Claudio Tessari (Bild: zVg)

Interview

«Für mich ist der katho­li­sche Glaube das grösste Geschenk»

Clau­dio Tes­sari enga­giert sich als Fami­li­en­va­ter und Laie in der Katho­li­schen Kir­che. Im Gespräch mit swiss​-cath​.ch erzählt er von sei­nem Glau­ben und sei­ner Motivation.

Sie engagieren sich sehr für die Katholische Kirche. Wurde Ihnen der Glaube bereits «in die Wiege gelegt»?
Überhaupt nicht. Ich wurde protestantisch getauft und mit der goldenen Regel erzogen: «Behandle jeden wie du behandelt werden möchtest.» Wir glaubten an Jesus, es war aber kein lebendiger Glaube. Da ich väterlicherseits italienische Wurzel habe, ging ich manchmal mit Kollegen an Ostern oder Weihnachten auch in die Katholische Kirche. Das Kruzifix hat mich immer angezogen, die Muttergottes war mir immer sympathisch. Im Alter von 22 Jahren befasste ich mich mit dem katholischen Glauben und konvertierte am 12. September 2003 (Maria Name) zur Katholischen Kirche. Ich begann ein Selbststudium in Theologie: Ich studierte die Bibel, den Katechismus, die Dogmen und bearbeitete meine Fragen mit verschiedenen Theologen. Was mich aber immer tiefer in den Glauben geführt hat, war das Rosenkranzgebet. Im Nachhinein bin ich mir sicher: Die Muttergottes hat mich zurück zu Jesus und seiner Kirche geführt. Und ich bin mir ebenfalls sicher, dass sie auch die getrennten Brüder und Schwestern irgendwann zur «una, sancta, catholica et apostolica ecclesia» führen wird. Am Ende wird das Unbefleckte Herz triumphieren. (Botschaft von Fatima)

Warum ist Ihnen der Glaube wichtig?
Weil man ohne ihn nicht leben kann, nicht glücklich werden kann. Er ist wie die Luft zum Atmen. Es gibt heute leider viele Menschen, die ohne Glauben leben, aber wahre Glückseligkeit fehlt ihnen – sie müssen alles auf dieses Leben setzen. Ein Mensch, der vom Glauben an Jesus Christus getragen ist, weiss genau, dass dieses Leben ein Übergang in das ewige Leben ist. Es ist ein Weg, der ein Ziel hat. Der Glaube ist aber immer auch eine Beziehung zu Gott. Für mich ist der katholische Glaube das grösste Geschenk.

Im Blick auf die aktuelle Situation der Kirche Schweiz: Wofür sind Sie dankbar? Was macht Ihnen Sorgen oder stimmt Sie traurig?
Dankbar bin ich für alle frommen Priester, die trotz der schwierigen Situation der Kirche treu bleiben und sich für die Herde einsetzen. Heute ist es für einen Priester im deutschsprachigen Raum nicht mehr einfach, wenn er an der katholischen Lehre, dem Katechismus festhält. Heute muss sich ein Priester, der den unverkürzten Glauben verkündet, rechtfertigen. Das ist der Punkt, der mich traurig stimmt. Traurig stimmt mich auch, dass gerade wir gläubigen und eher konservativen Katholikinnen und Katholiken von den Bischöfen nicht im Glauben gestärkt werden. Ihre Stimme hören wir leider oft nicht, wenn liberale Kreise neue Lehren verkünden. Dennoch sollen wir Katholiken nie ängstlich oder in Sorge sein, denn die Kirche ist jene von Jesus Christus, der uns die Verheissung gegeben hat, dass sie nie überwältig oder untergehen wird. Dazu kommt mir ein Dialog zwischen Napoleon und einem Kardinal in den Sinn: Als Napoleon zum Kardinal sagte, er werde die Kirche zerstören, antwortete dieser gelassen: «Was wir in den letzten tausend Jahren durch unser sündhaftes Leben nicht geschafft haben, wirst auch du nicht schaffen.» Das ist die Zuversicht, die jeder Katholik in der Kirche haben darf. Und vor allem er sollte täglich für die Kirche, den Papst, die Bischöfe und Priester beten; ich widme diesem Anliegen täglich einen Rosenkranz.

In der Kirche Schweiz gibt es immer wieder Diskussion, weil Laien (getaufte und gefirmte Christinnen und Christen) zu wenig Mitsprache hätten und ihnen bestimmte Ämter vorenthalten sind. Die den Laien eigene Aufgabe ist aber der «Aufbau der zeitlichen Ordnung» (Apostolicam actuositatem 7), d. h. sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren. Wo sehen Sie konkrete Möglichkeiten für ein solches Engagement?
Ich sehe hier ein gesellschaftliches Problem: Gott hat eine Ordnung, eine Hierarchie geschaffen; dies entspricht aber nicht mehr dem Zeitgeist. Es geht in der Kirche darum, zu dienen und nicht zu befehlen. In der Heiligen Schrift lesen wir an verschiedenen Stellen, dass man sich der Autorität unterordnen muss. Der Liberalismus hat diese Ordnung zerstört, weshalb heute verschiedene Forderungen von allen Seiten kommen – auch in der Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Rolle der Laien schön betont und das allgemeine Priestertum erklärt. Wir sollen uns politisch für das Leben einsetzen, für die Familie und für die christlichen Werte. Wir Laien können Gebetsgruppen organisieren wie z. B. «Die Schweiz betet». Wir können die Priester in ihrem Wirken unterstützen. Aber wir können nicht Priester sein. Der Priester bekommt in der Weihe eine unglaubliche Würde: Er wird ein zweiter Christus. Er kann uns die Sakramente spenden, Christus handelt durch den Priester. Das vergessen leider heute viele. Die Priester sollten nicht in so vielen Gremien und unzähligen Sitzungen dabei sein müssen, sondern sich Zeit für die Seelsorge und das Gebet nehmen können. Hier könnten wir Laien sie entlasten. Der Priester ist kein Manager und der Manager kein Priester.

Sie selbst sind Mitglied der Kirchenpflege. Wo sehen Sie die Chancen des dualen Systems? Wo birgt es Risiken?
Das ist ein schwieriger Punkt. Das duale System würde funktionieren, wenn jeder seine Rolle kennen und dementsprechend handeln würde. Es gibt leider ein Sprichwort, das oft zutrifft: «Wer zahlt, befiehlt.» Gerade in meinem Kanton Zürich ist das extrem: Wenn man nur die Forderungen und Aussagen der Synodalpräsidentin liest, sieht man das Problem. Sie fällt öffentlich vom katholischen Glauben ab, wird aber nicht sanktioniert, weil sie in die Synode gewählt wurde. Wir haben immer mehr Kirchenaustritte; ich denke, dass die Landeskirchen bald vor enormen Problemen stehen werden. Das System funktioniert, so lange Geld vorhanden ist. Aber auch hier sage ich: Wir müssen auf die Vorsehung Gottes vertrauen.

Im Oktober 2014 fand die Bischofssynode zu Ehe und Familie statt. Werden Ihrer Meinung nach Familien resp. Ehepaare in der Kirche genügend unterstützt?
Man muss unterscheiden, was die Kirche ist. Wir haben einen verkürzten Blick und sehen nur immer die deutschsprachige Kirche, die gerade mal zwei Prozent ausmacht. Ich würde sage: Ja. Aber wir erleben schon einen massiven Angriff auf die Familie durch die LGBT-Lobby. Gerade diese gefährliche Ideologie wird leider von einem grossen Teil der deutschsprachigen Kirche unterstützt und gefördert. Ebenfalls wird der Lebensschutz immer mehr angegriffen. Hier erhoffe ich mir von der Kirche und von allen Katholikinnen und Katholiken, dass wir gegen diese gottlosen Ideologien unsere Stimme erheben. Die Muttergottes sagte in Fatima, der Endkampf des Teufels wird in der Familie stattfinden. Das erleben wir aktuell.

Die Familie bildet als «Hauskirche» den Ort, wo Kinder erstmals mit dem Glauben in Berührung kommen. Können Sie aus Ihren eigenen Erfahrungen Tipps dazu geben?
Es ist wichtig, dass man in der Familie betet und gerade mit Kindern über Gott und die Kirche redet. Leider lernen die Kinder im Religionsunterricht immer weniger, und in den Schulen wird der Relativismus gefördert. Man muss den Kindern erklären, dass man als Christ, wenn man den Glauben ernst nimmt, auch mit Widerstand rechnen muss. Wir in unserer Familie beten zum Beispiel immer vor dem Schlafengehen ein Geheimnis des Rosenkranzes. Die Beziehung zur himmlischen Mutter hilft den Kindern – und natürlich das Gebet und die Beziehung zum Schutzengel.

Was wünschen Sie sich für die Kirche?
Morgen beginnt die Fastenzeit. Der Priester streut die Asche auf das Haupt und spricht: «Kehr um und glaub an das Evangelium.» Das wünsche ich mir für die Kirche: dass sie wieder den unverkürzten katholischen Glauben verkündet. Das sie wieder Gott in den Mittelpunkt stellt und nicht den Menschen oder Ideologien. Der heilige Paulus sagt: Je grösser die Sünde, desto mächtiger die Gnade. Eine Kirchenkrise wurde nie durch Forderungen oder Änderungen der Lehre überwunden, sondern durch Heilige. Und wir alle sind zur Heiligkeit berufen. Also lasst uns in dieser Fastenzeit fasten und beten für die Kirche und heilig werden.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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    Dominica 05.03.2023 um 18:33
    Herzlichen Dank Hr. Tessari für dieses glaubensstarke und hoffungsvolle Zeugnis. Es ist wunderbar wie Sie einfach und klar zu unserem wahren kath. Glauben stehen! Es tut richtig gut so einen Beitrag zu lesen! Vergelts Gott für Ihr Zeugnis!
  • user
    Claudio Tessari 24.02.2023 um 10:32
    Herzlichen Dank, an alle mit den viele positiven Feedbacks.
  • user
    Anna W. 24.02.2023 um 05:59
    Stärkend, ermutigend, danke sehr lieber Herr Claudio Tessari, seien Sie reich gesegnet, Sie und Ihre Familie!
  • user
    Daniel Ric 22.02.2023 um 10:44
    Sehr schöne Aussagen von Herrn Tessari. Man kann ihm nur zustimmen. Solche Menschen braucht die Kirche. Sie sind ein grosser Segen.