Sr. M. Raymunda. (Bilder: Rosmarie Schärer/swiss-cath.ch)

Kirche Schweiz

«Ich wollte immer in ein ‹rich­ti­ges› Klos­ter eintreten»

Sr. Maria Ray­munda Eisenegger ist Prio­rin des Domi­ni­ka­ne­rin­nen­klos­ters St. Peter am Bach in Schwyz. Im Gespräch mit «swiss​-cath​.ch» erzählt sie von ihrer Beru­fung, den Auf­ga­ben eines kon­tem­pla­ti­ven Klos­ters und des­sen Zukunft.

Das Dominikanerinnenkloster St. Peter am Bach liegt mitten in Schwyz und doch herrscht eine wohltuende Stille hinter den Klostermauern. Sr. Raymunda begrüsst mich herzlich an der Pforte und erklärt mir den Weg zum Sprechzimmer im ersten Stock. Sie selbst geht den Weg innerhalb der Klausur nach oben. Die Dominikanerinnen nehmen die Klausur ernst. «Ich wollte immer in ein ‹richtiges› Kloster eintreten», erklärt dann auch Sr. Raymunda mit einem verschmitzten Lächeln.

Aufgewachsen ist Sr. Raymunda im zürcherischen Dietikon zusammen mit fünf Geschwistern. «Ich hatte gute Eltern», erinnert sie sich. Der Vater war Schneider und hat ihr sein Talent vererbt. So absolvierte sie nach dem Welschlandjahr zunächst eine Schneiderlehre, doch konnte man mit diesem Beruf nur wenig Geld verdienen. Sie entschloss sich deshalb zu einer Zweitausbildung als Krankenschwester. Nach der bestandenen Aufnahmeprüfung machte sie Exerzitien in Ingenbohl. Die Schwestern hätten sie gleich als Arbeitslehrerin anstellen wollen, erzählt Sr. Raymunda. Doch Lehrerin wollte sie auf keinen Fall werden. Im «Sant’Agnese» in Locarno traf sie zufälligerweise auf eine Schwester des Dominikanerinnenklosters St. Peter am Bach, die dort zur Erholung war. Sie kam mit ihr ins Gespräch und die Schwester lud sie ein, ins Kloster zu kommen. Gerne nahm sie diese Einladung an. Als Sr. Raymunda das Kloster betrat, wusste sie, dass dies «ihr» Kloster war. Ein halbes Jahr später ist sie eingetreten.

Es hätte auch anders kommen können: Ihre beiden älteren Brüder hatte immer wieder Freunde nach Hause gebracht, die sich nach einer Frau umschauten. Doch Sr. Raymunda wussten schon früh, dass sie ihre ganze Liebe Gott schenken möchte. Als sie ihrer Familie ihren Entscheid mitteilte, ins Kloster einzutreten, war ihr Vater sehr glücklich. «Ich freue ich, dass ich eines meiner Kinder Gott schenken darf», so seine Reaktion.

Mehr als beten, essen und spazieren
Sr. Raymunda kam schnell ins sogenannte Paramentenzimmer. «Ich war Schneiderin und hatte mehr als 100 Prozent Fantasie. Die habe ich noch immer», erzählt sie lachend. Noch heute kämen ihr bei einem Stoff gleich Ideen, was man daraus machen könnte. Doch das Paramentenzimmer gibt es inzwischen nicht mehr. Auch die Hühner und Schweine sind nicht mehr da und die Schwestern besorgen auch keine Kirchenwäsche mehr. Lebten bei ihrem Eintritt noch 39 Schwestern im Kloster, so sind es aktuell sechs Schwestern.

Noch heute betreiben die Schwestern die Hostienbäckerei, kümmern sich um den Garten und backen für die Klosterchilbi die berühmten «Klosterchräpfli», deren Zutaten ein wohlgehütetes Geheimnis sind und auch bleiben sollen.
 


Sr. Raymunda ist viel an der Pforte. Eine Arbeit, die ihr gefällt. «Es kommen viele mit ihren Sorgen oder Fragen zu uns.» Da wird sie auch schon mal gefragt: Was ist Glaube? Kürzlich kam eine Frau mit ihren zwei Grosskindern ins Kloster. Das eine Kind fragte nachher die Grossmutter: Was machen die Schwestern hinter dem Gitter, wenn sie nicht hinaus dürfen? Die gleiche Frage stellte ein Pfarrer seinen Erstkommunionkindern beim Besuch der Hostienbäckerei. Eines der Kinder antwortete: «Beten, essen und spazieren.» Sr. Raymunda lacht, wenn sie die Geschichte erzählt. «Wie wenn wir nicht auch kochen oder putzen müssten oder Schreibarbeiten erledigen.»

Sie versteht, dass viele Menschen den Sinn eines kontemplativen Klosters nicht gleich sehen. Sie vergleicht die Klausur gerne mit einer Staumauer: «Hinter der Staumauer liegt viel Wasser, ganz ruhig und doch entsteht daraus viel Energie: Ein Knopfdruck und das Licht ist eingeschaltet. Das ist sichtbare Energie. Dann gibt es die geistige Energie. Durch das Gebet gibt es positive Ausstrahlungen. So leben wir hinter der Mauer der Klausur und das Gebet strahlt aus.» Und sie fährt fort: «Wir können den Menschen so viel helfen, nicht durch äussere Werke, aber durch unser Da-Sein im Gebet, durch unsere Hingabe an Gott.» Wenn eine Ambulanz am Kloster vorbei ins Krankenhaus fährt, spricht sie ein kurzes Gebet. «Oft erhalten wir Anrufe mit der Bitte: Betet für mich. Das ist unsere Aufgabe: Die geistige Nahrung für die anderen vom Himmel zu holen. Die Menschen wissen nicht, dass wir für sie beten, doch sie spüren es vermutlich in ihren Herzen.»

Auch das Gebet und der Trost der Schwestern in einem Todesfall werden sehr geschätzt. Man kann im Kloster auch Messen lesen lassen. Doch Sr. Raymunda erlebt immer wieder, dass Menschen überrascht über dieses Angebot sind. «Viele sehen den Sinn der heiligen Messe gar nicht mehr, überhaupt schwindet allgemein das Verständnis für das geistliche Leben.»

In Schwyz schätzen die Menschen das Gebet und die heilige Messe, erzählt sie. Sie helfen dem Kloster auch mit Spenden. «Ich erkläre den Menschen immer, dass wir Schwestern nicht bessere Menschen sind, wir haben einfach eine andere Berufung. Und auch wir sind manchmal ungeduldig oder hässig. So sind wir Menschen halt.»

In ihrer Zelle hängt der Spruch: Tu alles Gute, was du kannst, aber tu es so leise wie möglich. «Das ist unser Leben, kurz zusammengefasst.»

Optimistisch in die Zukunft
Auch das Dominikanerinnenkloster leidet unter Nachwuchsmangel. Neben dem allgemeinen «Verdunsten» des geistlichen Lebens sieht Sr. Raymunda einen weiteren Grund in der Fülle der Ablenkungen, denen die jungen Menschen heute ausgesetzt sind. «Die jungen Menschen glauben an Gott und fühlen sich berufen, aber es gibt zu viele Ablenkungen. Wenn sie nicht gleich eine Entscheidung fällen, schieben sie diese immer weiter hinaus und treten schlussendlich nicht ein.»

Seit einiger Zeit leben drei Schwestern des «Instituto Servidoras del Señor y la Virgen de Matará» bei ihnen im Kloster, eine vierte Schwester wird noch dazu kommen. Der Kontakt zu den Schwestern entstand über Bischof Peter Bürcher. Dieser hatte in seiner Zeit als Bischof von Reykjavik mit «Servidoras-Schwestern» zusammengearbeitet.[1] Aus gesundheitlichen Gründen musste Bischof Peter zurück in die Schweiz. Ein Glücksfall für die Dominikanerinnen, die zu diesem Zeitpunkt einen Spiritual suchten. «Jetzt hat er bei uns seine ‹Altersresidenz›», erklärt Sr. Raymunda mit ihrem verschmitzten Lächeln. Mitglieder des Institutes kommen immer wieder mal zu Besuch bei Bischof Peter. Einmal erzählte die Generalpriorin vom grossen Nachwuchs der Gemeinschaft. Sr. Raymunda reagierte sofort: Sie könnten doch zu ihnen kommen, sie hätten genügend Platz im Kloster. Und so teilen die Dominikanerinnen ihr Leben jetzt mit den drei «Servidoras-Schwestern» aus Argentinien. Damit ist ein guter Grund gelegt, damit das Kloster als beschauliches Kloster weiterexistieren wird.

Sr. Raymunda weiss um die Situation der Katholischen Kirche. «Wenn sich Menschen beklagen, dass so viele austreten, sage ich immer: Lasst sie austreten. Vielleicht kommen sie zurück. Man weiss nicht, was in den Herzen der Menschen vorgeht.» Sie versteht, dass viele Gläubige von den Missbrauchsfällen in der Kirche enttäuscht sind. Für sie ist es aber fragwürdig, dass jeder Missbrauch durch einen Priester sofort in den Medien gross verbreitet wird, während Missbräuche durch andere Menschen kaum erwähnt werden. Aber sie ist überzeugt, dass die Kirche weiterbestehen wird, denn: «Gott kann man nicht zerstören».

Die Zukunft der Kirche sieht sie in ihren neuen Mitschwestern, aber auch in den vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die regelmässig in den Gottesdienst von «Adoray» kommen und den Abend anschliessend im Keller des Klosters gemütlich ausklingen lassen.

«Ich durfte viele Gnaden empfangen, ich bin wirklich dankbar», meint Sr. Raymunda am Ende unseres Gesprächs. Und ergänzt mit ihrem verschmitzten Lächeln: «Ich würde heute wieder eintreten und wieder bleiben!»
 


[1] Das Institut besteht aus einem aktiven und einem kontemplativen Zweig.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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Bemerkungen :

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    Martha vom Morgartä (Leuthard) 15.09.2023 um 08:12
    Herzlichen Dank den Schwestern hinter den Mauern. Was ihr hinter den Kulissen tut, versuche ich auf der "Bühne", wenn ich unterwegs für Frau, Kirche und Gesellschaft bin. Eure Unterstützung durch Gebet darf ich spüren. Heute ist der Todestag des unvergesslichen Kaplan Xaver Amgwerd, der "Kirchenbauer" Unserer Lieben Frau von Seewen. Am Dienstag, 19. September 2023, 12.05 Uhr, bietet sich die Möglichkeit, in der Kathedrale St. Gallen mit den Mitgliedern der SBK Eucharistie zu feiern. Betet, freie Schweizer 🇨🇭, betet. In Liebe verbunden www.swissmartha.ch
  • user
    Anita 13.09.2023 um 06:28
    Dieser Bericht tut Herz und Seele so richtig gut, angesichts der Stürme am CH-Kirchen Himmel.

    Danke liebe Sr. Raymunda für Ihr wunderbares Zeugnis, das so echt und fröhlich wirkt.
    WUNDERBAR! Danke Jesus! Beten wir für Nachwuchs...
  • user
    Don Michael Gurtner 11.09.2023 um 15:25
    Ein wunderbares Kloster, ich war einmal dorten und habe nur die allerbesten Erinnerungen an die ehrwürdige Schwester und deren Kloster.