Symbolbild. (Bild: Alexandre Aymard/Unsplash)

Mit spitzer Feder

Nach dem Vatikan-​Besuch: Bun­des­prä­si­dent Ber­set ver­schwin­det auf Französisch

«Auf Fran­zö­sisch ver­schwin­den»: So bezeich­net die Umgangs­spra­che das Ver­hal­ten einer Per­son, die sich nach einem Anlass ohne Ver­ab­schie­dung davon macht. Doch bevor man sich auf diese Art und Weise ver­ab­sen­tiert, muss man zuvor nach Adam Riese auch am Tref­fen teil­ge­nom­men haben.

So geschehen am 9. November 2023, als Bundespräsident Alain Berset im Vatikan Papst Franziskus seine Aufwartung machte. Dabei, so die Mitteilung des Eidgenössischen Departements des Innern, bildete ein wichtiges Gesprächsthema die «Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Umfeld der Römisch-katholischen Kirche in der Schweiz, wie sie Mitte September durch eine Studie der Universität Zürich publik geworden waren». Der Bundesrat erwarte, so die Mitteilung weiter, «eine rasche und gründliche Aufarbeitung sowie in Zukunft wirksame Massnahmen gegen Missbrauch».

Angesichts der Brisanz und Relevanz dieser Thematik stellt sich unweigerlich die Frage: War Bundespräsident Berset überhaupt befugt, in dieser Angelegenheit Verhaltensweisen der Katholischen Kirche anzumahnen, sind doch gemäss Art. 72 Bundesverfassung Abs. 1 die Kantone für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat zuständig. Abs. 2 räumt dem Bund und den Kantonen im Rahmen ihrer Zuständigkeit das Recht ein, Massnahmen zu treffen «zur Wahrung des öffentlichen Friedens zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften». Dass die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche den öffentlichen Frieden zwischen den Religionsgemeinschaften gefährden könnte, kann im Ernst niemand behaupten.

Der von einem rastlosen Verfolgungseifer getriebene Whistleblower Nicolas Betticher will sich damit partout nicht abfinden. Buchstäblich von Pontius bis zu Pilatus klappert dieser Mann alle Instanzen ab, um seine Forderung eines von den Bischöfen unabhängigen Sondergerichts durchzustieren. Er, der selbst liebend gerne Bischof geworden wäre, will dieses Sondergericht vor allem als ein Tribunal verstanden wissen, das die Bischöfe zur Rechenschaft zieht. Es könnte, phantasiert Betticher in seinem übersteigerten Ego, gar «zum Laboratorium für die Weltkirche» werden (vgl. Tages-Anzeiger-Interview vom 5. November 2023).
Eben dieses Sondergericht müsse «mit allen Mitteln» (sic) durchgeboxt werden. Auch die Schweizer Botschaft im Vatikan nimmt er in die Pflicht.

Angesichts dieser brisanten Gemengelage (hat sich der Freiburger Bundespräsident Berset eventuell Forderungen des Freiburgers Betticher in einer Art «frère et cochon-Symbiose» zu eigen gemacht?) ergriff «swiss-cath.ch» das Angebot der Medienstelle vom Berset-Departement, klärende Rückfragen stellen zu können. Die Frage lautete:
«In Ihrer Medienmitteilung vom 9. November 2023 wird erwähnt, dass Bundespräsident Berset in seinem Treffen mit Papst Franziskus auch die sexuellen Missbräuche im Umfeld der Römisch-katholischen Kirche thematisiert habe. Können Sie dazu nähere Angaben machen?»

Die Antwort lautete:
«Besten Dank für Ihre Anfrage. Wie in der Medienmitteilung erwähnt, kamen bei den Treffen mit dem Papst und Kardinalstaatssekretär Parolin die sexuellen Missbräuche im Umfeld der Römisch-katholischen Kirche in der Schweiz zur Sprache. Bundespräsident Berset bekräftigte dabei insbesondere die Erwartung seitens der Schweiz an die Katholische Kirche an eine rasche und gründliche Aufarbeitung sowie in Zukunft wirksame Massnahmen gegen Missbrauch.»

Ein Déjà-vue der Extraklasse! Sprich wortwörtliche Wiederholung dessen, was bereits im ursprünglichen Communiqué gesagt worden ist – that's it.

Im Übrigen liess der zuständige Mediensprecher «swiss-cath.ch» wissen, er sei gerade auf dem Trip nach Paris, um die Teilnahme seines Chefs an der 42. Generalversammlung der UNESCO mit vorzubereiten. «Verschwinden auf Französisch» in Reinkultur, kann man da nur noch sagen.

Irgendwie durchaus logisch, denn dieses Mal soll die Reise von Bundespräsident Berset nach Frankreich komplikationsfrei erfolgen. Im Gegensatz zu seinem Versuch vom 5. Juli 2022, als Hobby-Pilot Berset von der französischen Luftwaffe brüsk zur Umkehr gezwungen wurde.

Chapeau, Monsieur le président – auch wenn dabei die Informationspflicht der Schweizer Regierung – hier wäre Whistleblower Betticher gefordert – auf der Strecke bleibt.

Ps: Dass Bundespräsident Berset dem Papst auch seine extra-matrimonialen Eskapaden gebeichtet hat, ist nur ein böses Gerücht. Obwohl: Die Gelegenheit dazu wäre günstig gewesen. Denn neuerdings soll man im Vatikan auch ohne Reue beichten können.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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