Eine Lichterperformance des Vereins herzlich. (Bild: © Verein herzlich)

Interview

«Die Men­schen sind so dankbar»

Die­ses Jahr wurde der Ver­ein «herz­lich» gegrün­det. Wie sein Name sagt, geht es um das Herz: Die Ver­eins­mit­glie­der möch­ten Betag­ten, Ein­sa­men und Kran­ken Zeit schenken.

Zweck des Vereins ist die Hilfe für Betagte, Einsame und Kranke. Diese Hilfe geschieht im Sinne des seligen Peter Friedhofen, dem Gründer der «Barmherzigen Brüder von Maria Hilf», und des heiligen Giuseppe Moscati, einem italienischen Arzt. Was genau meinen Sie damit?
Anita Walser: Der Krankenpfleger Peter Friedhofen wie auch der heilige Arzt Giuseppe Moscati sind für uns Quellen der Inspiration. Sie haben ihr Leben, ihre Talente, ihr Charisma den Kranken, Einsamen und Bedürftigen geschenkt. In Mt 25,14–30 erzählt uns Jesus in einem Gleichnis, wie mit Talenten umzugehen ist. Talente versinnbildlichen Fähigkeiten, die jeder Mensch von Gott bekommt. Sie repräsentieren ebenso die Umstände, welche uns Gott im Leben anvertraut hat. Das heisst konkret: Gelegenheiten zu nützen und an meinem Platz den Wunsch Gottes zu erfüllen. Gott vertraut auf uns und möchte, dass wir unsere Möglichkeiten ausschöpfen, sie trainieren. Durch jedes persönliche Talent dürfen wir Gottes Namen verherrlichen, indem wir mit Demut dem Bedürftigen unsere Gaben schenken und ihm mit Liebe dienen. Das haben Peter Friedhofen und Giuseppe Moscati vorbildlich umgesetzt und dadurch sind sie zu unseren Vereinspatronen geworden.

Wie entstand die Idee zu diesem Verein?
Ich durfte zusammen mit sechs Freunden Theres, eine 92-jährige alleinstehende Seniorin, bei ihrem Heimgang begleiten. Sie hatte immer die grosse Sorge, einsam zu sterben. Abwechselnd waren wir im letzten Lebensmonat an ihrem Bett, singend, betend, lachend, weinend und hoffend … Etwa zwei Wochen vor ihrem Sterben sagte Theres zu mir: «Es geht mir so gut» und sie meinte damit die Zeit mit meinen Freunden, die sie vorher nicht gekannt hatte. Einmal sagte sie sogar zur Person, die gerade bei ihr eine Gebetswache hielt: «Du bisch einfach en Schatz!». Etwa zur gleichen Zeit besuchte ich Anna, eine 80-jährige Bewohnerin eines Seniorenheims. Zwei von ihren drei Kindern lebten in ihrer Nähe, doch besuchten sie nur selten. Auf meine erstaunte Nachfrage meinte sie nur: «Wissen Sie, ich muss zufrieden sein, denn es gibt hier Bewohner, die noch viel weniger Besuch bekommen.» Diese beiden Erfahrungen und der Tod meiner eigenen Mutter haben mich bewegt, den Verein «herzlich» zu gründen.

Gibt es ständig wiederkehrende Anlässe und Angebote oder reagiert der Verein spontan auf eine Situation?
Beides trifft zu. An den beiden Marienfesten am 15. August (Mariä Himmelfahrt) und 8. Dezember (Mariä Empfängnis) findet jeweils eine Performance vor einem Alters- und Pflegeheim statt. Wir wollen aber offenbleiben für spontane Aktionen je nach Bedürfnis und persönlichen Situationen.
 


Wie erfahren Sie von einsamen oder kranken Mitmenschen?
Wir gehen mit offenem Herzen und Augen durchs Leben. So haben sich die Kontakte bisher in einer gewissen Form von selbst ergeben. Die meisten Vereinsmitglieder kennen ihrerseits Einsame und Kranke in den Alters- und Pflegeheimen. In der Begegnung mit diesen Bewohnerinnen und Bewohnern ergeben sich dann wiederum neue Situationen, in denen zum Beispiel getröstet oder gebetet werden kann. Das Gute gedeiht mit einem Senfkorn und darf gross werden.

Sind die Menschen froh um Ihr Dasein oder haben Sie auch schon negative Reaktionen erlebt?
Bisher haben wir durchwegs positive Erfahrungen gemacht. Die Menschen freuen sich ausserordentlich und sind so dankbar. Wir gehen immer sehr behutsam vor.

Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass Sie mit den leitenden Personen in den Alters- und Pflegeheimen und Kirchen zusammenarbeiten. Wurden Sie mit offenen Armen empfangen oder begegnet man Ihnen vielleicht auch mit einer gewissen Skepsis?
Mehrheitlich werden wir mit Wohlwollen und Dankbarkeit von den Heimen wahrgenommen. Unsere Einsätze und Programme werden möglichst unkompliziert und entlastend angeboten, ohne grosse Bürokratie. Wo man uns nicht willkommen heisst, schütteln wir den Staub von den Schuhen und gehen weiter.

«Es braucht … dich … als Beter, Besucher, Buchhalter, Revisor, Hobbynäherin für unser Kissenprojekt, Grafiker, Arzt, Priester, Gönner  … Einfach dein Talent oder deine Stärke, die du für Gott und deinen Mitmenschen verschenken möchtest», schreiben Sie auf Ihrer Webseite. Es kann also jede und jeder bei Ihnen mitmachen?
Ja, es kann grundsätzlich jeder mitmachen. Nach einem Kennenlernen zwischen dem Vorstand und dem Interessierten wird gemeinsam entschieden, ob wir zusammenpassen und die Ziele übereinstimmen.

Haben Sie eine Vision, einen Traum, was durch Ihr Verein bewirkt werden könnte?
Wir haben die Vision, dass viele Menschen an verschiedensten Orten mit ihren Begabungen Gott eine Liebesantwort geben und damit die Welt ein bisschen besser und liebenswerter machen. Ganz im Sinne von Don Bosco: Tue viel Gutes, ohne in Erscheinung treten zu wollen, denn das Veilchen blüht auch an verborgener Stelle und man findet es durch seinen Duft.

 

Der «Verein herzlich» hat seinen Sitz in Zug. Weiter Informationen finden sich auf der Webseite.

 

 


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert