Kardinal Walter Brandmüller. (Bild: Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=7S768xYQOs0)

Weltkirche

Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler wird 95 Jahre alt

Wenn er es für gebo­ten hält, Neue­run­gen in der Kir­che als Irr­wege zur kri­ti­sie­ren, mel­det sich Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler zu Wort. Das tut er auch im hohen Alter. Am 5. Januar 2024 wird er 95.

Der älteste deutsche Kurienkardinal ist in mancherlei Hinsicht ein Spätberufener. Als Sohn eines katholischen Vaters und einer evangelischen Mutter im fränkischen Ansbach noch in der Weimarer Republik geboren, studierte er katholische Theologie und wurde 1953 in Bamberg zum Priester geweiht. Den weichen fränkischen Tonfall hat er zeitlebens ebenso behalten wie die Vorliebe für edle Weissweine seiner Heimat.

Spezialist für Konzilien(geschichte)
Erst während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) schlägt er eine wissenschaftliche Laufbahn ein und wird 1971 Professor für Kirchengeschichte. Es war vermutlich kein Zufall, dass seine wissenschaftliche Karriere in die Ära der Umwälzungen in der Katholischen Kirche fiel, die sich mit dem sich als Pastoralkonzil verstehenden Zweiten Vatikanum drastisch beschleunigten.

Walter Brandmüllers Spezialgebiet wurden die Konzilien des späten Mittelalters. Die grossen Kirchenversammlungen von Konstanz (1414–1418) und von Basel (1431-1449) hat er genauestens untersucht. Die dort propagierte Theorie des Konziliarismus, die Konzilien mit ihren Mehrheitsbeschlüssen über den Papst stellen wollte, hat er nicht nur aus historischer Sicht aufs Korn genommen. Er hält sie auch heute noch für gefährlich.
Kardinal Brandmüller ist Mitbegründer und Herausgeber der Zeitschrift «Annuarium Historiae Conciliorum».

Ab 1981 war er Mitglied der «Päpstlichen Kommission der historischen Wissenschaften» und von 1998 bis 2006 Präsident der «Internationalen Kommission für vergleichende Kirchengeschichte». Ebenfalls 1998 berief Johannes Paul II. den damals 69 Jahre alten Professor zum Präsidenten des «Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften». Der polnische Papst baute auf das Fachwissen von Walter Brandmüller zur Absicherung eines gewagten kirchenhistorischen Schritts im Jahr 2000.
Es ging um die grosse Vergebungsbitte der Kirche zu Beginn der Fastenzeit des Jahres 2000. Damals bekannte Johannes Paul II. öffentlich die Schuld der katholischen Christinnen und Christen an historischen Vergehen in der Kirchengeschichte – Intoleranz, Spaltungen, Schuld gegenüber dem jüdischen Volk, Verletzung der Würde der Menschen, speziell der Frauen – und bat Gott um Vergebung. Walter Brandmüller und sein Landsmann Joseph Ratzinger sorgten dafür, dass die Worte kirchenhistorisch und theologisch korrekt formuliert waren.

Verteidiger der Lehre
Brandmüller blieb bis 2009 «Chefhistoriker» des Vatikans. Zugleich gehörte er weiter dem Domkapitel des Petersdoms an – woraus auch sein Wohnrecht in einer der «Kanoniker-Wohnungen» im Schatten des Petersdoms resultierte. Zum Kardinal ernannt wurde er erst im Jahr 2010, mit bereits 81 Jahren, durch Benedikt XVI.

Dessen Rücktritt kritisierte er scharf – auch weil er als Kirchenhistoriker um die Gefahr kirchenspalterischer Tendenzen wusste, die eine «Koexistenz von zwei Päpsten» fast zwangsläufig mit sich bringt. Beim Konklave, das im März 2013 den argentinischen Kardinal Bergoglio zum Papst wählte, war Kardinal Brandmüller aus Altersgründen nicht stimmberechtigt.

Im Franziskus-Pontifikat ist der geistig hellwache und bisweilen scharfzüngige Historiker seit fast elf Jahren einer der kritischsten Begleiter des Papstes aus Buenos Aires. An beiden «Dubia-Anfragen», mit denen Kardinäle versuchten, den aus ihrer Sicht theologischen und kirchenrechtlichen Schlingerkurs von Papst Franziskus zu korrigieren, war Walter Brandmüller als Unterzeichner beteiligt.

So zunächst bei der Dubia im Jahr 2016, die sich auf mehrere umstrittene Passagen in «Amoris Laetitia» bezog. Die Kardinäle Raymond Leo Burke, Carlo Caffara, Joachim Meisner und Walter Brandmüller argumentierten, das Dokument könne so interpretiert werden, dass es «eine Änderung der Disziplin der Kirche» in Bezug auf die Ehe und die Sakramente lehrt. Ihre Dubia veröffentlichten sie, nachdem Papst Franziskus auf ihre direkte Anfrage nicht reagiert hatte. Er blieb ihnen bis heute die Antwort schuldig.

Am 11. Juli 2023 reichte Walter Brandmüller zusammen mit den Kardinälen Raymond Burke, Juan Sandoval Íñiguez, Robert Sarah und Joseph Zen in einer «Dubia» fünf Fragen ein, in denen sie um Klärung zu Themen wie der Entwicklung der Lehre, der Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, der Autorität der Synode über die Synodalität, der Frauenordination und der sakramentalen Absolution baten. Dieses Mal antwortete Papst Franziskus, aber nicht in der üblichen Form von «Ja» und «Nein». Aus diesem Grund reichten sie am 21. August eine überarbeitete Fassung der «Dubia» zur Klärung ein.[1] Auch die neuen Antworten von Papst Franziskus vom 2. Oktober waren nicht präzise und konnten die Zweifel der Kardinäle nicht ausräumen.

Im August 2020 kritisierte Kardinal Brandmüller die Gestaltung eines Konsistoriums – eines Treffens von Kardinälen unter Leitung des Papstes –, das Papst Franziskus einberufen hatte. Er argumentierte, die Veranstaltung sei so organisiert worden, dass eine offene Diskussion der teilnehmenden Kardinäle verhindert werde und eine echte Debatte nicht möglich sei.
Gleichzeitig wies er auf die seiner Meinung nach problematische Grösse des Kardinalskollegiums hin. Es sei eine unvermeidliche Folge der Erweiterung des Kardinalskollegiums durch Paul VI. gewesen, dass «Kardinäle kreiert wurden, die keine Erfahrung mit der römischen Kurie und damit mit den Problemen der pastoralen Leitung der Weltkirche hatten»[2].

Dass er unsorgfältig vorbereitete, zu wenig durchdachte kirchliche Reform-Versammlungen wie die «Amazonas-Synode» im Vatikan oder den «Synodalen Weg» in Deutschland scharf kritisierte, überrascht wenig.

Anders als einige Kritiker aus den USA wie Kardinal Raymond Burke oder Bischof Joseph Strickland ist Kardinal Brandmüller bislang nicht zum Objekt päpstlicher Massregelungen geworden. Zuletzt beförderte Franziskus ihn im Jahr 2021 in den protokollarisch sehr hohen Rang eines «Kardinalpriesters».

 


[1] www.swiss-cath.ch/artikel/vor-der-synode-kardinaele-richten-fuenf-fragen-an-den-papst
[2] de.catholicnewsagency.com/news/11617/vollig-sinnloses-verfahren-kardinal-brandmuller-kritisiert-form-von-kardinalstreffen


KNA/Redaktion


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    Hansjörg 04.01.2024 um 17:03
    Ist ja super, dass auch 94 jährige Greise über die Zukunft der kath. Kirche mitbestimmen können. Schade ist nur, dass es keine jungen Kardinäle als Gegengewicht und als Vertreter der heutigen aktiven und jungen Generationen gibt.
    • user
      Michael 06.01.2024 um 07:24
      Seine Eminenz Giorgio Kardinal Marengo ist am 7.6.74 geboren.
      Ganz jung ist das nicht unbedingt, das ist wohl Geschmackssache, ob das jung ist.
      Vorschlag an Sie, @Hansjörg, beten Sie doch zum Kind in der Krippe. Das ist absolut jung und hat in der katholischen Kirche sehr viel zu sagen.
      • user
        Hansjörg 06.01.2024 um 12:37
        Wenn Sie schon den Jüngsten gefunden haben, können Sie ja auch das Durchschnittsalter der Kardinäle nennen.