Symbolbild (Bild: © Mazur/catholicnews.org.uk/flickr, CC BY-NC-ND 2.0)

Mit spitzer Feder

Erz­bi­schof Brosi, über­neh­men Sie!

Zum «Son­der­fall Schweiz» gehört es, dass er kein Erz­bis­tum kennt, dem – wie in der Welt­kir­che üblich – die ange­glie­der­ten Bis­tü­mer, die soge­nann­ten Suf­frag­an­bis­tü­mer, unter­stellt sind. Ein Erz­bis­tum in der Schweiz mit ihren viel­fäl­ti­gen, so unter­schied­li­chen Kul­tu­ren: Nicht denk­bar, dass ein Deutsch­schwei­zer Erz­bis­tum einem wel­schen Bis­tum vor die Nase gesetzt wird. Schon in der Renais­sance hatte ein hoch­ran­gi­ges Mit­glied der römi­schen Kurie halb resi­gniert, halb gelas­sen fest­ge­stellt: «Man muss die Eid­ge­nos­sen leben las­sen mit­samt ihren Bräu­chen und Miss­bräu­chen» – «con i loro usi et abusi».

Jetzt, nach der Publikation der Pilotstudie, ist die Gelegenheit ausserordentlich günstig, diese Anomalie aus der Welt zu schaffen. Jetzt, wo die Bischöfe einem medialen Dauerbeschuss ausgesetzt sind, vornehmlich der Schulmeisterei und Besserwisserei deutscher Wirtschaftsflüchtlinge.
Und da drängt sich ein idealer Kandidat förmlich auf: Urs Brosi, seit kurzem Generalsekretär der «Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz» (RKZ), dem Zusammenschluss der Kantonalkirchen. Aufgabe dieses Gremiums wäre es, die finanziellen und verwaltungsmässigen Voraussetzungen sicherzustellen, damit die Kirche ihren Grundauftrag, nämlich den Dienst am Heil der Seelen, erfüllen kann (vgl. Konzilsdokument «Christus Dominus» – Über die Hirtenaufgabe der Bischöfe, 31). Die Schweizer Bischöfe halten in ihrem Dokument «Vademecum» ergänzend fest: «Nach der eingangs erwähnten Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils leiten die Bischöfe die Kirche zusammen mit ihren Mitarbeitern, den Priestern und Diakonen sowie den besonders von ihnen beauftragten Laien. Die staatskirchenrechtlichen Organisationen sind deshalb, auch aus der Sicht des staatlichen Rechts, nur dann legitim, wenn sie helfender sowie unterstützender Natur sind und auxiliaren Charakter haben.»

Doch RKZ-Generalsekretär Urs Brosi steht der Sinn nach etwas ganz anderem. Bereits als die Stelle des Generalsekretärs der Bischofskonferenz zur Wiederbesetzung ausgeschrieben wurde, bekundete er sein Desinteresse damit, dass die Bischofskonferenz eigentlich nichts zu sagen habe, sondern bloss eine «Plattform für unverbindlichen Gedankenaustausch» sei. Nein, dazu mochte er sich nicht hergeben, vielmehr zur RKZ zog's in hin, dort bündelt sich die Macht, sprich die Herrschaft über die Finanzen. Noch bevor er zum Generalsekretär der RKZ gewählt war, gab er an die Adresse der Bischofskonferenz schon einmal den Tarif durch: «Manchmal muss man auch mit Druck operieren – wenn ihr nicht reagieren wollt, dann haben auch wir unsere Machtmittel. Es gehört zum dualen System, dass wir den Bischöfen manchmal auf die Füsse treten müssen.»

Kunststück: Brosis Kompetenz in Sachen Theologie und Kirchenrecht ist nicht in Zweifel zu ziehen. Doch hält sich die RKZ (und mit ihr die Kantonalkirchen) an ihren Kernauftrag, sprich den administrativ-finanziellen Support der Kirche, wären für den Posten des Generalsekretärs primär ökonomische und/oder staatsjuristische Qualifikationen erforderlich, doch da muss Brosi passen. Logischerweise widmet er sich vorzugsweise innerkirchlich-theologischen Themen und fuchtelt dabei getreu dem Motto «Wer zahlt, befiehlt» mit der Finanzkeule herum. Er weiss dabei die Präsidentin der RKZ, Renata Asal-Steger, ganz auf seiner Seite, die offen damit droht, den Bischöfen den Finanzhahn zuzudrehen, sollten sie sich nicht «einsichtig» zeigen.

Pikant in diesem Zusammenhang: Wie das «Schweizerische Katholische Bibelwerk» in einer Medienmitteilung vom 18. September 2023 mitgeteilt hat, wurden ihm die Subventionen von der RKZ «drastisch gekürzt», was eine schmerzliche Strukturanpassung zur Folge hatte. Das Zentralsekretariat der RKZ hingegen bleibt von Sparübungen demgegenüber verschont, gönnt sich vielmehr eine Erhöhung des Personaletats.

Im Nachgang zur Publikation der Pilotstudie fordert nun die RKZ für die Untersuchung der Vorwürfe gegenüber einigen Schweizer Bischöfen «zwingend» die Mitarbeit externer Fachleute. Für Brosi müssen dies Experten der staatlichen Polizei oder der Staatsanwaltschaft sein. Doch der Ruf nach dem Staat hat seine Tücken: Soeben hat ausgerechnet der «SonntagsBlick» den Röschenzer Pfarrer als einen Mann mit pädophilen Neigungen enttarnt. Dumm nur, dass eben diesem Röschenzer Pfarrer im Jahre 2005 vom damaligen Bischof der Diözese Basel, Kurt Koch, die «missio canonica», also die Zulassung zum kirchlichen Dienst, entzogen worden war. Und ausgerechnet der Staat in Form des Kantonsgerichts Baselland erklärte diesen Entscheid des Bischofes für ungültig. Dies mit der porösen Begründung, der Bischof habe den Entzug der «missio canonica» nicht mit ausreichender Dichte begründet.

Vom RKZ-Generalsekretär zum Erzbischof der Kirche Schweiz: Brosi will von dieser neuen, ihm zugedachten Rolle als Erzbischof partout nichts wissen, denn dann hätte er ja keine Macht mehr. Andrerseits wäre er damit die Rolle der nach Gesetz rein zudienenden Funktion der RKZ wieder los – ein Gewissenskonflikt mit einem Schlag gelöst. Deshalb: Erzbischof Brosi, übernehmen Sie!


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

  • user
    Martin Meier-Schnüriger 24.09.2023 um 17:00
    Guter Artikel, mit spitzer Feder! Man könnte darüber schmunzeln, würde einem nicht angesichts der Bedrohungen, denen unsere Kirche ausgesetzt ist, das Lachen im Hals stecken bleiben. Wenn die Staatskirchler nun offen zugeben, dass sie die wahren Machthaber und die Bischöfe bloss Grüssauguste sind, dann gibt es doch wohl nur eins: die Reissleine ziehen und das duale System dorthin schicken, wo es herkommt, nämlich zum Teufel! Konkret: Die Bischöfe müssten auf der vollständigen Umsetzung des "Vademecums" von 2013 beharren oder, falls die Staatskirchler darauf nicht eingehen, sämtliche Verbindungen zu sämtlichen staatskirchlichen Gremien kappen. Die Kirche würde dadurch zwar arm, aber endlich frei. Leider kann von unsern derzeitigen Bischöfen - zumindest in der deutschsprachigen Schweiz - ein solch mutiges Vorgehen nicht erwartet werden. Im Gegenteil: Schon spricht ein Schweizer Bischof offen davon, den Priesterzölibat abschaffen und das Frauenpriestertum einführen zu wollen. Wie er das an der Weltkirche vorbei machen will, bleibt zwar sein Geheimnis, aber immerhin hat er sich "mutig" auf die Seite der "Unterdrückten" geschlagen, zu denen sich Leute wie Herr Brosi gerne zählen. Dass es gerade jener Bischof ist, der in der ganzen Missbrauchsmisere den unglücklichsten Eindruck hinterlässt, ist kaum Zufall: Seine utopischen Forderungen sollen vermutlich sein ramponiertes Ansehen wieder aufbessern ...
    • user
      Michael Dahinden, Riemenstalden 28.09.2023 um 18:53
      Da liegt des Pudels Kern.