(Bild: e-ole4/flickr, CC BY-SA 2.0)

Mit spitzer Feder

Grüss Gott Zürich? Grüss Gott Berlin!

«Grüss Gott Zürich», News­let­ter der Römisch-​katholischen Kör­per­schaft des Kan­tons Zürich, war­tete am 2. Juni 2023 mit einem Dementi auf: Nicht Zürich, son­dern Ber­lin grüsst auf der Front­seite in der Per­son der neuen Mit­ar­bei­te­rin Mag­da­lena Thiele, die sich auch gleich selbst vor­stellt: «Mein Weg hat mich von Ber­lin in die Schweiz geführt. Und auch wenn mein Schwei­zer­deutsch noch zu wün­schen übrig­lässt: Die Bot­schaft von Pfings­ten ist in jeder Spra­che ver­ständ­lich.» Wow, da hat sich aber der Para­klet mäch­tig ins Zeug gelegt!

Doch bei diesem phonetischen preussischen Stechschritt mitten ins Herz der «Schweizer Dialektik» sollte es nicht sein Bewenden haben. Am 30. desselben Monats ist Magdalena Thiele wieder zur Stelle und setzt eine deutsche Kalamität gleich an die erste Stelle ihrer Agenda: «Die Staatsanwaltschaft Köln durchsucht Räume des Generalvikariats und des Erzbischöflichen Hauses. Bäm! So eine Schlagzeile hätte es in meiner Kindheit nicht gegeben.» Und gleich geht es weiter im Text: «Mehr als eine halbe Million Katholiken hat im vergangenen Jahr [sc. 2022] in Deutschland der Kirche den Rücken gekehrt. In der Schweiz sieht es nicht besser aus: 34 000 Menschen haben einer Institution ihr Vertrauen entzogen, die christliche Werte in einer Zeit in Europa hochhält, in der sie so dringend gebraucht werden.» Der Clou dabei: Zum «Beweis» ihrer These setzt Magdalena Thiele einen Link zu einer Blick-Mitteilung. Darin wird tatsächlich die Zahl von 34 000 Austritten genannt. Diese beziehen sich aber auf das Jahr zuvor, sprich auf 2021. Nimmt man nun Magdalena Thiele beim Wort und ihren selbst herangezogenen Quervergleich zum Massstab, kommt Deutschland ausgesprochen schlecht weg: Im Jahr 2021 lagen die Austrittszahlen in der Schweiz unter 1,5 %, wohingegen sie in Deutschland im Jahr 2022 stolze 2,49 % betrugen: ein signifikanter Unterschied. Aber eben, da ist sie wieder, diese vermaledeite deutsche Arroganz: Was für Deutschland gilt, muss auch im Rest der Welt so sein – Fakten hin oder her. Und einer dieser Fakten lautet: Die Austrittszahlen des Jahres 2022 sind für die Schweiz noch gar nicht bekannt. Zudem scheint Magdalena Thiele noch nicht mitbekommen zu haben, dass von staatlicher Seite keine Zahlen erhoben werden, welche die Austritte aus der Kirche dokumentieren würden, sondern nur die Zahlen der Austritte aus den staatskirchenrechtlichen Parallelstrukturen, sprich aus den sogenannten Kantonalkirchen. Das Bundesgericht hat ausdrücklich bestätigt, dass es legal ist, aus den kantonalkirchlichen Körperschaften auszutreten und zugleich in der Katholischen Kirche als Glaubensgemeinschaft verbleiben zu wollen – eine Zahl, die von keiner Stelle erhoben wird und auch nicht erhoben werden kann. Wie hoch sie tatsächlich ist, darüber kann nur spekuliert werden. Sicher ist, dass die offiziell ausgewiesenen Austrittszahlen höher sind als die tatsächlichen Austritte.

Magdalen Thiele schliesst ihr «Grüss Gott Zürich» mit dem Satz: «Vielleicht treffen Sie auf den einen oder anderen verbliebenen Katholiken und sprechen mit ihm über die Causa Woelki.» Dass dieser Kelch an mir vorübergehe.

«Grüss Gott Zürich?» – «Grüss Gott Berlin!»


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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  • user
    Ferdi23 04.07.2023 um 15:11
    cui bono? Für welche Organisation salutiert die Praktikantin aus der Fremde? Schutzpatron von Kardinal Woelkis Heimatpfarrei ist übrigens "unser" Bruder Klaus von Flüe, dessen Meditationsbild Woelki als Erzbischof von Berlin in sein Amtswappen aufnahm. Dass ein Sohn von aus dem Ermland (Ostpreussen) vertriebenen Katholiken in Köln eine neue Heimat fand und zum Erzbischof von Berlin ernannt wurde muss ihm die Feindschaft des Protestantismus eingebracht haben.