Gottesmutter Maria, Krásnobrodská, 14. Jh. (Bild: Misko3/Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Hoch­fest der Got­tes­mut­ter Maria

Wer den lit­ur­gi­schen Tex­ten des 1. Janu­ars auf­merk­sam folgt, stellt fest, dass der Gedanke an das neue Jahr nur leicht mit­schwingt – die Kir­che fei­ert am 1. Januar näm­lich das Hoch­fest der Got­tes­mut­ter Maria.

Wichtige Feste werden in der Katholischen Kirche acht Tage lang gefeiert. Der arbeitsfreie Ostermontag resp. Pfingstmontag sind «Überbleibsel» der jeweiligen Oktav. Wichtiger als das neue Kalenderjahr ist der Neubeginn durch die Geburt Jesu Christi. Mit ihm fängt wirklich etwas ganz Neues an. Und so feiert die Kirche am 1. Januar die Oktav dieses Neubeginns. Dabei rückt der Fokus von der Geburt auf die Beschneidung und Namensgebung.

Als acht Tage vorüber waren
und das Kind beschnitten werden sollte,
gab man ihm den Namen Jesus,
den der Engel genannt hatte,
bevor das Kind im Mutterleib empfangen war. (Lk 2,21/ Aus dem heutigen Tagesevangelium)

Gleichzeitig kommt Maria als die Mutter Jesu in den Blick – als Theotókos (Gottesgebärerin). «Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt» (Gal 4,4). Mit diesem Titel wird ausgesagt, dass der menschgewordene Sohn Gottes – wahrer Gott und wahrer Mensch – von einer menschlichen Mutter geboren wurde. In diesem Sinn kann Maria wirklich als Gottesgebärerin oder Gottesmutter bezeichnet werden.

Im Responsorium der Lesehore heisst es: «Heilige und unbefleckte Jungfrau, ich weiss nicht, mit welchem Lob ich dich preisen soll: * Ihn, den die Himmel nicht fassen können, hast du in deinem Schoss getragen.»

Hier wird auf das durch den Verstand nicht fassbare Geheimnis hingewiesen, dass der allmächtige Gott ein schwacher, hilfloser Mensch wurde. Gleichzeitig wird die Jungfräulichkeit Marias betont. Auch wenn es immer wieder Stimmen gibt (selbst von Theologinnen und Theologen), die die Jungfräulichkeit als Mythos bezeichnen oder sie im besten Fall nur im übertragenen Sinne annehmen wollen, versteht die Kirche die Jungfrauengeburt wörtlich und realistisch. Wären Maria und Josef die biologischen Eltern von Jesus gewesen, wäre Weihnachten nichts Besonderes und wir würden dieses Fest heute nicht mehr feiern. Doch Maria empfängt vom Heiligen Geist:

Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten (Lk 1,35).

Gott will nicht einen vorhandenen Menschen annehmen, nicht in eine menschliche Hülle schlüpfen – er will wahrer Mensch werden. Mit ihrem «Ja» ermöglicht Maria die Geburt des Gottessohnes. Am heutigen Fest werden die Mutterschaft wie auch die Jungfräulichkeit Marias hervorgehoben. «Es handelt sich um zwei herausragende Eigenschaften, die immer untrennbar miteinander verkündet werden, denn sie ergänzen und kennzeichnen sich gegenseitig. Maria ist Mutter, aber jungfräuliche Mutter; Maria ist Jungfrau, aber mütterliche Jungfrau. Lässt man den einen oder den andern Aspekt ausser Acht, versteht man das Geheimnis Marias, wie die Evangelien es uns vorlegen, nicht zur Gänze» (Predigt von Papst Benedikt am 1. Januar 2007).

Gleichzeitig hat das heutige Marienfest einen stark christologischen Bezug, denn es betrifft noch vor der Mutter den Sohn, Jesus: wahrer Gott und wahrer Mensch.

O wunderbarer Tausch! Der den Menschen erschuf, nimmt menschliches Leben an und wird aus der Jungfrau geboren. Von keinem Mann gezeugt, kommt er in die Welt und schenkt uns sein göttliches Leben. (Erste Antiphon der Vesper)

Seit dem 1. Januar 1968 wird jeweils an Neujahr in der ganzen Welt der Weltfriedenstag begangen. Dies passt wunderbar zum heutigen Fest, denn der Frieden ist die erste Frucht der Menschwerdung: Durch sie hat Christus uns die Versöhnung mit Gott und untereinander geschenkt und so den wahren Frieden ermöglicht. Es liegt an uns, dieses Geschenk Gottes an die Menschen weiterzugeben – besonders den Menschen in Kriegsgebieten oder Konfliktsituationen.

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten
und sei dir gnädig.
Der Herr wende sein Angesicht dir zu
und schenke dir Frieden.
So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen
und ich werde sie segnen. (Num 6,24–27)
Erste Lesung am heutigen Hochfest

 

Vor der Liturgiereform wurde am ersten Tag des Jahres das Gedächtnis der Beschneidung Jesu gefeiert. Papst Paul VI. verlegte 1969 das Fest der Gottesmutterschaft Marias, das früher auf den 11. Oktober fiel, auf den ersten Januar.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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