Die konstante Bedrohung der eigenen Autonomie durch serbische Annektionsbestrebungen politisieren die Menschen fast zwangsläufig. Das noch junge Land kämpft nach Jahrhunderten der Besetzung durch verschiedene Fremdmächte um seine Selbstbestimmung; es ringt im komplexen Gefüge verschiedenster kultureller Prägungen um seine Identität und es gedenkt in diesem Prozess ihren Heldinnen und Helden. Einer dieser Helden ist in der Hauptstadt Prishtina omnipräsent – Ibrahim Rugova (1944-2006). Der Schriftsteller, Gelehrte, Politiker und erste Präsident des Kosovo kämpfte unerbittlich und dennoch gewaltfrei für die Autonomie seines Landes. Dabei pflegte Rugova eine komplexe und enge Beziehung zum katholischen Glauben. Es ist bis heute nicht gänzlich geklärt, ob Rugova kurz vor seinem Tod zum Katholizismus konvertierte. Man hört sehr verschiedene Vermutungen, die unterschiedlich stark politisch und emotional aufgeladen sind, wenn man Kosovarinnen und Kosovaren danach fragt. Unbestreitbar ist jedoch, dass für Rugova, der profunde Kenntnisse der kulturellen und religiösen Geschichte seiner Heimat hatte, die katholische Kirche eine zentrale, ja existenzielle Rolle in der Zukunft des Kosovos einnehmen musste. Deutlich sichtbar ist diese Bedeutung, die Rugova der katholischen Kirche beimass, in einem Projekt, das ihm, neben der Gründung einer Don Bosco Schule, bis an sein Lebensende eine Herzensangelegenheit war – dem Bau einer katholischen Kathedrale in Prishtina.
Die Mutter Teresa Kathedrale in Prishtina kann als ein Knotenpunkt der kosovarischen Geschichte betrachtet werden. Viele politische und kulturelle Stränge, die für die Identität dieses jungen Landes so wichtig sind, kommen an diesem Ort zusammen. Vom Kirchturm aus ist im Gewimmel der Hauptstadt der Palace of Youth and Sports zu sehen, ein monströser kommunistischer Triumphbau im brutalistischen Stil, der unter Tito errichtet wurde. Er zeugt von der Zeit, in der der Kosovo eine kleine Provinz in Jugoslawien war, das schliesslich so unheilvoll auseinanderbrach und von einem Krieg heimgesucht wurde, wie man ihn damals in Europa kaum für möglich gehalten hatte. Der Rohbau einer serbisch-orthodoxen Kirche auf dem nahegelegenen Universitätsgelände zeugt von dieser Zeit des Zerfalls, der Fremdherrschaft und des Krieges. Der Bau wurde nach Ausbruch des Krieges nie fertiggestellt. Ein grosses goldenes Kreuz auf dem Dach hebt sich eigenartig von dem rohen Mauerwerk ab. Die Kirche wird gemeinhin als Ausdruck des serbischen Machtanspruchs wahrgenommen, der sich ebenfalls in der Städteplanung ausdrückte. Bis heute werden christliche Symbole in der zu 95 % aus Muslimen bestehenden Bevölkerung oftmals mit dem serbischen Herrschaftsanspruch assoziiert.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Dieser Bericht ist ein wenig einseitig dargestellt. Ob die Albaner Nachkommen der Illyrer sind, kann man in Frage stellen, aber spielt auch nicht so eine Rolle. Denn alle Italiener sind Nachkommen der Römer und beanspruchen ja auch nicht das ganze ehemalige römische Gebiet. Der Kosovo ist das Herz Serbiens, wo die Serben Widerstand gegen die Osmanen geleistet haben. VIDOVDAN. Nach dem 2. Weltkrieg lebten ca. 250'000 Albaner im Kosovo, heute sind es 2 Millionen. Die Religion spielte bei den Albanern eine sekundäre Rolle, da ihr Credo auch noch heute ist: "Die Religion des Albaners ist das Albanertum!" Ein katholischer Albaner würde zuerst einem muslimischem Albaner helfen, anstatt einem katholischen Kroaten. Heute wird allgemein die ganze Geschichte immer einseitig dargestellt, nicht umsonst heisst es: Gewinner schreiben die Geschichte. Seit dem Balkankrieg hat es in den muslimischen Teilen des Balkans eine Radikalisierung der Muslime gegeben, welche sich auf den authentischen Islam berufen wie zu Zeiten Mohammeds.
Ein sehr interessanter, lesenswerter Bericht!