(Bild: Edward Cisneros/Unsplash)

Hintergrundbericht

Müt­ter – Für das Leben unersetzlich

Am 14. Mai wird er wie­der gefei­ert: der Mut­ter­tag. Er ist ein kom­mer­zi­el­ler Erfolg für Blu­men­händ­ler, Con­fi­se­rien, Restau­rants und viele mehr. Der ursprüng­li­che Sinn geht dabei oft ver­ges­sen. Doch wie lange wird es noch «Müt­ter» geben?

Der Muttertag, wie wir ihn kennen, wurde 1908 von der Methodistin Anna Marie Jarvis in den USA ins Leben gerufen. Sie hatte am 12. Mai 1907 den zweiten Jahrestag ihrer verstorbenen Mutter gefeiert. Ein Jahr später motivierte sie die Methodistengemeinde, am zweiten Sonntag im Mai wiederum eine Andacht durchzuführen – aber für alle Mütter. Mit viel Engagement erreichte sie, dass 1914 der Muttertag in den USA offiziell eingeführt wurde.

In der Schweiz rief die Heilsarmee 1917 zu einem Ehrentag für die Mütter auf, wobei ihr Aufruf religiös motiviert war. Zunächst war dem Anliegen kein grosser Erfolg beschieden. Erst als sich Floristenverbände, Gärtnerinnen und Konditoren dafür einsetzten, gelang 1930 der Durchbruch.
Als Anna Marie Jarvis die Kommerzialisierung des Muttertages wahrnahm, bereute sie ihren Vorstoss und kämpfte in der Folge erfolglos für die Abschaffung des Feiertages.

Von der Mutter zum gebärenden Menschen
Der Muttertag ist zwar ein rein säkularer Feiertag, es ist aber in vielen Pfarreien üblich, am Muttertag allen Frauen nach dem Gottesdienst eine Blume zu schenken o. ä. Doch damit ist es vielleicht bald vorbei: Anfang Mai erklärte der deutsche Familienberater Stephan Fuchs vom Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er fände einen «Elterntag» sinnvoller als einen Muttertag. «Im Muttertag werden traditionelle Rollenbilder verankert. Er fördert Stereotype.» Und er meinte weiter, ein «Elterntag» inkludiere, dass auch gleichgeschlechtliche Paare Eltern sein können.
In einem aktuellen Pfarreiblatt im Kanton Luzern schreibt ein Seelsorger im Zusammenhang mit dem Muttertag statt von Frauen von «mütterliche Menschen». Eine ähnliche, noch krassere, staatlich dekretierte Variante ersetzt Vater und Mutter durch die Begriffe Elter1 und Elter2. Und selbst im öffentlichen Fernsehen ist von entbindenden oder gebärenden Menschen die Rede statt von Frauen. Den Vogel schoss das ehemalige Frauenmuseum in Aarhus (Dänemark) ab, das jetzt natürlich «Gender Museum» heisst und eine Statue aufgestellt hat, die einen bärtigen, nackten Mann zeigt, der ein Kind an seiner Brust stillt; er stelle ein Symbol der modernen Gesellschaft dar.

Während ein paar wenige unbedarfte Gemüter immer noch naiv glauben, die Genderideologie sei ein Synonym für Gleichberechtigung, kämpfen inzwischen auch Feministinnen gegen diesen «Gendergaga». Die Genderideologie führt einen Frontalangriff auf die (biologische) Frau und besonders auf ihre Rolle als Mutter.
Für Wissenschaftler ist es eine selbstverständliche Tatsache, dass es zwei biologische Geschlechter gibt: Mann und Frau. Dabei gibt es klare körperliche Unterschiede. Der wohl bedeutendste: Nur Frauen können Kinder austragen. Auch wenn inzwischen über Gebärmuttertransplantationen für Männer und künstliche Gebärmuttern geforscht wird – die Frau ist unersetzlich.
 


Mütter feiern heisst, das Leben feiern
Nicht jede Frau kann oder will Mutter werden. Manche Frauen finden ihr Lebensglück in der der Mutterrolle, andere Frauen tun sich (manchmal) schwer damit und einige leiden darunter, dass sie keine Kinder bekommen können. Manche Mütter haben ein Kind oder zwei Kinder, andere eine Grossfamilie. Es gibt Mütter, die zu Hause bei ihren Kindern bleiben, es gibt Mütter, die auch auswärts arbeiten usw. Diese kurze Aufzählung zeigt: Es gibt keine Stereotype, jede Frau und jede Mutter ist anders.

Der Muttertag wäre für die Kirche eine gute Gelegenheit, die Schöpfungstheologie in Erinnerung zu rufen, wonach Gott den Menschen als Mann und Frau erschuf – und er fand es «sehr gut»! (Gen 1,31). Die erste Frau war Eva, deren Namen traditionell mit «die, die Leben spendet» erklärt wird. Muttersein gehört zum Wesen der Frau, wobei dieses Muttersein sowohl im Hinblick auf eigene wie auch auf fremde Kinder oder auch im geistigen Sinn verstanden werden kann.
Feiern wir also unsere Mütter, weil sie uns das Leben geschenkt haben, feiern wir aber auch alle kinderlosen Frauen, die auf ihre je eigene Weise Mutter sind – nicht nur am Muttertag.

Von der Mutterkirche zur Mutter
Es gibt aber auch einen religiös motivierten «Muttertag», der seinen Ursprung in Grossbritannien hat.

Der «Mothering Sunday»[1] ist ein Tag zu Ehren der Mutterkirche, das heisst jener Kirche, in der man getauft und damit ein Kind der Kirche wurde. Er wird seit dem Mittelalter in Grossbritannien, Irland und in einigen Ländern des Commonwealth jeweils am vierten Sonntag der Fastenzeit (Laetare-Sonntag) gefeiert. Dieser auf den ersten Blick seltsame Termin erklärt sich aus den liturgischen Texten, die im Mittelalter am Laetare-Sonntag vorgetragen wurden.
Der Introitus aus Jesaja 66,10-11 und Psalm 122,1 verwendet Bilder des neuen Jerusalem, welche die Kommentatoren der damaligen Zeit mit der Kirche als Braut Christi oder mit der Jungfrau Maria verbinden.
«Freut euch mit Jerusalem und jauchzt in ihr alle, die ihr sie liebt! Jubelt mit ihr, alle, die ihr um sie trauert, auf dass ihr trinkt und satt werdet an der Brust ihrer Tröstungen, / auf dass ihr schlürft und euch labt an der Brust ihrer Herrlichkeit!» Psalm: «Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir gehen.»[2]

In der Lesung (Gal 4,21–31) überträgt der Apostel Paulus die Geschichte von Hagar und Sara auf das neue Jerusalem, das «unsere Mutter» ist, und zitiert Jes 54,1: «Freu dich, du Unfruchtbare, die nie gebar, du, die nie in Wehen lag, brich in Jubel aus und jauchze! Denn die Einsame hat jetzt viel mehr Kinder als die Vermählte.»

Angeregt durch den Psalm des Introitus («Wir wollen in das Haus des Herrn gehen») begannen die Menschen im Mittelalter, an diesem Tag Prozessionen zu ihrer örtlichen «Mutterkirche» zu unternehmen, in der Regel zur örtlichen Kathedrale.

Auch nach der englischen Reformation galten am Laetare-Sonntag die gleichen Lesungen und die Christinnen und Christen gingen in ihrer Mutterkirche in den Gottesdienst, wobei jetzt auch die Pfarrkirche oder die nächstgelegene Kathedrale (als Mutterkirche aller Pfarrkirchen einer Diözese) besucht wurde.

Nachdem der Brauch etwas in Vergessenheit geraten war, erhielt er zu Anfang des letzten Jahrhunderts durch Anna Jarvis neuen Aufschwung. Sie warb vor allem literarisch für den «Mothering Sunday» und erweiterte dabei den Blick von der Mutterkirche auf die eigenen Mütter.

Leider schwappte später der Kommerz-fixierte amerikanische «Mother's Day» auf Grossbritannien über und verdrängte zusehends den christlich inspirierten «Mothering Sunday».
 


[1] Der folgende Text basiert auf https://en.wikipedia.org/wiki/Mothering_Sunday#cite_note-Diller1990-1.
[2] In der heutigen Formulierung wird «Brust der Herrlichkeit» mit «Quelle göttlicher Tröstung» übersetzt.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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