Doch bei diesem phonetischen preussischen Stechschritt mitten ins Herz der «Schweizer Dialektik» sollte es nicht sein Bewenden haben. Am 30. desselben Monats ist Magdalena Thiele wieder zur Stelle und setzt eine deutsche Kalamität gleich an die erste Stelle ihrer Agenda: «Die Staatsanwaltschaft Köln durchsucht Räume des Generalvikariats und des Erzbischöflichen Hauses. Bäm! So eine Schlagzeile hätte es in meiner Kindheit nicht gegeben.» Und gleich geht es weiter im Text: «Mehr als eine halbe Million Katholiken hat im vergangenen Jahr [sc. 2022] in Deutschland der Kirche den Rücken gekehrt. In der Schweiz sieht es nicht besser aus: 34 000 Menschen haben einer Institution ihr Vertrauen entzogen, die christliche Werte in einer Zeit in Europa hochhält, in der sie so dringend gebraucht werden.» Der Clou dabei: Zum «Beweis» ihrer These setzt Magdalena Thiele einen Link zu einer Blick-Mitteilung. Darin wird tatsächlich die Zahl von 34 000 Austritten genannt. Diese beziehen sich aber auf das Jahr zuvor, sprich auf 2021. Nimmt man nun Magdalena Thiele beim Wort und ihren selbst herangezogenen Quervergleich zum Massstab, kommt Deutschland ausgesprochen schlecht weg: Im Jahr 2021 lagen die Austrittszahlen in der Schweiz unter 1,5 %, wohingegen sie in Deutschland im Jahr 2022 stolze 2,49 % betrugen: ein signifikanter Unterschied. Aber eben, da ist sie wieder, diese vermaledeite deutsche Arroganz: Was für Deutschland gilt, muss auch im Rest der Welt so sein – Fakten hin oder her. Und einer dieser Fakten lautet: Die Austrittszahlen des Jahres 2022 sind für die Schweiz noch gar nicht bekannt. Zudem scheint Magdalena Thiele noch nicht mitbekommen zu haben, dass von staatlicher Seite keine Zahlen erhoben werden, welche die Austritte aus der Kirche dokumentieren würden, sondern nur die Zahlen der Austritte aus den staatskirchenrechtlichen Parallelstrukturen, sprich aus den sogenannten Kantonalkirchen. Das Bundesgericht hat ausdrücklich bestätigt, dass es legal ist, aus den kantonalkirchlichen Körperschaften auszutreten und zugleich in der Katholischen Kirche als Glaubensgemeinschaft verbleiben zu wollen – eine Zahl, die von keiner Stelle erhoben wird und auch nicht erhoben werden kann. Wie hoch sie tatsächlich ist, darüber kann nur spekuliert werden. Sicher ist, dass die offiziell ausgewiesenen Austrittszahlen höher sind als die tatsächlichen Austritte.
Magdalen Thiele schliesst ihr «Grüss Gott Zürich» mit dem Satz: «Vielleicht treffen Sie auf den einen oder anderen verbliebenen Katholiken und sprechen mit ihm über die Causa Woelki.» Dass dieser Kelch an mir vorübergehe.
«Grüss Gott Zürich?» – «Grüss Gott Berlin!»
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