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Mit spitzer Feder

Erz­bi­schof Wolf­gang Haas bleibt nichts erspart

Man wird es der NZZ nach­se­hen, dass sie des 75. Geburts­tags von Erz­bi­schof Wolf­gang Haas mit einem Tag Ver­spä­tung gedachte. Immer­hin hat sie dem Jubi­lar ein zwei Sei­ten star­kes Por­trät gewid­met (vgl. «Der kon­tro­ver­seste Kir­chen­fürst der Schwei­zer Geschichte gelangt nun auch in Liech­ten­stein an sein Ende» von Samuel Tan­ner und Simon Hehli vom 8. August 2023).

Keine Nachsicht darf die «Alte Dame» für ihre Unterstellung erwarten, Erzbischof Haas hätte «mit dem Rücken zur Gemeinde» gepredigt. Das ist natürlich blanker Unsinn. In der Katholischen Kirche wurde und wird seit jeher mit dem Gesicht zum Kirchenvolk gepredigt, sei es auf der Kanzel im klassischen Ritus oder am Ambo im nachkonziliaren Ritus. Der protestantische Pfarrerssohn Simon Hehli ging offensichtlich von der irrigen Annahme aus, die Hinwendung des Priesters zum Tabernakel während der Messfeier im klassischen Ritus müsse auch für die Predigt gelten ...

Doch damit nicht genug. 7000 Katholikinnen und Katholiken sollen nach Chur gereist sein, um gegen die Ernennung von Wolfgang Haas zum Bischof der Diözese Chur zu protestieren. Doch woher hat Simon Hehli diese Phantomzahl? Er hat sie seinem Redaktionskollegen, dem NZZ-Chefhistoriker Marc Tribelhorn in dessen Artikel «Hirt ohne Herde – wie die Berufung eines Bischofs die Schweizer Katholiken erzürnte» vom 15. Juni 2020 abgekupfert. Eine trübe Informationsquelle! Und nicht nur in dieser Hinsicht: Tribelhorn erwähnt darin zwar, dass Rechtsgutachten zum Schluss gekommen seien, die Einsetzung von Haas sei «in Verletzung völkerrechtlicher und innerkirchlicher Bestimmungen erfolgt». Er unterschlägt dabei, dass ein Gutachten des renommierten (Staats-)Kirchenrechtlers Franz-Xaver von Weber die Rechtmässigkeit der Ernennung von Wolfgang Haas zum Weihbischof mit Nachfolgerecht bestätigte. Befremdend ist auch der deplatzierte, alles andere als NZZ-konforme Jargon von Tribelhorn: «In einer öffentlichen Stellungnahme flötete (sic) der Vatikan ...»

Vorbei sind die Zeiten eines Christoph Wehrli, eines Zwinglianers der alten Schule, der mit wohltuender Sachlichkeit und hoher Kompetenz kirchliche Ereignisse, auch solche innerhalb der Katholischen Kirche, kommentierte. Paradebeispiel ist just sein NZZ-Beitrag vom 24. Mai 1988 zur Weihe von Koadjutor Wolfgang Haas mit dem Titel «Bekenntnis zu Standfestigkeit und ‹Kultur der Liebe›».

Ja, ja, Gott sei's geklagt: Wie bereits im Beitrag vom 15. Juli 2023 an dieser Stelle vermerkt werden musste: Die NZZ ist auch nicht mehr, was sie einmal war.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

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    Meier Pirmin 18.08.2023 um 17:57
    "Der kontroverseste Kirchenfürst der Schweizer Geschichte", gemeint Wolfgang Haas: Dies zeigt die leider schwachen kirchengeschichtlichen Kenntnisse der NZZ-Redaktoren, das wäre wohl auch dem in einem anderen Tweet zwar kritisierten Hanno Helbling nie passiert. Unvergleichlich umstritten, auch bei Katholischen, war Kardinal Schiner, der zeitweilig vom Wallis vertrieben wurde, er hatte es ganz sicher schwerer als Erzbischof Haas, war besonders im Wallis sehr verhasst. Im Kanton Freiburg musste Erzbischof Etienne Marilley 8 Jahre ins Exil wegen Kulturkampf, kaum zu Hause, haben ihn die eigenen Leute zum Rücktritt gezwungen. Die Geschichte von Kardinal Mermillod kennt man noch eher, er war der umstrittenste Kulturkampfbischof zur Zeit von Papst Pius IX. usw. Sie alle hatten es schwerer, waren objektiv bedrohter und ehrlich gesagt sogar noch verhasster als es Wolfgang Haas je war und zum Teil noch ist.
  • user
    Meier Pirmin 18.08.2023 um 14:06
    Die wohl bemerkenswerteste aktuelle Würdigung von Erzbischof Wolfgang Haas stammt aus der "Feder" des früheren und erfolgreichsten Chefredaktors der Schweizer Illustrierten, Peter Rothenbühler, in der aktuellen Druckausgabe der Weltwoche, nicht zu verwechseln mit dem oft fragwürdigen online-Gestürm derselben Zeitung mit einer vielfach ziemlich primitiv ausartenden Forum-Debatte. Haas würde, so der Protestant Rothenbühler, nur angegriffen, weil er jeweils wörtlich und ohne die üblichen Weichspülformulierungen zu den traditionellen und auch noch aktuellen katechetischen Standpunkten der katholischen Kirche ehrlich und auch unbequem stehe. Dafür verdiene er Respekt, betreffe auch die "Ehe für alle" und dergleichen. (Zu dieser Thematik hat sich übrigens der in Sachen Homosexualität in der kath. Kirche u. in Rom speziell gut eingeweihte ehem. Theologieprof. Berger differenzierter geäussert, mit zum Teil unangenehmer Sachkenntnis, aber letztlich doch katholisch geblieben.) Was die NZZ betraf, waren schon die Berichte von Hanno Helbling über das 2. Vatikanische Konzil seinerzeit sehr angesehen, wiewohl auch Hanno Helbling, in St.Gallen an der Stiftsbibliothek seinerzeit als Forscher und Herausgeber gescheitert und immer wieder auch ein Opfer seiner Eitelkeit, nicht überschätzt werden sollte. So waren etwa die Affäre Heinrich Federer, bei welcher der Dichter und Priester von der NZZ massiv vorverurteilt wurde, und die Homosexualität des Literaturpapstes Eduard Korrodi für ihn immer ein Tabu.

    Vor Christoph Wehrli, meinem ehemaligen Studienkollegen, Sohn des grossen Germanisten Max Wehrli, gebührte der Respekt, der einem um Sachlichkeit bemühten Reformierten angemessen war. "Mit dem Rücken zum Volk" war natürlich metaphorisch gemeint, wobei aber immerhin bei meinen Besuchen christkatholischer Gottesdienste noch vor 20 Jahren dies im Fricktal immer noch Brauch war. Bei volkskundlichen Studien in jener Region ist mir aufgefallen, wie ungeschickt die früher Altkatholiken Genannten mit dem christlichen Brauchtum (mit Ausnahme des Pestsingens in Rheinfelden) umgegangen sind, etwa der Abschaffung der höchst eindrücklichen Muttergottesprozession zur Gesegneten Eiche bei Magden. Auf dem Gebiet der Volksfrömmigkeit hat sich übrigens weit stärker als Bischof Haas noch am Ende der vorkonziliaren Epoche der Bündner Bischof Christian Caminada hervorgetan, auch als hervorragender historisch-kritischer Kenner. Auf diesem Gebiet gibt es freilich bei neueren traditionalistischen Bischöfen kaum einen weiterführenden Leistungsausweis. Ist mir übrigens auch bei einem volkskundlich orientierten Besuch vorigen Sommer in Econe aufgefallen, wo es aber nach wie vor eine beeindruckende Zahl von Weihekandidaten gibt. Ich sah diese an einem Sonntagnachmittag miteinander fröhlich und eindrücklich musizieren. Bischof Lefevbre, dort begraben, von mir vor bald 50 Jahren mal befragt, blieb mir indes fremd, zumal wegen seiner französisch-nationalistischen Ideologie als noch stark kolonial orientierter Missionsbischof. Er hatte aber klar mehr Charisma als der abtretende Erzbischof von Liechtenstein.
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    stadler karl 16.08.2023 um 08:58
    "Mit dem Rücken zum Volk predigen", das ist doch ganz offensichtlich eine Aussage der NZZ mit metaphorischem Gehalt. Der Redaktion dieser Zeitung ist selbstverständlich das ewige innerkatholische Gezerre bezüglich der verschiedenen Messriten nicht verborgen geblieben und sehr wohl bekannt, dass auch im tridentinischen Ritus ein Priester, die Messe mit dem Rücken zum Volk zelebrierend, seit jeher auf der Kanzel sich umso eindringlicher dem Volk zuwendet. Dass die NZZ sich zu dieser Metaphorik veranlasst sieht, dazu hat Herr Haas ohne Zweifel auch das seinige beigetragen. Und ich würde jetzt von Seiten swiss-cath.ch nicht so über die NZZ herfahren. Immerhin handelt es sich ausgerechnet um jenes Blatt, das der Meinungsvielfalt nicht wenig Platz einräumt und auch Autoren, die vom innerkirchlichen Mainstream hierzulande angefeindet werden, zu Wort kommen lässt.
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      Michael Dahinden, Riemenstalden 17.08.2023 um 16:39
      Sie wissen schon, sehr geehrter Herr Dr. Karl Stadler, dass im Neuen Ritus die Hinkehr versus Deum - zum Hochaltar hin - theoretisch nicht verboten, sondern vielmehr Gegenstand des von Ihnen zu Recht so benannten "Gezerres" in der zerstrittenen Kirche ist? Für die NZZ, wie sie in den letzten Jahren geworden ist, kaum eine Notiz wert.
  • user
    Robert Wenger 12.08.2023 um 21:21
    Habe - nach mehr als 50 Jahren! - mein NZZ-Abonnement unlägst gekündigt.
    Neben dem spürbaren Deutschland- und Linksruck hauptsächlich wegen den unsäglichen Darstellungen in Sachen Katholische Kirche (Ausnahme: die seltenen Beiträge von Martin Grichting!).
  • user
    Marquard Imfeld 11.08.2023 um 23:59
    Die NZZ hat innert wenigen Jahren viel Qualität eingebüsst. Schluddrig recherchierte und bewusst irreführende Beiträge gehören zum aktuellen Konzept dieser Zeitung. Schade für die einstmals erstklassige Zeitung!