Der Altar in der Klosterkirche mit dem Porträt von Kaiser Karl, das aus Anlass seiner Seligsprechung angefertigt wurde. (Bilder: Niklaus Herzog/swiss-cath.ch)

Kirche Schweiz

Für den Welt­frie­den: Kai­ser Karl-​Gedenkfeier im Klos­ter Rheinau

Der 21. Okto­ber ist der lit­ur­gi­sche Gedenk­tag des im Okto­ber 2004 von Papst Johan­nes Paul II. selig­ge­spro­che­nen Kai­sers Karl (1887 – 1922), dem letz­ten Kai­ser der Dop­pel­mon­ar­chie Österreich-​Ungarn. Ihm zu Ehren fand am ver­gan­ge­nen Sams­tag im Klos­ter Rheinau ein fei­er­li­ches Pon­ti­fi­kal­amt statt.

Warum gerade im Kloster Rheinau? Pfarrer Bernhard Stephan Schneider hatte mit viel Herzblut und organisatorischem Geschick die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit diese erhebende Feier überhaupt erst möglich wurde. «Hier herrscht eine schön religiöse Atmosphäre», sagt Pfarrer Schneider. Die spirituelle Ausstrahlung dieses Ortes, eines Juwels barocker Kirchenbaukunst, ist in der Tat mit allen Sinnen zu greifen – dies trotz der vom Kanton Zürich 1862 mit niederträchtigen staatlichen Zwangsmitteln durchgezogenen Säkularisierung (u. a. Verbot der Novizenaufnahme) mit all seinen heute noch sichtbaren Folgen.

Zudem, so Pfarrer Schneider weiter, bestehe ein geschichtlicher Zusammenhang: Das Kloster Rheinau stand im Mittelalter unter der Verwaltung der Habsburger, zu deren Repräsentanten Kaiser Karl gehört. Vor allem aber ist, wie Pfarrer Schneider betont, das Gebet und der tätige Einsatz für den Frieden vor dem Hintergrund der weltweit wütenden Kriege und Naturkatastrophen so aktuell wie seit langem nicht mehr. Kaiser Karl darf in dieser Hinsicht mit Fug und Recht als Vorbild gelten.
Mitten im Ersten Weltkrieg trat er 1916 in die Fussstapfen des legendären Kaisers Franz-Joseph. Schon bald realisierte er im Gegensatz zum preussischen Muss-Bündnispartner Kaiser Wilhelm und dessen Entourage, die trotz aussichtsloser Lage immer noch auf einen völlig illusionären «Siegfrieden» setzten, dass der Krieg für die Mittelmächte nicht mehr zu gewinnen war. Diskret liess er deshalb 1917 durch Vermittlung seinen Schwagers Sixtus Ferdinand der Entente einen Vorschlag für einen Sonderfrieden zukommen. Mit dieser Initiative reagierte Kaiser Karl auf den zuvor von Papst Benedikt XV. an alle Kriegsparteien gerichteten, geradezu verzweifelten Friedensappell. Doch deutschnationale Kreise, die wenige Jahre später zu waschechten Nazis mutierten, hintertrieben seinen Friedensplan.
 


Bischof Eleganti spricht Klartext
Hauptzelebrant Bischof Marian Eleganti, dem der jüngst zum Diakon geweihte Agil Raju assistierte, knüpfte in seiner Predigt an das Stichwort «Friede» an. Er erinnerte an die Worte unseres Landesvaters Bruder Klaus, des Friedensstifters schlechthin: «Friede ist allweg in Gott.» Den wahren Frieden, so Bischof Eleganti, vermögen keine auf das Know-how fixierte technische Strukturveränderungen zu bewerkstelligen; wahrer Friede setzt einen Sinneswandel voraus, der sich im Innersten des Menschen vollzieht, in seinem Herzen. Dieser innere Kompass des Menschen muss auf Gott hin ausgerichtet sein, was wiederum ein regelmässig gepflegtes Gebetsleben bedingt. Bruder Klaus hat diese Maximen vorgelebt. Gerade aus der Zurückgezogenheit seiner tiefen Gottesverbundenheit heraus wirkte Bruder Klaus segensreich hinein in das konfliktträchtige Alltagsleben seiner Zeit. Reden und Leben verschmolzen in Bruder Klaus zu einer untrennbaren Einheit, sodass er von sich sagen konnte: «Niemals bin ich von der Gerechtigkeit abgewichen.» Diese Haltung, so Bischof Eleganti, ist gerade in unserer Zeit, die so sehr von Unwahrheiten und Lügen heimgesucht wird, geradezu das Gebot der Stunde für alle Gläubigen. Denn «wenn das Bewusstsein der Verantwortung vor Gott verloren geht, dann wird alles einer rücksichtslosen Interessens- und Machtpolitik unterworfen», so Bischof Eleganti.

«So lasst uns nun nach dem streben, was zum Frieden dient» (Röm 14,19): Diesem biblischen Leitstern wusste sich Kaiser Karl in seiner ganzen politischen Tätigkeit verpflichtet, auch nach seinem erzwungenen Rücktritt als Kaiser von Österreich-Ungarn. Schon kurz nach seinem Tod am 27. März 1922 im Exil auf der Insel Madeira begannen die Bemühungen um seine Seligsprechung, wofür sich insbesondere die «Kaiser-Karl-Gebetsliga für den Weltfrieden» verdient machte.

Kaiser-Witwe Zita
Das politische Wirken, ja das ganze Leben von Kaiser Karl wäre nicht denkbar ohne dessen Gattin, der Kaiserin Zita. Für die damalige Zeit sehr aussergewöhnlich hatte Kaiser Karl während seiner zwei-jährigen Regierungszeit sie in alle wichtigen politischen Entscheidungen mit einbezogen. Ihr Herzenswunsch war, dem täglichen Gemetzel an den Kriegsfronten ein Ende zu setzen. Als Frau mit italienisch-französischen Wurzeln war sie dafür geradezu prädestiniert. So war es nur folgerichtig, dass sie die Friedensinitiative ihres Mannes mittrug und ihren Bruder Sixtus als Friedensboten zu gewinnen vermochte. Als dieser Friedensplan infolge einer Intrige deutschnationaler Kreise scheiterte, wurde Kaiser Karl als «den hohen Frauen welscher Abkunft ausgelieferter Pantoffelheld» verhöhnt.

Kaiserin Zita begleitete ihren Mann auf dem langen, hindernisreichen Weg ins Exil. Am 24. März 1919 überschritt sie mit ihrer Familie die Grenze zur Schweiz und nahm vorübergehend Wohnsitz im Schloss Wartegg bei Rorschach, das ihr Vater Jahrzehnte früher gekauft hatte. Die Reise ging weiter nach Prangins am Genfersee. Schliesslich wurde das Kaiserpaar nach einem gescheiterten Versuch der Wiederherstellung der Monarchie von den Siegermächten des 1. Weltkrieges auf die Insel Madeira verbannt. Das dortige Klima setzte dem Kaiser schwer zu.

Bereits im Alter von 34 Jahren starb er nach einer schweren Lungenentzündung. Die Verbitterung über sein politisches Scheitern dürfte das ihre zu seinem viel zu frühen Tod beigetragen haben. Die Last der Erziehung ihrer gemeinsamen acht Kinder (das letzte wurde erst nach dem Tod von Kaiser Karl geboren) lastete nun allein auf der inzwischen mittellos gewordenen Kaiserwitwe. Ihre Flucht vor Nazi-Deutschland führte sie über Belgien, Spanien, Portugal bis nach Kanada.

1962 liess sie sich im St. Johannes-Stift in Zizers GR nieder, die letzte Station ihres irdischen Daseins. Sie verstarb am 14. März 1989 in der von ihr immer wieder geäusserten Hoffnung, ihre Angehörigen im Himmel wiederzusehen. Vor allem ihren geliebten Mann, von dem sie sagte: «Der Kaiser hat für den Frieden gelebt und ist für den Frieden gestorben, für ein christliches Europa und für ein katholisches Österreich.»
 


Gemäss Auskunft von Pfarrer Schneider steht nun der Heiligsprechungsprozess für Kaiser Karl kurz vor dem Abschluss. Ebenso der Seligsprechungsprozess für Kaiserin Zita. Letzteren hatte der Bischof von Le Mans, Yves le Saux, im Jahre 2009 in die Wege geleitet.

Papst Johannes Paul II. hatte nicht wie sonst üblich den Todestag von Kaiser Karl als dessen liturgischen Gedenktag festgelegt, sondern den 21. Oktober, den Hochzeitstag des Kaiserpaares. Mit dem ihm eigenen Gespür für spirituelle Wirklichkeiten hat er wohl frühzeitig geahnt, dass Kaiserin Zita ihrem Gemahl in nicht allzu ferner Zeit auf dem Weg zur Heiligkeit folgen würde.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Daniel Ric 24.10.2023 um 16:52
    Ich wünsche mir nicht unbedingt die Rückkehr zur Monarchie, bin aber doch sehr beeindruckt vom Vielvölkerstaat, der durch die Habsburger geführt wurde. Der erste Weltkrieg war eine Katastrophe für Europa, jedoch nicht die Schuld der Monarchen, sondern das Produkt eines Nationalismus, der alle Völker in Europa fesselte. Leider muss festgestellt werden, dass die demokratisch gewählten Politiker noch weniger den Frieden wollten als die Monarchen. Auf beiden Seiten, der Mittelmächte und der Allierten, war der total sinnlose und destruktive Wunsch vorhanden, den Krieg bis zum Sieg zu führen. Wir müssen die richtigen Lehren ziehen und als Christen für den Frieden einstehen.
  • user
    Carus 24.10.2023 um 13:34
    Bei aller Faszination für Österreich-Ungarn, das damals als Völkerkerker geschmäht und heute in einem den Nationalismus zu überwinden suchenden Europa wieder viel moderner wirkt, als auch ggü. dem Herrscherpaar in schwieriger Lage an die Macht gekomme,, muss doch festgehalten werden, dass Karl I auch schwierige Seiten hat, welche in einem Heiligsprechungsprozess Fragen aufwerfen und leider oft, so auch hier, unterschlagen werden.

    Die Webseite https://www.habsburger.net/de - mit immerhin der Republik Österreich als Gesellschafter schreibt:

    "Ein schwerwiegenderer Kritikpunkt war die Rolle Karls im Ersten Weltkrieg. So zeigt auch das Porträt, das bei der Seligsprechung am Petersplatz enthüllt wurde, Karl in militärischer Uniform. Nach der Absetzung von Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf im März 1917 war Kaiser Karl in den letzten beiden Kriegsjahren nicht nur formell Oberbefehlshaber der k. u. k. Armee, sondern auch tatsächlicher Kommandant der Streitkräfte und aktiv in die Kriegsmaschinerie involviert – er trug somit Verantwortung für tausende Kriegstote.

    So war Karl auch mitverantwortlich für den Giftgaseinsatz an der italienischen Front in der 12. Isonzoschlacht im Oktober 1917. Dieser bereits damals umstrittene Einsatz war vom Kaiser zwar nicht aktiv gefördert oder angeordnet, jedoch als „Notwehrmaßnahme“ gebilligt worden".
    • user
      Niklaus Herzog 25.10.2023 um 07:20
      Zu der von Kommentator carus butler erwähnten Mitverantwortung von Kaiser Karl für den Gifteinsatz in der Isonzoschlacht vom Oktober 1917 ist präzisierend festzuhalten, dass er den seiner Befehlsgewalt unterstehenden Truppen den Giftgas-Einsatz untersagte. Hingegen liess er notgedrungen zu, dass die mit ihm verbündeten deutschen Spezialtruppen Giftgas einsetzten (vgl. Historiker würdigt Friedensbemühungen von Kaiser Karl I., in: religion.ORF.at. 29. September 2004).
      Kaiser Karl hat zudem den Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf entlassen und selbst das Oberkommando über die Streitkräfte übernommen, um den überhand nehmenden Einfluss des Militärs auf den zivilen Bereich rückgängig zu machen. Generalstabschef von Hötzendorf revanchierte sich später in seinen Memoiren für die Entlassung mit folgenden Worten: "Besonders gefährlich aber waren die Machenschaften, die Kaiserin Zita Hand in Hand mit ihrem Bruder Sixtus betrieb und in die sich der schwache Kaiser hineinreissen liess, wobei es ihm nicht erspart blieb, in eine schiefe Stellung zu Deutschland zu geraten. Ein Schulbeispiel, wohin es führt, wenn Frauenhände, wenn auch von den besten Absichten geleitet, sich in ernste politische oder militärische Angelegenheiten mengen" (Franz Conrad von Hötzendorf, Private Aufzeichnungen, hrsg. von Kurt Peball, Wien 1977).
  • user
    Don Michael Gurtner 23.10.2023 um 22:32
    Seiner Majestät dem Kaiser, und vielleicht mehr noch der Kaiserin Zita, bin ich seit jeher tief verbunden und Hege eine innige Verehrung für beide.
    Speziell Kaiserin Zita rufe ich oft in besonders dringenden Gebetsanliegen an und habe eigentlich immer Hilfe erfahren.

    Die Verehrung dieses wirklich vorbildhaften Kaiserpaares müßte noch viel mehr gefördert werden: würden man sich an ihnen ein Vorbild nehmen, privat wie auch in der Politik, so sähe heute vieles anders, und ja, auch besser aus!

    Es war sowas wie eine "Ursünde Europas", speziell Österreichs, daß man die Monarchie verschmäht und den Kaiser abgesetzt hat.
    Das hat erst überhaupt die ganze nachfolgende Geschichte (speziell den Nationalsozialismus und das kommunistische Terrorregime) möglich gemacht.

    Mit einem Kaiser an der Spitze ginge es uns heute sehr viel besser und wir wären freier - und die Politik wäre wohl "katholischer" geblieben, jedenfalls waren wir politisch nicht so gottvergessen wie wir es heute leider sind.

    Möge es der Herrgott geben daß Österreich und seine Kronländer doch noch Recht bald zur Habsburgermonarchie zurückkehren mögen!