Stand eines Schweizer Weihnachtsmarktes (Bild: Niklaus Herzog / swiss-cath.ch).

Mit spitzer Feder

Kafi Luz

Theo­dor Storm hat es geschrie­ben, das wun­der­schöne Weih­nachts­ge­dicht. Es beginnt mit den Worten:

«Von drauss, vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Überall auf den Tannespitzen
sah ich goldene Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit grossen Augen das Christkind hervor.»

Christkind? Eigentlich müsste es gerade hier auf den Weihnachtsmärkten zu finden sein. Diese schiessen wie Pilze aus dem Boden, sind gerade voll im Trend. Das Migros-Magazin widmet den «Schönsten Weihnachtsmärkten der Schweiz» in der neuesten Ausgabe drei volle Seiten: Vom «Prunkvollen» (Einsiedeln) über den «Funkelnden» (St. Gallen) bis zum «Grossstädtischen» (Zürich) ist alles dabei, was das auf den Adventszauber eingestimmte Herz begehrt. Wirklich alles? Nicht ganz, denn vom «Christkind» ist da weit und breit nichts zu sehen. Dabei ist doch die Geburt Christi, die Menschwerdung Gottes, der eigentliche Kern von Weihnachten.

Stattdessen soll eine schier nicht enden wollende Palette von exotischen Speisen den Gaumen erfreuen: Empanadas, Churros, Street Food aus dem Libanon und und und.

«Mit Weihnachten haben die Weihnachtsmärkte immer weniger zu tun. Buddhas statt Hirten», bringt ein sichtlich irritierter Besucher des Winterthurer Weihnachtsmarktes in der Regionalzeitung «Der Landbote» sein Unbehagen auf den Punkt. Mein Augenschein vor Ort bestätigt seinen Befund. Und wenn dann doch noch entfernt an Weihnachten erinnert werden muss, dann in Form dümmlich-infantiler Gags: Mit Bikinis und Badehosen ausstaffierte Engel flattern an Verkaufsständen ziellos herum. Irgendwie ahnt die auf gnadenlosen Kommerz fixierte «nach-christliche» Gesellschaft den Leerlauf dieser mit einem Gemisch aus Raclette-, Glühwein- und asiatischen Räucherstäbchen-Duftnoten zusammen gebrauten Menschheitsbeglückung. Das neue Zauberwort heisst «Magische Momente». Eine neue Glühweinsorte, ein neues E-Zigaretten-Aroma soll Abhilfe verschaffen, soll zu diesem pseudo-religiösen, esoterischen Feeling verhelfen.

Ganz benommen von dieser geballten Ladung Mummenschanz findet mein nostalgie-schweres Herz dann doch noch, wenngleich nur irdische Erlösung: Ein Verkaufsstand bietet «Kafi Luz» an. Ich bestelle gleich einen Doppelten.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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