Der heilige Franziskus betet das Christuskind an. Fresko im «Santuario di Francesco» in Greccio. (Bild: Randy OHC from West Park, New York, USA, CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Glaube kon­kret: Got­tes Mensch­wer­dung in der Krippe

Eine Krippe wird «zurecht­ge­macht, Heu her­bei­ge­bracht, Ochs und Esel her­zu­ge­führt. Zu Ehren kommt da die Ein­falt, die Armut wird erhöht, die Demut geprie­sen, und aus Grec­cio wird gleich­sam ein neues Beth­le­hem.» So beschreibt der Fran­zis­ka­ner und Chro­nist Tho­mas von Celano die erste Krip­pen­feier am Hei­lig­abend 1223 – vor genau 800 Jahren.

«Männer und Frauen jener Gegend bereiteten, so gut sie konnten, freudigen Herzens Kerzen und Fackeln, um damit jene Nacht zu erleuchten, die mit funkelndem Sterne alle Tage und Jahre erhellt hat. Der Wald erschallt von den Stimmen, und die Felsen hallen wider von dem Jubel. Die Brüder singen und bringen dem Herrn das schuldige Lob dar, und die ganze Nacht jauchzt auf in hellem Jubel.»[1]

Die Feier ist ein lang gehegtes Wunschprojekt des damals gut 40-jährigen Franziskus. Mit seinen Brüdern führt er ein Leben, das den radikalen Forderungen des Evangeliums entspricht. In einer Zeit, da die Kirche reich und mächtig ist wie nie zuvor, möchte er die Botschaft des in einem armseligen  Stall in einer Strohkrippe geborenen Jesus von Nazareth so konkret und anschaulich wie möglich vermitteln.

Die Art und Weise, wie er einen lokalen Adligen mit Namen Johannes zwei Wochen vorher um Mithilfe bittet, erinnert an Jesus, wie dieser in den Evangelien seine Jünger beauftragt, das Paschamahl vorzubereiten.
«Wenn du wünschst, dass wir bei Greccio das bevorstehende Fest des Herrn feiern, so gehe eilends hin und richte sorgfältig her, was ich dir sage», so zitiert Thomas von Celano den Ordensgründer. Er wolle das Gedächtnis an das Kind von Bethlehem begehen. «Und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen.» Natürlich eilte Johannes hin und tat wie ihm geheissen.

Damals soll ein Teilnehmer die Vision gehabt haben, wie in der Krippe ein lebloses Neugeborenes lag, das durch den Heiligen wie aus tiefem Schlaf erweckt wurde. «Gar nicht unzutreffend ist diese Vision», schreibt Thomas von Celano, «denn der Jesusknabe war in vieler Herzen vergessen. Da wurde er in ihnen mit Gottes Gnade durch seinen heiligen Diener Franziskus wieder erweckt und zu eifrigem Gedenken eingeprägt.»

Dass bei dieser ersten Krippenfeier weder Maria noch Josef vorgesehen waren, schien niemanden zu stören. Mütter und Väter, arme Hirten waren die Teilnehmer selbst. Wichtiger war ihnen der Glaube an die tatsächliche Gegenwart Christi bei dieser ungewöhnlichen Messfeier. Ein Wandgemälde in der Grotte, in der die Krippenfeier stattfand, zeigt das Kind in der Krippe, darüber den Altar mit Brot und Wein und davor kniend den heiligen Franziskus.

Diese Verbindung der Geburt Jesu und der Eucharistiefeier nimmt Thomas von Celano am Ende seines Berichts auf: «Später wurde der Ort, an dem die Krippe gestanden hatte, dem Herrn als Tempel geweiht und zu Ehren des hochseligen Vaters Franziskus über der Krippe ein Altar errichtet und eine Kirche gebaut, damit dort, wo einst die Tiere das Heu frassen, in Zukunft die Menschen zum Heil der Seele und des Leibes das Fleisch unseres Herrn Jesus Christus, des Lammes ohne Fehl und Makel, geniessen könnten, der in höchster und unaussprechlicher Liebe sich selbst für uns hingegeben hat und der mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebt und herrscht als ewig glorwürdiger Gott durch alle Ewigkeit. Amen. Alleluia, Alleluia.»

Wie immer es sich mit historischen Fakten verhalten mag – eines ist sicher: Die Feier hat die Menschen, die dabei waren, nachhaltig beeindruckt. Bald darauf entstanden in den Kirchen Darstellungen der Geburt Christi. Erste Krippen im heutigen Sinne als figürliche Darstellung der Geburt Jesu gab es im 16. Jahrhundert in Italien und Spanien, bald darauf auch in Süddeutschland. Nach 1600 verbreiteten sich Krippen rasch und wurden auch vom gläubigen Volk gebaut und aufgestellt.

Heute noch sind in den säkularisierten Gesellschaften Westeuropas weihnachtliche Krippenfeiern die meistbesuchten Gottesdienste.

Papst Franziskus widmete dem «wunderbaren Zeichen der Krippe» ein eigenes Apostolisches Schreiben («Admirabile signum»). Um es zu unterzeichnen, reiste der Namensvetter des Heiligen eigens am 1. Dezember 2019 nach Greccio in das dortige Franziskanerkloster. «Es ist nicht wichtig, wie man die Krippe aufstellt, was zählt, ist, dass sie zu unserem Leben spricht», so der Papst. Wie in jener Dezember-Nacht des Jahres 1223.
 

Die diesjährige Krippe auf dem Petersplatz ist dem 800. Jahrestag der ersten Krippe gewidmet.
 


KNA/Redaktion


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