Karl-Josef Rauber (Bild: © Ra Boe/Wikipedia)

Weltkirche

Ehe­ma­li­ger Schwei­zer Nun­tius Karl-​Josef Rau­ber gestorben

Der deut­sche Kar­di­nal Karl-​Josef Rau­ber ist am Sonn­tag­abend im Alter von 88 Jah­ren in Rot­ten­burg gestor­ben. Dies bestä­tig­ten die Schön­statt­schwes­tern in Rottenburg-​Ergenzingen, in deren Haus Kar­di­nal Rau­ber zuletzt gelebt hatte. Der frü­here Chef der vati­ka­ni­schen Diplo­ma­ten­aka­de­mie und spä­tere Papst­bot­schaf­ter in sechs euro­päi­schen Län­dern war 2015 über­ra­schend von Papst Fran­zis­kus zum Kar­di­nal ernannt worden.

«Alles soll bleiben, wie es ist», sagte Karl-Josef Rauber, als ihn Papst Franziskus 2015 überraschend zum Kardinal erhoben hatte. Und keinesfalls wollte er sich regelmässig zu politischen oder kirchenpolitischen Fragen zu Wort melden. Er fühlte sich «zu alt, um die Kirche mitzuregieren». Und er sah sich «weder als Wegweiser noch als drohenden Zeigefinger der Gesellschaft». Seinen Vorsätzen blieb Kardinal Rauber konsequent treu.

Sie passten zu einem Mann, der sich und anderen riet, «die Dinge mit Humor und Gelassenheit» zu nehmen. Er wohnte öffentlich fast unbeachtet in einem Vorort der württembergischen Bischofsstadt Rottenburg in einem Haus mit rund 100 Schönstattschwestern. Mit ihnen feierte er Gottesdienst und hörte Beichte. Kardinal Rauber lebte bescheiden in zwei Räumen, eine Fünf-Zimmer-Wohnung hatte er abgelehnt. In den ersten Jahren nach der Kardinalsernennung half er in Württemberg noch in der Seelsorge aus und spendete jungen Menschen das Sakrament der Firmung. Doch in den vergangenen Jahren liessen seine Kräfte stark nach; eine Corona-Infektion im Vorjahr verschlechterte seinen Gesamtzustand weiter.

In der Kirche der Schönstattschwestern soll Kardinal Rauber nun zunächst aufgebahrt werden, dann soll der Leichnam nach Rom überführt werden, damit der verstorbene Kardinal auf dem im Vatikan gelegenen Friedhof Campo Santo bestattet werden kann. Dort befindet sich auch das Grab seiner Eltern.

Sollte Karl-Josef Rauber die späte Kardinalserhebung als Wiedergutmachung verstanden haben – öffentlich anmerken liess er sich das nie. Nicht immer hatte Kardinal Rauber alles so erledigt, wie es sich Vorgesetzte wünschten. Daraus machte Rom wenig Hehl, und der Diplomat machte aus seinem Herzen auch keine Mördergrube, als er öffentlich erklärte, wer ihn wo anschwärzte. So wurde viel darüber spekuliert, ob Franziskus bewusst einen Mann ehren wollte, der sich mit den Vorgaben aus Rom zuweilen schwertat

Für die Schweiz von Bedeutung war vor allem Karl-Josef Raubers erste Stelle als Botschafter des Vatikans in der Schweiz, wo es wegen des damaligen Churer Bischofs Wolfgang Haas regelrecht zu Verwerfungen zwischen der Kirche und den über die Kirchensteuer verfügenden staatskirchlichen Körperschaften, den sogenannten Kantonalkirchen, kam. Diese drehten Bischof Haas den Geldhahn zu und sabotierten seine Personalentscheidungen. Als das Liechtensteiner Fürstenhaus in die Bresche sprang und den aus Liechtenstein stammenden Bischof Haas finanziell unterstützte, mobilisierten die Kantonalkirchen die «hohe Politik». Die Schweizer Regierung, sprich der Bundesrat, wurde so lange traktiert, bis dieser in Rom wegen angeblicher Störung des Religionsfriedens vorstellig wurde.

Karl-Josef Rauber wurde in der Folge vom Vatikan mit dem Auftrag zur Vermittlung als Sondergesandter eingesetzt. Er führte dazu Gespräche mit mehreren Personen, u a. mit dem Liechtensteinischen Landesfürsten Hans-Adam II., dem damaligen Regierungschef Mario Frick und mit Bischof Haas selbst. Die drei Letzteren sprachen sich gegen die Errichtung eines Bistums Liechtenstein aus. Karl-Josef Rauber liess infolgedessen von dieser Variante ab und suchte nach anderen Möglichkeiten. Im April 1997 wurde er jedoch nach Ungarn versetzt. Ende 1997 wurde dann das Erzbistum Liechtenstein doch errichtet. Welche Rolle Karl-Josef Rauber dabei spielte, wird heute kontrovers beurteilt. Während einige Personen der Meinung sind, dass die Errichtung des Erzbistums Liechtenstein das Verdienst Raubers war, geht Dr. Albert Fischer in seinem Buch über das Bistum Chur davon aus, dass Kardinal Rauber nach Ungarn versetzt wurde, weil er sich gegen die Errichtung des Bistums stellte.

Fest steht: Wolfgang Haas musste vom Churer Bischofsstuhl entfernt werden, koste es, was es wolle. Als die pekuniäre Erpressung nicht weiterhalf – eine für die staatskirchlichen Organe in dieser Form ungewohnte Erfahrung – wurde die Politik in Stellung gebracht. Unter dem enormen kirchenpolitischen Druck knickte der Vatikan schliesslich ein. Karl-Josef Rauber hatte gegen solche staatskirchlichen Übergriffe stets mutig Stellung bezogen. So sprach er sich seinerzeit dezidiert gegen das «Organisationsstatut» der Schwyzer Kantonalkirche aus, was mit dazu führte, dass die katholischen Schwyzerinnen und Schwyzer in einer Volksabstimmung das Organisationsstatut ablehnten. So gesehen dürfte Dr. Albert Fischer mit seiner Einschätzung der Wirklichkeit näher kommen, derzufolge Karl-Josef Rauber nach Ungarn versetzt wurde, weil er sich gegen die Errichtung des Erzbistums Liechtenstein stellte.

 

Karl-Josef Rauber wurde am 11. April 1934 in Nürnberg geboren und 1959 zum Priester geweiht. Von 1962 bis 1966 studierte er Kirchenrecht in Rom. Gleichzeitig absolvierte er die Ausbildung an der Päpstlichen Diplomatenakademie. Von 1982 bis 1990 war er in Uganda im Einsatz. Drei Jahre leitete Karl-Josef Rauber die Päpstliche Diplomaten-Akademie, bevor es dann in die Schweiz ging. Später war Kardinal Rauber Botschafter in Ungarn und Moldawien sowie in Belgien und Luxemburg.

 


KNA/Redaktion


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    Gabriela Ulrich 04.04.2023 um 22:31
    Das Organisationsstatut der Schwyzer Kantonalkirche ist bei der dritten Abstimmung angenommen worden. Ich wäre wirklich froh, wenn das Organisationsstatut der Schwyzer Kantonalkirche ohne wenn und aber abgeschafft würde !