Kommentar

Ein «Ver­ein für Volksfrömmigkeit»?

In einer eher ober­fläch­li­chen Plau­de­rei über die Volks­fröm­mig­keit meinte mein Freund – mehr zum Spass als im Ernst – man könnte doch einen Ver­ein für Volks­fröm­mig­keit grün­den. Ein VfV wäre doch in unse­rer Zeit der Abkür­zun­gen sicher attrak­tiv. Sol­che Steil­vor­la­gen lasse ich mir meist nicht entgehen.

Dazu wäre ich zu alt und zu wenig theologisch gebildet, entgegnete ich. Aber das wäre doch eine Aufgabe für ihn. Sicher!, nahm er den Ball auf. Aber das müsste ein Verein sein nicht wie alle anderen, kein Vorstand, keine Statuten und Versammlungen, kein Budget und keinen Kassier, kein Mitgliederregister und all den Krimskrams. Solches wäre nichts für ihn.

So begann sich die Plauderei zu einer ernsthaften Diskussion zu entwickeln. Das Vereinsmotto könnte sein: «Frisch, fromm, fröhlich, frei!» Das aber gehört schon längst den Turnern, obwohl das Wörtchen «fromm» dort nicht mehr seine ursprüngliche Bedeutung bewahrt hat, während es bei uns ganz klar den Gottesbezug, die Pflege der Gottesbeziehung haben müsste. «Alles meinem Gott zu Ehren!» wäre eine Variante. Das wäre der Ausdruck einer Lebenshaltung, welche bei allem Denken, Reden, Tun und Lassen Gott ins Spiel bringt, mit der Frage: «Was will ich, was will Gott?», und mit der anderen: «Für was, für wen tue ich das alles, für Gott, zu seiner Ehre, einfach für meine Nächsten, oder gar nur für mich selbst?»

Die Ehre Gottes wäre also das Band, das uns alle zusammenhält. Jeder wüsste sich verbunden mit all den Vielen, denen in ihrem Leben die Ehre Gottes wichtig ist, verbunden mit allen, die sich überall auf der Welt bemühen, mit ihrem Leben ein – wenn auch noch so kleiner, «unbedeutender» – Beitrag zur Ehre des Dreifaltig Einen zu leisten. Dabei würde ihm auch der Gedanke helfen, dass in der ewigen Heimat, nach der wir unterwegs sind, diese Ehre Gottes zentral ist, dass wir hier auf Erden «lernen müssen, wie man sich im Himmel benimmt». Oder anders ausgedrückt: Dieses unser Bemühen würde uns lehren, dass unser wirkliches Glück in der Ehre Gottes besteht, ansatzweise schon hier und jetzt, vollkommen dann in der anderen Welt.

In diesem Lernprozess kämen dann automatisch die vier «F» zum Zug. Frisch heisst so, uns von nichts in der Entwicklung unserer Gottesbeziehung stören oder gar lähmen zu lassen.

Frisch heisst, offen zu sein, oder besser gesagt, uns immer mehr zu öffnen für Gott und seine Beziehung zu uns, damit auch unsere Beziehung zu ihm immer neu, immer lebendig sein kann, was immer auch um uns herum und in unserem Leben geschieht.

Fromm heisst dann, eine besondere Aufmerksamkeit allem zu schenken, was mit unserer Aufgabe als Diener des höchsten Gottes zu tun hat. Besonders wichtig wird uns dann der ganze Bereich, den wir hier umfassend als Gottesdienst bezeichnen wollen: die Heilige Liturgie, das Heilige Messopfer, das Gebet, besonders das Stundengebet usw. für jene, die sich dazu verpflichtet haben, und wo wir uns bewusst mit dem Gebet der ganzen Kirche verbinden, und dann auch unser persönliches Gebet, allein oder in Gruppen usw., und nicht zuletzt das Bemühen, immer und überall in unseren Gedanken mit Gott verbunden zu bleiben.

Was fröhlich heisst, das umschreibt eine französische Redewendung sehr gut: «Un saint triste est un triste saint!», zu Deutsch etwa: «Ein trauriger Heiliger ist wirklich ein trauriger Heiliger!» Das ist jene Freude, jene Fröhlichkeit, die uns eine bewusste Beziehung zu Gott in jeder Situation zu schenken vermag – sofern wir uns ehrlich darum bemühen – eine innere Freude. Sie meidet den Lärm und alles, was sie von ihrem Ziel, von Gott, ablenken könnte. Andererseits geniesst sie auch alles, wo es darum geht, «Gottes Lob und Ehr' zu mehren» und nicht so sehr unser eigenes Wohlbefinden. Solches wird uns dann dazu gegeben werden.

«Die Freiheit des Gefangenen» (oder ähnlich) hiess ein Buch unserer Jugendzeit. Damit ist jene Freiheit umschrieben, die hier gemeint ist. Wir sind frei, wir sind Kinder, wir sind Freunde Gottes, nicht seine Sklaven. Unser Stolz ist es, seine treuen Diener zu sein. Als solche können und sollen wir viele, wohl die allermeisten Sorgen unseres Lebens über Bord werfen. «Wer sich Gott unterwirft, kann von niemandem sonst wirklich unterworfen werden.»

Für all dies braucht es keine Vereinsstrukturen im weltlichen Sinn. Es bräuchte nur etwas Mund-zu-Mund Propaganda. Es bräuchte einfach das gute Beispiel. Und schon gäbe es diese Gemeinschaft, die wir hier – faute de mieux – «Verein für Volksfrömmigkeit» nennen, und vielleicht noch die Bereitschaft irgendeines Mediums oder einer Institution, welche uns in ihrem Medienauftritt die Möglichkeit gäbe, uns über alle Grenzen hinweg auszutauschen und den guten Willen aller aufzubauen, nicht niederzureissen, uns gegenseitig zu helfen, nicht zu befehden.

Alles meinem Gott zu Ehren!
 

Gastkommentare spiegeln die Auffassungen ihrer Autorinnen und Autoren wider.


Stefan Fleischer


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    Daniel Ric 14.02.2024 um 09:05
    Sehr geehrter Herr Fleischer, ich finde Ihre Idee sehr gut. Ich glaube aber, dass es sehr wohl eine Organisation im weltlichen Sinne braucht, damit solche Vereine bestehen können. Da das duale System durch die vielen Kirchenaustritte und die damit verbundenen sinkenden Steuereinnahmen langsam dem Ende zugeht, wäre es wichtig, dass sich lehramtstreue Katholiken in Vereinen verbinden und vernetzen. Damit könnte der Grundstein gelegt werden für die neuen Strukturen einer Kirche, die in der Schweiz nicht mehr von Kirchensteuern leben wird. Es wäre auch ein grosser Beitrag zur Neuevangelisierung. Jede Gemeinde sollte einen solchen Verein gründen. Man kann ja die Strukturen extrem schlank gestalten und auf so viel Bürokratie wie möglich verzichten. Einen Präsidenten und Kassier sowie Statuten braucht es aber.
  • user
    Michael 13.02.2024 um 17:46
    Da will einer gerade die Römische Kirche gründen.
    • user
      Stefan Fleischer 14.02.2024 um 05:36
      Ich verstehe nicht.
      Dir Römische Kirche besteht doch seit Jahrhunderten. Neu gegründet soll doch - wenn ich den Synodalen Weg in unserem Sprachraum richtig verstehe - eine Deutsch-Katholische Kirche. Eine solche Neugründung der Kirche ist mir persönlich höchst unsympathisch. Doch das ist ein anderes Thema.
      • user
        Michael 14.02.2024 um 14:25
        Sehr geehrter Herr Fleischer,

        Ihre Beiträge sind im allgemeinen sehr hoch einzuschätzen. Nehmen Sie daher den Tadel mit Gelassenheit. Die Kirche ist nun einmal schon ein solcher Zusammenschluss, wie Sie ihn fordern. Wenn Sie die Mitchristen vermissen, so seien Sie zuerst ihres Gebets versichert. Sodann kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, dass die christlichen Wortmeldungen besonders häufig zensiert werden, also wird in der Öffentlichkeit weniger an Glauben wahrgenommen werden, als in Wirklichkeit vorhanden ist. Und schliesslich seien Sie versichert, dass Ihre geäusserte Absicht, einander im Glauben zu stärken, wenn auch ein schon vorhandener Auftrag, so doch jedenfalls tugendhaft und höchst lobenswert ist. Mit anerkennenden Grüssen für Ihre vielen guten Äusserungen,

        Michael
        • user
          Stefan Fleischer 14.02.2024 um 17:05
          «Die Kirche ist nun einmal schon ein solcher Zusammenschluss, wie Sie ihn fordern.» Ja, unsere Kirche hat bereits alle Voraussetzungen für einen solchen Zusammenschluss. Was meines Erachtens falsch läuft ist, dass in unsere Kirche (als Folge der Verweltlichung, der Anpassung an den Weltgeist, des Überhandnehmens des Egozentrismus) immer mehr zu einem Verein wird, welcher alles und jedes diskutiert und «verbessern» will, besonders gerne die vereinsmässigen Strukturen, die sprachlichen Formulierungen und äusseren Formen. Dabei aber kümmert sie sich immer weniger um die Grundlagen für diese Gemeinschaft, um den Glauben und die Glaubenspraxis. Oder wie ein Aphoristiker kürzlich schrieb: «Die Religion, der Glaube wollen nicht diskutiert werden, sondern praktiziert.» Ein praktizierte Glaube aber, welcher diese Bezeichnung verdient, kümmert sich immer zuerst um Gott, um seinen Heiligen Willen und um eine möglichst reibungsfreie, persönliche Beziehung zu ihm. Man kann dies auch die Ehre Gottes nennen. «Euch aber muss es zuerst um SEIN Reich und um SEINE Gerechtigkeit gehen; DANN wird euch alles andere dazugegeben.» (Mt 6,33) Das Heil dieser Welt, auch das «Heil» für unsere Kirche, sind also, genauso wie unser ewiges Heil, nicht von «klugen und gelehrten Worten» (vgl. 1.Kor 1,17) und ausgefeilten Plänen etc. abhängig, sondern allein von Gott und unserer Beziehung zu IHM, von unserer Glaubenspraxis abhängig. Der Weg zur Einheit der Christen heisst also: «Alles meinem Gott zu Ehren»
          • user
            Michael 14.02.2024 um 20:31
            …und alles meinem Gott zulieb.