Hintergrundbericht

«Immer hei­ter, Gott hilft weiter!»

Grä­fin Maria The­re­sia Ledóchow­ska hätte ein schö­nes, pri­vi­le­gier­tes Leben füh­ren kön­nen, doch ein Auf­ruf zur Befrei­ung der Skla­ven in Afrika traf sie ins Herz. Sie wid­mete ihr wei­te­res Leben und all ihre vie­len Talente der mis­sio­na­ri­schen Bewusst­seins­bil­dung der Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken in Europa.

Die selige Maria Theresia Ledóchowska, Gründerin der «Missionsschwestern vom hl. Petrus Claver», gehört zu einer heiligmässigen Familie: Ihre Schwester Maria Ursula gründete die «Ursulinen vom Herzen Jesu in Todesangst» (Graue Ursuline) und wurde 2003 heiliggesprochen; ihr Bruder Wladimir war von 1915 bis 1942 Ordensgeneral der Jesuiten; Ignacy Kazimierz, ein anderer Bruder, war als «Heiliger General» bekannt und starb 1945 im Konzentrationslager.

Ein Aufruf trifft ins Herz
Maria Theresia Ledóchowska wurde am 29. April 1863 im niederösterreichischen Loosdorf geboren. Ihr Vater, Graf Anton Ledóchowski, war Pole, ihre Mutter Josephine, eine Geborene von Salis-Zizers, Schweizerin. In der Familie erlebte sie eine tiefe Religiosität und ein starkes soziales Engagement. 1873 verlor ihr Vater beim Bankenkrach einen grossen Teil seines Vermögens; die Familie musste ihre Villa in Loosdorf verlassen und nach St. Pölten ziehen. Mit 16 Jahren verliebte sie sich heftig, doch die Liebe blieb unerwidert, was in ihr ein starker Eindruck hinterliess. 1883 erfolgte ein weiter Umzug nach Lipnica (Polen). Zwei Jahre später, Maria Theresia war 22 Jahre alt, erkrankte sie an den Pocken. Ihr Vater steckte sich an ihrem Krankenbett an und starb. Maria Teresia überlebte die Infektion, war aber mit Pockennarben übersät, was eine Heirat zu verunmöglichen schien. So entschloss sie sich, Hofdame zu werden. Sie nahm eine Stelle bei der Grossherzogin Alice von Toscana in Salzburg an. Hier kam sie kurz darauf mit Franziskanerinnern-Missionarinnen Mariens in Kontakt, als diese bei Hof um finanzielle Unterstützung baten. Die Schilderungen der entbehrungsreichen Arbeit in den Missionsstationen hinterliessen bei Maria Theresia einen bleibenden Eindruck und sie begann, die Missionsarbeit in ihre Gebete einzuschliessen.

Kurze Zeit später erhielt sie von einer Freundin einen Aufruf von Kardinal Charles-Martial-Allemand Lavigerie, dem Gründer der «Weissen Väter», mit dem Titel «Der Kreuzzug gegen die Sklaverei in Afrika». Dieser Aufruf richtete sich an die «christlichen Frauen Europas». Diese sollten ihren Ehemännern, Brüdern und Vätern keine Ruhe lassen, bis diese «nicht ihre Autorität, ihre Beredsamkeit, ihre Habe eingesetzt haben, um zu verhindern, dass das Blut ihrer Brüder vergossen» werde. Und Kardinal Lavigerie fährt fort: «Hat Gott euch schriftstellerische Begabung verliehen, so stellt sie in den Dienst dieser Sache: Es gibt keine heiligere.» Die selige Maria Theresia schrieb rückblickend: «Diese wenigen Worte des Kardinals haben gereicht, um mich zu überzeugen und zu einem radikalen Schritt zu bewegen, von nun an meine Feder nur für das Werk gegen die Sklaverei und für die Missionen zu gebrauchen.»

Ein Treffen mit weitreichenden Folgen
Als Hofdame war es ihr nicht erlaubt, öffentlich in Erscheinung zu treten. So schrieb sie unter dem Pseudonym «Africanus»[1] das Theaterstück «Zaida», welches in Ostafrika handelt. Dadurch wollte die selige Maria Theresia auf die Missstände der Sklaverei aufmerksam machen und das Gewissen der Zuschauer wachrütteln. Es folgten weitere Artikel und Theaterstücke. Dafür setzte sie sich mit Missionaren in Afrika in Verbindung. Die Briefe waren dann auch Grundlage für die von ihr 1889 gegründete Zeitschrift «Echo aus Afrika». Mittels Berichten und Fotos wollte sie ein authentisches Bild der Situation der Sklaven in Afrika vermitteln. Im Jahr 1896 hatte die deutsche Ausgabe der Missionszeitschrift bereits 4000 Abonnenten, die italienische Ausgabe gar 8000.

Grossherzogin Alice von Toscana wusste um die Beschäftigung ihrer Hofdame und gab ihr die dafür nötige freie Zeit.

Im Sommer 1889 weilte Maria Theresia mit der Familie von Grossherzogin Alice in Luzern, als sie hörte, Kardinal Lavigerie sei ebenfalls in der Stadt. Mithilfe ihres Onkels, Kardinal Mieczysław Halka Ledóchowski[2], gelang ihr ein Treffen mit ihrem Vorbild. Kardinal Lavigerie segnete sie und trug ihr auf, überall Antisklavereivereine zu gründen. Aufgrund dieser Begegnung war sich Maria Theresia sicher, dass Gott sie berufen habe, ihr ganzes Leben Afrika und den Sklaven zu widmen.

Im April 1891 verliess sie den Hof, um ihre Zeit ganz in den Dienst ihrer schriftstellerischen Tätigkeit stellen zu können. Ihre Arbeit für Afrika war so erfolgreich, dass sie diese bald nicht mehr allein bewältigen konnte. In ihr nahm die Idee Gestalt an, eine Vereinigung von Frauen zu gründen, die sich ganz der Afrikamission widmeten.
 

Im Dienst der missionarischen Bewusstseinsbildung
Im Jahre 1897 wurden die Konstitutionen der «St. Petrus Claver Sodalität» von ihr verfasst und am 7. März 1910 von Papst Pius X. endgültig approbiert. Patron ihres Instituts ist der heilige Petrus Claver, der sich in Kolumbien der Sklaven aus Afrika angenommen hatte. Der Sodalität gehörten – in unterschiedlichen Stufen der Zugehörigkeit – von Anfang auch Laien an.

Die Aufgabe der «St. Petrus Claver Sodalität» war –und ist auch heute noch – in erster Linie die missionarische Bewusstseinsbildung. Maria Theresia wollte aus der Ferne für die Evangelisierung Afrikas arbeiten. Dazu hielt sie viele Vorträge und führte Tagungen durch und schrieb weiterhin Artikel. Sie war Realistin und wusste, dass es auch eine finanzielle Unterstützung brauchte. Neben «normalen» Spendenaufrufen veranstaltete sie Basare, Feste und Konzerte zugunsten der Missionen. Sie verkaufte sogar den von «Weissen Schwestern» in Algerien angebauten Wein in der Schweiz und Österreich.
Eine andere wichtige Aufgabe sah die selige Maria Theresia im Druck religiöser Bücher. Zu diesem Zweck kaufte sie ein Gut in der Nähe von Salzburg und errichtete in diesem Missionshaus («Maria sorg») eine eigene Missionsdruckerei. Als Frau eine Druckerlaubnis zu erhalten, war damals nicht einfach, doch Maria Theresia schaffte es beim dritten Versuch. In dieser Druckerei wurden neben Missionsblättern, Kalendern, Broschüren usw. auch Bibeln, Religions- und Schulbücher, Katechismen, Gebetsbücher sowie Wörterbücher in afrikanischen Sprachen gedruckt und in die Missionsstationen geschickt. Die selige Maria Theresia liess sich dazu die Manuskripte der Missionare senden.

«Es gibt nur eine einzige ‹Waffe›, um gegen so viel Übel zu kämpfen: das Evangelium. Es gibt auch nur ein einziges Mittel: mit all unseren Kräften die Missionare zu unterstützen», liess sie ihre Zuhörerinnen und Zuhörer wissen. Allen Widerständen begegnete sie mit Gottvertrauen. «Immer heiter, Gott hilft weiter!» war dann auch ihr Motto.

Maria Theresia starb am 6. Juli 1922 im Generalat in Rom. Am 19. Oktober 1975, dem Missionssonntag des Heiligen Jahres, wurde sie von Papst Paul VI. seliggesprochen. Ihr Festtag ist der 6. Juli.

Die «St. Petrus Claver Sodalität» wurde 1947 in «Missionsschwestern vom hl. Petrus Claver» umbenannt. Weltweit leben rund 250 Schwestern in 24 Ländern auf allen Kontinenten und setzen sich für pastorale und humanitäre Projekte ein. Nach wie vor ist ihr Anliegen die missionarische Bewusstseinsbildung durch Publikationen und Jugend- und Erwachsenenarbeit. Sie kämpfen gegen die modernen Formen der Sklaverei wie Kinderprostitution, Strassenkinder usw.

Zug als wichtiger Standort
In Zug gibt es seit 1905 eine Niederlassung der «St. Petrus Claver Sodalität». Sie wurde während des Ersten Weltkrieges wichtig für die Gemeinschaft: Mit dem Kriegseintritt Italiens musste das Generalrat aus Rom verlegt werden. So wurde Zug vorübergehend zur Zentrale: Da die Schweiz neutral war, waren finanzielle Überweisungen nach Afrika möglich. Auch ein Teil der Bücher und Schriften wurden in dieser Zeit in Zug gedruckt. Während des Zweiten Weltkriegs übernahm die Gemeinschaft in Zug erneut den internationalen Finanztransfer sowie den Druck verschiedener Produkte.

Im Haus der Gemeinschaft in Zug ist auch das «Afrika Museum» beheimatet. Es wurde 1906 von den Missionsschwestern gegründet. Die Sammlung besteht aus Gegenständen, die die Schwestern als Dank aus den Missionsgebieten in Afrika erhalten haben. Neben Masken und Fetischen sind auch Kultobjekte, präparierte Tiere und Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs zu sehen wie auch echte afrikanische Kunstobjekte und zeitgenössische Kunstwerke.
 

Afrikamuseum
Ort: St.-Oswalds-Gasse 17, Zug
Öffnungszeiten: 8:30 bis 11:30 Uhr und 14:00 bis 17:00 Uhr (Montag bis Freitag)
Samstag und Sonntag auf Anfrage (Tel. 041 711 04 17)

Webseite der «Missionsschwestern vom hl. Petrus Claver» in der Schweiz.

 


[1] Später schrieb sie meistens unter dem Pseudonym «Alexander Halka», dem sagenumwobenen Gründer des Geschlechts der Ledóchowski.
[2] Mieczysław Halka Ledóchowski (1822–1902) war Erzbischof von Posen-Gnesen und wurde später Präfekt der «Kongregation für die Glaubensverbreitung». Er unterstützte seine Nichte in ihren Vorhaben.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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Bemerkungen :

  • user
    Paul Martone 07.07.2023 um 08:00
    Das Leben von Maria Theresia Ledochowska zeigt, wie viel eine einzelne Person zu leisten imstande ist, wenn sie nur den Mut und die Ausdauer dazu hat und sich nicht von Gegnern und anderen Schwierigkeiten abhalten lässt. Sie zeigt, dass die oft gebrauchten Sätze: "Da kann man nichts machen! Das ist halt so! Das sollen lieber die anderen machen!", nur billige Ausreden sind, um nichts tun zu müssen, dadurch aber auch nichts zum Guten und zur Verbreitung des Glaubens beizutragen. Möge das Beispiel von Maria Theresia in vielen Menschen das Feuer der Begeisterung für den Glauben neu entfachen.