Die Kathdrale «Notre Dame» während des Grossbrandes. (Bild: GodefroyParis, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Weltkirche

Die Auf­er­ste­hung der «Notre Dame»

Im inter­na­tio­na­len Umfrage-​Ranking des Rei­se­por­tals «Tri­pad­vi­sor» lan­dete sie auf Platz zwei: die Pari­ser Kathe­drale «Notre-​Dame». Sie gehört seit 1991 zum UNESCO-​Weltkulturerbe und ver­kör­pert wie kein ande­res Bau­werk die Geschichte und das kul­tu­relle Erbe Frank­reichs. Am 16. April 2019 wurde sie durch einen Gross­brand teil­weise zer­stört. Nun gab der Pari­ser Erz­bi­schof Lau­rent Ulrich den Zeit­plan für die Wie­der­ein­wei­hung bekannt.

Noch ist der Boden in der Kathedrale an einigen Stellen offen wegen archäologischer Ausgrabungen und zur Verlegung von diversen Leitungen; ab dem Spätsommer 2024 wird mit dem Einrichten begonnen. Ob die Arbeiten bis zur geplanten Eröffnung abgeschlossen sein werden, ist fraglich, dennoch gab Erzbischof Laurent Ulrich in seinem Hirtenbrief vom 2. Februar 2024 den Zeitplan für die Wiederöffnung der Kathedrale bekannt.

Vielfältige Feiern und eine Sakramentenkatechese
Etwa zwei Wochen vor der Wiedereröffnung wird die Marienstatue von «Notre Dame», die sich aktuell in der Kirche «St-Germain-l'Auxerrois» befindet, mit einer grossen Prozession durch die Strassen zur Kathedrale geleitet. Die eigentliche Wiedereröffnung wird mit einem Triduum begonnen: Am 7. Dezember übergibt der Staat als Eigentümer die Kathedrale an die Katholische Kirche als Nutzerin. Am Sonntag, 8. Dezember, wird der Altar während der ersten heiligen Messe in der restaurierten Kathedrale geweiht. Und am 9. Dezember feiern die Gläubigen das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, das aufgrund des zweiten Adventssonntags auf den Montag verschoben wird. Während der Oktav der Wiedereröffnung der «Notre-Dame» – vom 8. bis 15. Dezember – wird jeden Tag ein feierlicher Gottesdienst mit einem besonderen Thema gefeiert. Die offizielle Wiedereröffnung dauert bis Pfingsten 2025. In dieser Zeit sollen Pilgerfahrten, aber auch Katechesen zu den Sakramenten stattfinden.

«Wir müssen wiederentdecken, dass die Sakramente ein Geschenk Gottes für die Mission und für das geschwisterliche Leben sind. Sie sind dazu da, uns in den Gehorsam des Sohnes Gottes einzuführen», schreibt Erzbischof Ulrich den Gläubigen seiner Diözese. «So sind sie weder individuelle Heilmittel für eine geistliche Trägheit noch ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer geschlossenen Gemeinschaft, sondern ein Geschenk, das wir annehmen müssen, um Gott in uns wirken zu lassen und sein verwandelndes Handeln zu offenbaren. Das Geschenk, das wir empfangen, macht uns nach und nach zu Brüdern und Schwestern Jesu Christi und zu Trägern seines Evangeliums der Selbsthingabe.»

«Notre Dame» sei in erster Linie die Mutterkirche der Diözese, erklärt Erzbischof Ulrich weiter. «Wenn wir von der Kathedrale sprechen, betrachten wir sie als Quelle für unseren Glauben, für die Sakramente, von denen unser christliches Leben genährt wird.» Zehntausende von Täuflingen wurden hier gefirmt, Tausende von Diakonen und Priestern haben hier die Priesterweihe empfangen und 142 Bischöfe von Paris haben hier ihr Amt ausgeübt. «Uns ist sie anvertraut, damit wir ihr dienen, damit sie ein Leuchtturm in unserer Stadt bleibt. Sie gibt uns so viel Freude inmitten der tragischen Umstände unserer heutigen Welt, sie war Zeuge so vieler Ereignisse im Leben von Paris und unseres Landes. Wir entdecken sie wieder, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben, mit einer Freude, die unser Herz erfüllt. […] Diese Freude, die uns umarmt, wie könnten wir sie nicht mit all denen teilen, die sie lieben wie wir?»
 


Feier für die ganze Diözese und Grund zur Erneuerung der Kirche
Erzbischof Ulrich möchte, dass diese Zeit auch eine Zeit des Feierns wird «für alle Altersgruppen und alle Lebensumstände». Es gibt für ihn nichts Schöneres, als in den Pfarreien ein vielfältiges Volk zu sehen, mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und alten Menschen, Gesunden und Kranken, Menschen mit Behinderungen, Ausländern. Er erinnert auch an die christlichen Vereinigungen und Institute, die sich darum kümmern, dass niemand vergessen wird: nicht die Ärmsten, noch die Ausgeschlossenen oder die Vergessenen.

Er kommt in seinem Hirtenschreiben auch auf all jene zu sprechen, die die Kirche erneuern: «Junge Menschen, die in dieser schwierigen Welt auf der Suche nach einem wahren Wort sind, nach einer sanften und starken Präsenz, nach Aufgaben, die ihrem Leben einen Sinn geben, nach Zeugnissen, die wahr klingen». Oder auch die erwachsenen Katechumenen oder Firmanden, die auf dem Weg sind und «wie Zachäus versuchen, Jesus zu sehen, auf ihn zu hören und ihn in ihr Leben aufzunehmen». Er erwähnt auch die 600 Seminaristen, die sich an Anfang Dezember 2023 in Paris getroffen haben. «Wir haben ihren Eifer, ihre Tiefe, ihren Wunsch zu dienen und zu lieben gesehen.»

All das Gute, was in der Kirche geschieht, kann man nicht aus der Ferne oder in Statistiken erkennen. Erzbischof Laurent Ulrich ist überzeugt, dass es der Herr ist, der in den Herzen der Gläubigen wirkt. «Eine echte Erneuerung der Kirche, die uns nicht dazu bringt, Buch zu führen, uns vor Stolz aufzublähen und zu verkünden: Seht, was wir getan haben!, sondern nur demütig Gott die Ehre zu geben, denn er ist es, der diese Erneuerung inspiriert.»

 

Kurz nach dem Brand begann ein Streit darüber, welche kulturellen und religiösen Konzeptionen für den Wiederaufbau massgebend sein sollen. Der Vereinigung «Avenir de la Culture» gelang es mit Unterstützung von über 100 Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, die Verunstaltung der Aussenwand der Kathedrale zu verhindern. Mit einem Offenen Brief appellierte die Vereinigung an Mgr. Laurent Ulrich, das kulturelle und religiöse Erbe dessen, was die vom verheerenden Brand verschont gebliebenen Teile der Kathedrale verkörpern, für die Nachwelt zu schützen.


Redaktion


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