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Kommentar

Kom­men­tar von Bischof Marian Ele­ganti zum Abschluss­do­ku­ment der Synode

Schon im ersten Satz fällt die Betonung der Taufe auf als Grundlage für die egalitäre Synodalität und Mitbestimmung derjenigen, die bisher nicht mitbestimmen konnten, weil sie keine Bischöfe sind. Durch das Dokument zieht sich viel Weihrauch für das Ereignis selbst, das als Gespräch im Geist – aber wer kann sagen, in welchem? – den Teilnehmern in dankbarer Erinnerung bleibt, wie sie selbst sagen.
Falsch erscheint mir die Berufung auf die Tradition für diese Synode und auf das Konzil, dessen Texte über die hierarchische Verfassung des Volkes Gottes und den Wesensunterschied zwischen allgemeinem und besonderem Priestertum in der neuen Synodalität weder beachtet noch umgesetzt, sondern verwässert werden. Die Synode sollte nach ihrer eigenen Behauptung alle Getauften einbeziehen, aber weder die kaum 1 Prozent der Teilnehmenden am weltweiten synodalen Prozess und noch weniger die in Rom Versammelten können wirkliche Repräsentativität des gesamten Volkes Gottes und des Weltepiskopates beanspruchen. Trotzdem konnten die heissen Themen (neu?) identifiziert werden, die schon seit 50 Jahren hinlänglich bekannt sind.
Ich bin erstaunt über den angeblichen Erkenntnisgewinn. Jeder, der mit den Mechanismen solcher Versammlungen und Meinungsbildungsprozesse vertraut ist, weiss, dass am Ende nicht die Diskussionen, sondern die Redaktionen im Backoffice für das Schlussplädoyer bzw. -dokument den Ausschlag geben, weshalb man genau hinschaut, mit wem (Moderatoren, Relatoren, Redaktoren, Experten) diese Teams besetzt sind. Sie erarbeiten einen finalen Text, der unter grossem Zeitdruck dann in der Schlussversammlung durchgepaukt wird mit Zweidrittelvoten, da Verbesserungen und Korrekturen ohnehin nicht mehr möglich und realistisch sind.
Statt des seitenschweren Overkills an Synodenlyrik würde es genügen, zehn Thesen nach offenen Debatten im Plenum, die für alle nach innen und aussen transparent geführt werden, zur Abstimmung zu bringen und das Ergebnis dem Papst als Empfehlung zu präsentieren. Stattdessen hatten wir Informationsembargo und runde Tische, die voneinander wenig mitbekommen, weil sie sich nur ihrem eigenen Thema widmen durften. So kennen nur wenige die wahren Verhältnisse. Umso mehr Mutmassungen gibt es und vielleicht ein paar Indiskretionen. Damit müssen wir Exkludierten zufrieden sein. Ein Detail am Rande: Sogar diese Circuli minores an runden Tischen werden uns als Abbild des eschatologischen Hochzeitsmahles präsentiert, um der manipulativen Methodologie der neuen Synodalität eine höhere Weihe und die Salbung der Heiligen Schrift zu verleihen. Wie lieblich!

Beim Namen genannt wird auch die Befürchtung vieler Gläubigen, dass die Lehre der Kirche verändert – und die apostolische Tradition verlassen wird. Tatsächlich kann man schon jetzt sehen, wie begründet die Befürchtung ist und sich bewahrheiten könnte. Das egalitäre Mitbestimmungsrecht der Laien auf einer Bischofssynode ist jedenfalls bereits der erste Schritt mit Vorbildcharakter dazu und keineswegs harmlos. Dass Kardinal Schönborn damit keine Probleme hat (Bischofssynode mit nur erweiterter Partizipation), verwundert nicht, bleibt aber substanzlos und opportunistisch. Auch die von den Redaktoren angesprochene weitere Befürchtung der Synodenskeptiker, dass Mehrheitsentscheidungen den kirchlichen und geistlichen Charakter der Leitung der Kirche durch die Bischöfe und Priester verändern und ihre hierarchische Struktur infrage stellen werden, könnte sich als eine sich selbst erfüllende Prophezeiung der synodalen Aktivisten herausstellen. Das übliche Framing, dass bei den Bedenkenträgern vor allem Ängste aufkommen, Macht zu verlieren, ist Vulgärpsychologie der synodalen Redaktoren und keine Theologie wie auf der Seite der Ersteren. Denn für sie geht es um die Sakramentalität des kirchlichen Amtes, die von Christus selbst begründet wurde, nicht um Macht und Machtkontrolle, auch nicht um Ängste, sie zu verlieren.

Mit viel Aufwand wird durch das Paradigma der neuen Synodalität eine neue Gestalt der Kirche propagiert, ja geradezu dekretiert, als hätte die Kirche eine Generalüberholung nötig, die sie von ihrer bisherigen Sündhaftigkeit befreit und als ein mit der Welt versöhntes, gemeinsamen Haus generalsaniert. In ihm sollen auch alle jene behaglich wohnen, die sich bis jetzt durch ihre Lehre und Moral ausgeschlossen und verletzt fühlten. Unter diese Sanierung gehören dann auch Begriffe wie Sünder, Häretiker, Schismatiker, Sodomisten, Ehebrecher u. a., die gemäss dem neuen Glaubenspräfekten besser nicht mehr gebraucht werden sollen, weil sie nur verletzen. Wer kennt das Sprichwort: «Wahrheit tut weh?» Nur die «Missbrauchstäter» werden weiterhin beim Namen genannt.

Die neue Synodalität versteht sich als eine Art Heilungsprozess für die Ausgeschlossenen und bislang nicht Inkludierten, weil die alte Kirche Ross und Reiter benannte, den Sünder liebte, die Sünde klar und unmissverständlich verurteilte. Das gleiche gilt für den Irrtum. So meint man, neues Vertrauen wiedergewinnen und Glaubwürdigkeit wiederherstellen zu können – eine Illusion.

In der Tat erscheint der Begriff der Synodalität – eine weitere im Abschlussdokument genannte Befürchtung – vage und eine Modeerscheinung. Die ausstehende Harmonisierung der angestrebten Neuerungen für die Leitung der Kirche mit dem geltenden Kirchenrecht steht jedenfalls, wie festgehalten wird, noch aus. Wie Bischof Overbeck unumwunden gesteht, wird sie nicht gelingen, ohne dass man mit der Tradition bricht. Er scheint dazu bereit zu sein. Die Beteuerungen der Synodenväter und -mütter, daran nicht zu rühren, erscheinen daneben wie Nebelkerzen. Ob die Synode 2024 so weit gehen wird, bleibt abzuwarten. In diesem Kontext lesen wir im Abschlussbericht: «Es müssen Wege für eine aktivere Beteiligung von Diakonen, Presbytern und Bischöfen am synodalen Prozess im kommenden Jahr entwickelt werden. Eine synodale Kirche kann nicht ohne ihre Stimmen, ihre Erfahrungen und ihren Beitrag auskommen. Wir müssen die Gründe für den Widerstand einiger von ihnen gegen die Synodalität verstehen». Wie richtig und gut geschrieben!

Die Gründe allerdings sind denkbar einfach, schnell genannt und deren zwei:
1. Die neue Synodalität unterminiert die sakramentale Struktur der Kirche, das Bischofs- und das Priesteramt und nimmt ihnen ihr sakramentales Proprium bzw. hindert sie an der Ausübung desselben, nämlich ihrer Vollmachten zu leiten, zu lehren und zu heiligen – ohne durch Mehrheitsentscheide gebunden (wohl aber je nachdem gut beraten) zu sein.

2. Was bis jetzt von der Kirche als wahr und verbindlich verkündet worden war (z. B. in Bezug auf Sakramentalität der Kirche, Bischofsamt, Priesteramt, Unauflöslichkeit der Ehe und Wiederverheiratung, Homosexualität und homosexuelle Partnerschaft, Frauenpriestertum und Frauendiakonat, Mitbestimmung usw.) bleibt es auch in Zukunft und kann durch Gruppenprozesse, Neusprech und Doublespeech nicht überholt werden. Weder Papst noch Synoden besitzen die Vollmacht, die sakramentalen Baugesetze der Kirche zu verändern. That´s it!

Noch ein Letztes: Die Kirche wird nicht erst heute durch den Heiligen Geist geführt, sondern wurde es schon immer. Sie hat aber immer die Geister geprüft, ob sie aus Gott sind. Ob die Gespräche mit dem Geist im synodalen Prozess tatsächlich im Heiligen Geist geführt wurden, wird sich historisch erweisen. Diejenigen, die sich am sichersten waren, dass ihre Ansichten und Reformen vom Heiligen Geist stammten, waren in auffallender Weise – historisch gesehen – Häretiker, Sektierer und Schismatiker – nicht Heilige. Je mehr man es betont, im Geist zu sein, umso verdächtiger wird man. Wir tun es nicht, hoffen es nur und beten darum.


Weihbischof em. Marian Eleganti


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    Meier Pirmin 31.10.2023 um 14:55
    Auch wenn vom Ton her etwas sehr ängstlich von Bischof Eleganti, der seinerseits im kirchlichen Establishment als Aussenseiter gehandhabt wird (was Heiligkeit nicht ausschliessen würde, Père Blanchard, der dem Rang der Heiligkeit am nächsten stehende Priester der Schweizer Kirchengeschichte, war auch ein Aussenseiter) , so bleibt zuzugeben, dass zumindest das Kriterium der Kindertaufe nicht genügt: die Firmung und die monatliche Beichte und die freiwillige Einhaltung der Fasttage wären ein Minimum für die unter diesen Bedingungen gleichwertige Mitsprache der Laien, auch als Herausforderung für Fäulnisphänomene beim Klerus, was zwar gewiss nicht zu verallgemeinern ist.

    Die Kirche ist eine Gemeinschaft der Heiligen, zu deren Eigenschaften es aber immer gehörte, siehe Bruder Klaus, dass sie sich selber nicht so betrachteten, sondern genau zu wissen glaubten, dass sie bei Gott sie im Masse ihrer Bemühungen vielleicht noch grosszügiger als alle anderen auf seine Gnade und Barmherzigkeit angewiesen wären. Noch der Erzmystiker Meister Eckhart, von der Kirche notabene als Ketzer verurteilt, weil seine im tiefsten Kern rechtgläubige Lehre in der Tat schwerverständlich ist, glaubte, dass er, sollte die Hölle "leer" sein, vielleicht als einziger zu dieser bestimmt sein könnte, in dieser Hinsicht der calvinischen Prädestinationslehre nicht völlig abgeneigt und jedenfalls fern vor bloss furchtsamer Höllenpanik wahrhaft gottesfürchtig und ergeben in Gott.

    Aus meiner Praxis als ehemaliger Religionslehrer an einem Gymnasium weiss ich aber, dass die heutigen Gymnasiasten elementarster Kenntnisse über die Lehre der katholischen Kirche entbehren, selbst einer noch der besseren Schüler, der immerhin eine Maturaarbeit schrieb über Reformen in Kirchgemeinden und ehemaliger Ministrant war, hatte nebst den üblichen Mainstream-Themen wirklich keine Ahnung von dem Wesen der Liturgie und der heiligen Messe, ob nun konservativ oder fortschrittlich, das war ihm schlicht nie beigebracht worden. Er hätte sich also trotz seines noch Wohlmeinens als Synodenmitglied der jüngeren Generation wohl kaum geeignet, so wenig wie Historikerin, welche sich im Rahmen ihrer hochbezahlten Untersuchung über die Missbräuche erstmals mit dem Katholizismus befasst haben soll. Eine sog. synodale Kirche müsste zuerst wohl zu einer Bekenntniskirche heranwachsen, wobei aber der dramatische Rückgang heiligmässiger Gläubiger, wovon ich noch einige kennen lernen durfte, z.B. meinen Philosophielehrer am Gymnasium, eine schlechte Grundlage für mehr Synodalität darstellt, wobei aber gerade die Heiligen zu jeder Zeit der Kirchengeschichte eine unbequeme und umso notwendigere Minderheit darstellten. Zugenommen hat in den letzten Jahren meine Achtung vor den Reformatoren, wiewohl diese mit guten Gründen letztlich katholischen Ansprüchen, wie sie ein Erasmus besser verstand als vielleicht alle bisherigen Päpste, nicht genügten. Eine mehr republikanische als monarchistische Kirche könnte ich mir als Leser des Gesamtwerkes des von Rom schikanierten konservativen Schweizer Staatsphilosophen Philipp Anton von Segesser sehr wohl vorstellen.
  • user
    Claudio Tessari 31.10.2023 um 14:26
    Unser lieber Bischof Marian, einer der den Durchblick noch hat, und die Geister prüft. Deo Gratias
  • user
    Stefan Fleischer 31.10.2023 um 11:38
    Oder in Klartext ausgedrückt:
    Was diese selbsernannte "Mehrheit der Volkes Gotte" will, ist eine synodal-demokratische Kirche, welche fest in den Händen ihrer Einheitspartei à la DDR z.B. ist und Gott (vorläufig noch) als konstitutionellern Monarchen toleriert.