Pascal Dumont. (Bild: zVg)

Interview

Die «Com­mu­n­auté St. Mar­tin» – eine der Zukunfts­hoff­nun­gen der Kir­che Frankreichs

Die «Com­mu­n­auté St. Mar­tin» ist jene Gemein­schaft, die in Frank­reich regel­mäs­sig am meis­ten Neu­pries­ter stellt, so auch die­ses Jahr (vgl. unse­ren Bei­trag «Frank­reich: 88 Pries­ter­wei­hen im Jahr 2023»). Setzt sich die­ser Trend fort, könnte Schät­zun­gen zufolge in 20 bis 30 Jah­ren rund ein Drit­tel des gesam­ten fran­zö­si­schen Kle­rus die­ser Gemein­schaft angehören.

Zu den Mitgliedern der «Communauté St. Martin» zählt auch der aus dem Kanton Freiburg stammende Pascal Dumont. Swiss-cath.ch hat ihn interviewt:

Wann und aus welchem Anlass wurde die «Communauté St. Martin» gegründet?
Unsere Gemeinschaft wurde 1976 gegründet. Sie verdankt ihre Entstehung einem ausserordentlichen pastoralen Einsatz von Abbé Jean-François Guérin bei den Jugendlichen – dies insbesondere während seiner Zeit an der Kathedrale «Sacré-Coeur» in Montmartre in Paris. Sein pastorales Wirken führte zunächst zu zahlreichen Ordensberufungen, die zahlreiche Klöster und Abteien in Frankreich bereicherten. In einem zweiten Schritt initiierte Abbé Guérin in Paris ein Gemeinschaftsleben mit Jugendlichen, die sich über ihre Berufung als Priester Klarheit verschaffen wollten. Zwei Berufungen haben sich in der Folge bestätigt. Ein ebenso unerwarteter wie providenzieller Anlass brachte Abbé Guérin mit Kardinal Giuseppe Siri zusammen, dem Erzbischof von Genua. Letzterer lud Abbé Guérin ein, den Schritt zu wagen und in Genua die «Communauté St. Martin» zu gründen. Im Grunde genommen war dies nichts Neues in der Kirchengeschichte: Ausbildung und Formung von Priestern durch ein Leben in Gemeinschaft.

Wie reagierte der französische Episkopat auf diese Gründung?
Ich denke nicht, dass der Episkopat damals gross Notiz von dieser Gründung genommen hat. Dazu war das «Start-up-Unternehmen» schlicht viel zu klein: Da reiste einfach ein Priester mit zwei Jugendlichen nach Genua, um sie auf das Priestertum vorzubereiten. Für das philosophische und theologische Studium erhielten sie Gastrecht im Grossen Seminar der Erzdiözese Genua sowie an der dortigen theologischen Fakultät. Man kann diesen Start fast als ein «Nicht-Ereignis» bezeichnen, denn die «Communauté St. Martin» wuchs zu Beginn nur langsam und war zudem in die Erzdiözese Genua gut integriert.

Welches war Ihre persönliche Motivation, als Schweizer dieser Gemeinschaft beizutreten und welche Funktion üben Sie derzeit in ihr aus?
Persönlich machte ich mir Gedanken über meine Berufung und kam mit einigen Priestern der «Communauté St. Martin» in Kontakt, die ihre höheren Studien an der Theologischen Fakultät an der Universität Fribourg absolvierten. Dies zur gleichen Zeit, als ich dort auch mein Studium der Rechtswissenschaften begann. Fribourg ist die Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin und wo ich meine Studien absolviert habe. Die Begegnung mit diesen Priestern war für mich wegweisend. Sie bekräftigte meinen Wunsch, auf den Ruf des Herrn zu antworten mit einem Leben, das ganz ihm als Priester geweiht sein sollte. In der Folge schloss ich 1991 mein Jus-Studium ab und trat gleich danach der «Communauté St. Martin» in Genua bei. Drei Dinge sind es, die mich ganz besonders in Bann geschlagen haben: die Qualität des spirituellen Lebens und die Schönheit der Liturgie, die Kraft und Freude des gemeinsamen Lebens sowie die Gewissheit, eine lehramtstreue philosophische und theologische Ausbildung zu erhalten. Ich wurde nicht enttäuscht. Meine Erwartungen wurden erfüllt und ich spüre meine Dankbarkeit für diese Gnade täglich auch heute, wo ich im 26. Jahr meines Priestertums stehe.
Ich schätze mich glücklich, der Kirche durch die «Communauté St. Martin» dienen zu können. Mein Aufgabenbereich ist ein zweifacher: Einerseits gehöre ich zur Equipe der Priester, die für die Ausbildung der Seminaristen zuständig ist, und in dieser Eigenschaft begleite ich sie täglich in ihrem spirituellen und menschlichen Reifungsprozess und halte Vorlesungen im Kirchenrecht. Zum andern bin ich Hauptverantwortlicher in ökonomischen Angelegenheiten, was die Verantwortung für alle rechtlichen, finanziellen, administrativen und baulichen Angelegenheiten mit einschliesst.

Welche Rolle spielt die «Communauté St. Martin» aktuell innerhalb der französischen Kirche?
Die «Communauté St. Martin» versteht ihren Auftrag darin, Priester zu formen und sie vorzubereiten für den Dienst, den ihnen die Bischöfe anvertrauen wollen. Dies im Bewusstsein, dass ihre Priester stets in Gemeinschaft leben, mindestens drei an der Zahl. Heute unterstützen wir insbesondere jene Diözesen, die an einem Priestermangel leiden. Dies betrifft mehr als 30 Diözesen in Frankreich, Kuba und Deutschland. Mit ihren 180 Priestern mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren leistet die «Communauté St. Martin» einen wertvollen Beitrag in der Jugendseelsorge, in Schulen, Pfarreien wie auch an Wallfahrtsorten. Die «Communauté St. Martin» verkörpert zusammen mit anderen Initiativen und Bewegungen die Zukunftshoffnung der Kirche Frankreichs.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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