Johann Nepomuk Neumann wurde am 28. März 1811 in Prachatitz in Böhmen in einer deutsch-tschechischen und tiefgläubigen Familie geboren. Am 1. November 1831 trat er in das Priesterseminar in Budweis ein. Im zweiten Jahr seines Theologiestudiums begann Neumann, die Berichte der «Leopoldinischen Gesellschaft»[1] über die Not an Priestern in den Vereinigten Staaten zu lesen; aufgrund der damaligen Einwanderungswelle in die Vereinigten Staaten gab es einen grossen Bedarf an Deutsch sprechenden Priestern. Inspiriert von einem dramatischen Vortrag des Seminarleiters über das elfte Kapitel des Zweiten Korintherbriefs, in dem Paulus sein Leiden für das Evangelium beschreibt, beschlossen Johann Neumann und sein Freund Adalbert Schmidt, nach Abschluss des Studiums ihr Leben der Mission zu widmen.
Neumanns Absicht, nach Amerika zu gehen, machte es notwendig, Englisch zu lernen, aber in Budweis gab es keine Gelegenheit dazu. Der Bischof von Budweis hatte das Privileg, jedes Jahr zwei seiner Seminaristen zum Studium an das erzbischöfliche Priesterseminar in Prag zu schicken. Im Frühjahr 1833 beantragte Neumann erfolgreich beim Bischof, sein Studium in Prag fortzusetzen zu können. Die Universität bot keine Englischkurse an, aber Neumann lernte es mithilfe eines Buches und durch englische Arbeiter einer nahe gelegenen Fabrik.
Am Ende seines Studiums 1835 beherrschte Neumann neben Deutsch und Tschechisch auch Latein, Griechisch, Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch.
Da damals im Bistum Budweis Priesterüberschuss herrschte – mehrere der im Jahr zuvor geweihten Priester hatten noch immer keine Anstellung – wurde für den gesamten Weihejahrgang die Priesterweihe hinausgeschoben.
Für Johann Neumann war es ein harter Schlag, dass er vor seiner Abreise nach Amerika nicht zum Priester geweiht wurde. So konnten seinen Eltern weder an der Priesterweihe noch an der Primiz teilnehmen und er konnte ihnen nicht den traditionellen ersten Priestersegen erteilen.
Aufbruch im Gottvertrauen
Der ursprüngliche Plan, zusammen mit seinem Freund Adalbert Schmidt nach Amerika zu reisen, liess sich nicht umsetzen, da das für die Reise gesammelte Geld kaum ausreichte, um die Kosten auch nur für einen von ihnen zu decken. Johann Neumann beschloss, allein zu gehen. Er verliess seine Heimatstadt am Morgen des 8. Februar 1836, ohne irgendjemandem ausser seiner Schwester Veronica zu sagen, dass er Böhmen verlassen werde; seine Mutter dachte, er würde nur zu einer weiteren seiner Reisen nach Budweis aufbrechen.
Neumann besuchte seinen Bischof Ernest Konstantin Růžička, der ihm zwar den Reisesegen erteilte, nicht aber das notwendige Dimissoriale ausstellte, das die Priesterweihe durch einen anderen Bischof ermöglichte. Johann Neumann blieb zuversichtlich, dass sich die Angelegenheit zu gegebener Zeit klären werde. Sein Freund Adalbert Schmidt, der sich entschieden hatte, als Diözesanpriester in Budweis zu bleiben, begleitete ihn bis nach Einsiedeln.
Seine Reise führte Neumann weiter nach Paris. Dort versprach ihm Andreas Räss, der Leiter des Priesterseminars von Strassburg, an John Dubois, den Bischof von New York, zu schreiben. Als er auch nach Wochen keine Neuigkeiten von Räss erhielt und sein Geld knapp wurde, entschloss sich Neumann, nicht länger zu warten und nach Amerika zu segeln. Nach einer vierzigtägigen Überfahrt kam er am 1. Juni 1836 in New York an – mit zerschlissenen Kleidern und einem einzigen Dollar in der Tasche. Johann Neumann machte sich sofort auf die Suche nach einer katholischen Kirche. Ein Schweizer Wirt wies ihm den Weg zu einer Pfarrei, dessen Pfarrer ihm die Adresse von Bischof Dubois und John Raffeiner, dem Generalvikar der Deutschen in New York, gab.
Neumann war froh zu erfahren, dass der Generalvikar drei Wochen zuvor Andreas Räss geschrieben hatte, dass Neumann als Priester für die Diözese New York angenommen werde. Bischof Dubois forderte ihn auf, sich sofort auf die Ordination vorzubereiten. Als Johann Neumann dem Bischof mitteilte, dass er von seinem Heimatbischof keine Entlassungsschreiben habe, wischte Bischof Dubois diese Schwierigkeit beiseite und sagte: «Ich kann und muss Sie schnell zum Priester weihen, denn ich brauche Sie.» Johann Nepomuk Neumann wurde drei Wochen nach seiner Ankunft in den USA am 25. Juni zum Priester geweiht.
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