Der Beitrag von Martin Brüske erschien zuerst in «Die Tagespost».
Oikonomia – so nannten die griechischen Kirchenväter die «Hauswirtschaft» Gottes. Das kommt von griechisch «oikos», «Haus», und griechisch «nomos», «Gesetz». Das Wort ist älter als sein christlicher Gebrauch und bedeutet eben ursprünglich die «Führung eines Haushalts», «Hauswirtschaft». Auch unser Fremdwort «Ökonomie» leitet sich davon ab. Das Haus Gottes ist aber der ganze Kosmos. Dieses Haus will sein Schöpfer Schritt für Schritt mit seiner Gegenwart erfüllen. Der Weg zu diesem Ziel, den Gott mit seinem Schöpfungshaus dabei durchläuft – das ist zugleich die «Story», die Grunderzählung des christlichen Glaubens, biblisch bezeugt, tausendfach variiert, aber immer mit demselben Plot. Skizzieren wir die Erzählung, um sie dann mit der Frage zu konfrontieren, was wir in den Dokumenten und Impulsen des Synodalen Weges davon finden:
Der Dreifaltig-Eine setzt sich das Haus der Schöpfung in jedem Augenblick gegenüber, um sofort zu beginnen es mit seiner Gegenwart zu erfüllen. Am Ende stehen die neue Schöpfung und das neue Jerusalem, das keinen Tempel und keine Sonne mehr braucht, weil Gottes Gegenwart unmittelbar darin leuchtet. Die Bewohner des Hauses allerdings – als Personen berufen zu liebender Freiheit und freier Liebe – liessen sich beschwatzen («Hat Gott wirklich gesagt…?»), den Besitzer des Hauses für einen bloss am eigenen Gewinn interessierten metaphysischen Immobilienhai zu halten. Ihr scheel gewordener Blick verkannte die Güte Gottes und im tödlichen Projekt der absoluten Selbsterhaltung durch Zivilisation (Turmbau zu Babel) versuchten sie in grotesk-lächerlicher Weise Gottes Schöpfungshaus in eine Festung gegen den ursprünglichen Besitzer zu verwandeln. Als Schöpfungshausbesetzer und Turmbauer bis zum Himmel («was Transzendenz ist, bestimmen wir») fürchteten sie sonst Autonomie und Identität zu verlieren.
Der definitive Anfang vom Ende ist Ostern
Verrückterweise hört der Hausbesitzer nicht auf, die Hausbesetzer mit närrischer Intensität zu lieben. Er liebt ihre Sehnsucht nach Freiheit, auch wenn die Schlange sie in die Falle der Selbstbewahrung gelockt hatte. Er liebt ihre Sehnsucht nach Leben, auch wenn die hausbesetzenden Narren ihre selbstgegrabene löchrige Zisterne (mit der immer zu knappen und faden Brühe) verwechselten mit den Quellen der köstlich frischen Wasser Gottes. Weil der närrisch liebende Gott die trotzigen Kinder seiner Schöpfung nicht durch seine Heiligkeit erschlagen wollte – das wäre die Konsequenz gewesen, wäre er unvermittelt in die Unmittelbarkeit zu seiner Schöpfung eingetreten –, liess er sich die Befreiung aus der Torheit die Kreuzeshingabe seines Sohnes Jesus, des menschgewordenen und gebenedeiten Mittlers, kosten.
Der definitive Anfang vom Ende ist Ostern. Im auferstandenen und erhöhten Jesus ist die Bresche ins himmlische Jerusalem definitiv geschlagen. Wer sich von seinem Geist erfassen lässt und auszieht durch die Bresche, erlebt das grösste Wunder: Das Babel der Verwirrung und Torheit beginnt sich zu verwandeln. Im Exodus des Glaubens gelangt man nicht an einen weltlosen Ort, sondern der, der umkehrt zum lebendigen Gott durch Christus im Heiligen Geist, dem wandelt sich das verwirrte Babel zum neuen Jerusalem, zur erneuerten Schöpfung, zum Ort wahren Lebens und wahrer Freiheit an dem Gott wohnt. Dort verstummt der Lobpreis über dieses Wunder und über den, der es bewirkt hat, nicht mehr.
Das also – in Skizze – ist die Oikonomia, die Hauswirtschaft des dreifaltigen Gottes und die Story, die das Christentum erzählt in tausend Varianten. Sie macht seine Identität aus. Verbindliche Lehre sichert, dass die Story richtig erzählt und die Grundbewegung der göttlichen «Hauswirtschaft» von der Schöpfung zur Vollendung richtig erfasst wird. Wer diese Story und diese Oikonomia verlässt, der hat das Christentum verlassen. Und im christlichen Glauben sind alle neuen Herausforderungen in ihrem Licht zu buchstabieren.
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