gelangen.
Vor allem möchte ich aber die Anhänger des "alten" Ritus - ganz im Sinn von "Summorum Pontificum" - herzlich darum bitten, den - natürlich korrekt gefeierten - "neuen" Ritus nicht als "minderwertig" oder zweitklassig zu betrachten. Genau weil das hin und wieder gemacht wird, auch von prominenten Vertretern des "alten" Ritus, hat Papst Franziskus mit seinem ziemlich rigiden "Traditionis custodes" geantwortet, wobei er in seinem Begleitschreiben zu dieser Enzyklika auch die Abirrungen und Eigenmächtigkeiten im "neuen" Ritus beklagt. Folgerichtig hätte demnach ein Schreiben "Traditionis contemptores" (Verächter der Tradition) o.ä. erscheinen müssen, das die Einhaltung der liturgischen Vorschriften klar und deutlich anmahnt, doch ist ein solches bis dato ausgeblieben.
Ein Wort noch zur Klarstellung: Auch die "neue" Messe kann in Latein, am Hochaltar und "versus Dominum" gefeiert werden. Wäre das allenfalls ein gangbarer Weg der Versöhnung der beiden Formen des einen römischen Ritus?
Ich glaube, dass der weltweite Handlungsbedarf in Fragen der Liturgie eher klein ist. In den meisten Ländern wird die Liturgie würdig gefeiert. Auf dem afrikanischen oder asiatischen Kontinent, aber auch in vielen osteuropäischen Staaten stellt sich die Frage nicht, ob man den jetzt gültigen Ritus ändern sollte. Die Menschen sind froh darum, die Liturgie in ihrer Sprache feiern zu dürfen. Schöpfungstheologisch lässt sich die Auffassung, Latein sei sakraler als die anderen Sprachen, nicht aufrechterhalten. Wir haben in den deutschsprachigen Bistümern der Schweiz eine Krise der Liturgie (und des Glaubens). Vera Fides versucht, dabei zu helfen, diese Krise zu überwinden, indem die Schönheit und Tiefe der Liturgie aufgezeigt wird. Das Zentrum jeder Eucharistie ist die Wandlung von Brot und Wein. Jesus gibt sich den Menschen ganz hin. Dieses Mysterium übersteigt die in der Liturgie verwendete Sprache, die Körperhaltung des Priesters und die im Gottesdienst verwendete Musik. Wenn alle Katholiken sich bewusst machen würden, was in der Heiligen Messe geschieht, würden sich die Diskussionen, welche Liturgie minderwertig und welche höherwertig ist, bald verflüchtigen.
Die Entkatholischisierung des Glaubens
Aus aktuellem Anlass habe ich kürzlich im Internetauftritt unseres Pastoralraumes und unserer Pfarrei geschnuppert. Das, was mir dabei aufgefallen ist, würde ich mit «Entkatholischisierung des Glaubens» umschreiben. Nicht dass ich damit einen Verlust der Universalität, des allumfassend Seins der Kirche als Ganzes behaupten wollte. Im Gegenteil. Im Bereich ihrer Ausbreitung scheint sie sogar Fortschritte zu machen. Auch im Katalog ihrer Sorgen und Tätigkeitsgebiete lässt sich eine immer mehr sich ausbreitende Bandbreite feststellen – mit Ausnahme des Bereichs der Sorge und der Bemühungen um das ewige Heil des Menschen, welches zu Gunsten des materiellen und psychischen Wohlergehens immer mehr an den Rand gedrängt, wenn nicht ganz vergessen wird.
Wenn unsere Kirche sich katholisch, allumfassend nennt, so tut sie dies – so wenigstens wurde uns im Religionsunterricht noch erklärt – in Bezug auf die ganze Fülle, die ganze Tiefe und den Reichtum der offenbarten und uns durch die Kirche überlieferten Wahrheit. Dann spricht sie von unserem Glauben als jenem grossen Geschenk Gottes an uns Menschen, welcher uns Sinn und Ziel unseres ganzen Lebens, hier und jetzt wie nach unserem irdischen Tod, erschliesst. Erst ein solch ganzer, alltagstauglicher Glaube ermöglicht es uns, sicher und vertrauensvoll mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität unseren Weg hin zur ewigen Heimat zu gehen. Erst dieser katholische Glaube gib uns Halt und Kraft, auch dort, wo nicht mehr verstehen, wo wir zurück geworfen werden auf die Beschränktheit, die Schwäche, ja die Anfälligkeit zur Sünde, unsere eigenen, diejenigen unserer Nächsten und der ganzen Welt. Erst dieser Glaube ermöglicht uns, notfalls auch auf uns eigenes Recht zu verzichten, damit andere nicht, oder wenigstens weniger leiden.
Schön zeigt sich diese Entkatholischisierung des Glaubens zum Beispiel am Umgang mit Sünde und Schuld. Wie viel Mühe wird nicht heute aufgewendet, wie viele schöne Wort und gelehrte Formulierungen nicht gesucht und gefunden, um diese Realitäten zumindest so weit zu verharmlosen, dass sie unserem Streben nach irdischem Glück und Heil nicht im Wege stehen. Und wenn uns diese trotz allem Bemühen immer und immer wieder einholen, wie krampfhaft, ja irgendwie verzweifelt wird dann versucht, uns einen alles verstehenden und alles verzeihenden Gott aufzuschwatzen, der natürlich nur uns gegenüber so sein darf, seine Gerechtigkeit aber bei allen anderen «grossen Sündern» zeigen soll.
Der Schlüssel zu einer wirklich alles, unser ganzes Leben mit all seinen Stürmen und schönen Seiten umfassenden Katholizität aber ist und bleibt das Kreuz unseres Herrn, liegt in unserer Erlösung aus Sünde und Schuld. Besonders dort, wo diese Realität verdrängt oder gar geleugnet wird, sollten wir nicht mehr von katholisch sprechen.
Ich teile Ihre Auffassung, dass viele heutige Theologen versuchen, die Frohe Botschaft zu relativieren und zu verweltlichen. Persönlich sehe ich aber keinen Gegensatz zwischen Barmherzigkeit/Gerechtigkeit und irdischem Glück/ewigem Glück, solange die Begriffe richtig verstanden werden und nicht nur kurzfristig gedacht sind. Gott schenkt den Menschen das Leben in Fülle und Jesus betont, dass das Reich Gottes bereits seinen Anfang genommen hat. Die Tatsache, dass heute so viele Menschen, die nicht religiös sind, Depressionen haben und in Trauer versinken, zeigt auf, dass ein Leben ohne Gott kein Glück bringt. Auch gibt es keine Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit. Nur weil wir an einen gerechten Gott glauben, erkennen wir auch seine übergrosse Liebe und Barmherzigkeit zu uns Menschen. Als Katholiken müssen wir das Jetzt und die Ewigkeit als Verbindung denken, die wir auch im Ave Maria immer wieder anrufen. "Bitte für uns Jetzt und in der Stunde unseres Todes". Diese beiden Momente sind die einzig wichtigen. Die Tragödie des Menschen in der Neuzeit ist, sich um alles zu kümmern, ausser um diese beiden Momente. Man macht sich Sorgen um den morgigen Tag, um die kommende Woche, um die kommenden Jahre, aber man vergisst, die Schönheit des Moments zu geniessen und dafür Sorge zu tragen, dass man mit reinem Gewissen in die Ewigkeit übergehen kann. Das macht unsere heutige Zeit so traurig.