Weihbischof em. Marian Eleganit mit Bischof Vitus Huonder. (Bild: zVg)

Kommentar

Nach­ruf auf Bischof Vitus Huon­der R.I.P.

Weih­bi­schof em. Marian Ele­ganti erin­nert sich an Bischof Vitus Huonder.

Bischof Vitus ist so, wie er gelebt hat, gestorben: als ein Mann des Glaubens. Es gibt keinen Zweifel darüber, dass er Jesus Christus sehr geliebt hat und sich Ihm an erster Stelle als treuer, kleiner Diener verpflichtet fühlte. Ergeben in den Willen Gottes und in völligem Frieden habe ich ihn noch am Sonntag angetroffen. Auch wenn seine Stimme schwach war, hat er gleich die Gebete, die ich gebetet habe, sehr gesammelt mitgesprochen. So durfte ich mich noch auf dem Heimweg von Ulm von ihm mit einer Umarmung verabschieden, wofür ich sehr dankbar bin.

Bischof Vitus wurde von vielen Menschen geliebt und geschätzt. Für sie war er ein Leuchtturm, der in der Brandung der Zeit nicht wankte. Das darf man nicht ausblenden in Erinnerung an die aufgeregte und negative Presse und ständige Polemik, die seine Amtszeit als Bischof von Chur begleitete. Als sein Weihbischof konnte ich ihn von nahe erleben, vor allem bei Sitzungen, Liturgien und Predigten, im Vieraugengespräch, in Telefonaten und Krisensituationen und nach seiner Emeritierung in wirklich freundschaftlichen Begegnungen. Wir haben uns jeweils in einem Restaurant getroffen, zusammen gegessen, und ich habe ihn bei diesen Gelegenheiten «gebrieft». Denn er lebte in Wangs sehr zurückgezogen und die Sozialen Medien waren nicht sein Ding. Er blieb aber interessiert. Man musste über konservative Hilfsmittel mit ihm kommunizieren.

Was viele vielleicht nicht wissen: Bischof Vitus war ein sehr guter Beichtvater mit Betonung auf der zweiten Hälfte des Wortes: Vater. Er war ein sehr geduldiger Zuhörer, der einem nie unterbrochen hat. Seine Ratschläge auf dieser geistlich-sakramentalen Ebene waren wirklich weise, verständnisvoll und absolut nicht streng, sondern klug und gütig – nein: erleuchtet.

In seiner Verkündigung war Bischof Vitus ein verlässlicher Diener der (Glaubens-) Wahrheit. Viele Gläubige schätzten und bewunderten das an ihm. Schläge hat er bereitwillig hingenommen, üble Nachrede und Demütigungen auch. Ich war mit ihm nicht in allen Dingen und Situationen einer Meinung, vor allem nicht in der Zeit, als ich das Seminar in Chur leitete. Aber auch in diesen Situationen konnte ich an ihm einige Seiten seiner Persönlichkeit sehr gut kennenlernen. Retrospektiv kann ich bezeugen, dass ich aus seinem Mund nie das leiseste böse oder abschätzige Wort über einen Menschen, vor allem nicht über seine entschiedenen Gegner, vernommen habe. Er hat einfach nie schlecht über andere Personen geredet, egal, wie sie zu ihm standen. Bei Tisch konnte er humorvoll und situativ sehr ironisch sein, was mich manchmal überraschte. Ich hätte es ihm nicht zugetraut. Aber es war so. Bischof Vitus liess nicht jeden Menschen an sich heran. Im Umgang war er immer freundlich. In Sitzungen konnte er auch einmal eindringlich und entschieden seinen Standpunkt vertreten (sozusagen den «Tarif durchgeben»), ohne aber jemals laut zu werden. Im Gegensatz zu meinem eigenen Temperament war er immer moderat, d. h. selbstbeherrscht. Er konnte lange zuhören. Man durfte die eigenen Argumente vor ihm ausbreiten – minutenlang. Er hat sie angehört, aber eventuell danach das Gegenteil von dem gemacht, was man selbst wünschte. Er behielt seine letzte Unabhängigkeit im Urteilen und im Handeln und liess sich deshalb nicht immer in die Karten schauen, mein Eindruck.

Bischof Vitus war gebildet. Er kannte die Schrift und den Glauben der Kirche. Seine Predigten waren verständlich, schön aufgebaut und tief. Bischof Vitus war immer gut vorbereitet. Er wurde in seinen Stellungnahmen bei Sitzungen im Gegensatz zu mir nie ausschweifend. Er gab seine Meinung auch in extrem aufgeladenen Situationen (z. B. in der Bischofskonferenz) mit kurzen, ruhig vorgetragenen Stellungnahmen. Ebenso kurz antwortete er auf Nachfragen. Damit war von seiner Seite das Thema erledigt und man ging zum nächsten Traktandum über.

Ich denke, dass Bischof Vitus nur wenige Vertraute hatte, jemanden, den er wirklich als seinen Freund betrachtete bzw. dem er auch mehr von seinem Innenleben preisgeben mochte. Er war ein sehr treuer Beter. Rosenkranz und Brevier, Hl. Messe: Da gab es nie die geringsten Abstriche oder Nachlässigkeiten. Er hatte Disziplin und arbeitete wirklich sehr viel und unermüdlich. An jedem Wochenende war er in Pfarreien. Er hat mehr durch seine theologischen und kirchenpolitischen Positionen seine Gegner provoziert als durch seine Persönlichkeit, seinen Charakter und sein Wesen. Letzteres hatte bis zuletzt etwas Kindliches und Frommes im besten Sinn des Wortes. Deshalb mochten ihn die Gläubigen in der persönlichen Begegnung.

Ich unternehme es an dieser Stelle nicht, sein Wirken kirchenpolitisch einzuordnen oder zu bewerten. Darüber will ich auch nicht Richter sein.

Ich blieb immer beeindruckt davon, wie er allen Menschen verziehen hat, soweit ich es beurteilen kann oder mitbekommen habe. Er war nicht nachtragend. Er ging einfach seinen Weg und blieb auf seiner Linie. Er wurde nicht böse auf Menschen, schon gar nicht auf seine entschiedenen Gegner. Insofern war er ein Lamm. Als ein solches habe ich ihn auch im Sterben wahrgenommen: Sanft, ergeben und verinnerlicht.

Er möge in Frieden ruhen und in die Freude seines HERRN eingehen! Er hat immer auf Sein Urteil vertraut. Jenes der Menschen im Gegensatz dazu war ihm nicht wichtig. Ich danke Ihm von Herzen für alles Gute, das er mir getan hat. Ohne ihn hätte ich die grösste Gnade meines Lebens, die Bischofsweihe, nicht empfangen. Ich fühle mich erleichtert, dass er es jetzt «geschafft» hat. Ich hoffe zuversichtlich, dass er in die Freude seines HERRN eingehen durfte. Ich werde ihn mit Liebe erinnern.


Weihbischof em. Marian Eleganti


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Meier Pirmin 05.04.2024 um 09:29

    Namenstagsgedicht in memoriam Bischof Vitus Huonder


    (Die untenstehende Verse, abgewandelt aus dem Oratorium Heiligkreuz, wurden Bischof Vitus vor sieben oder acht Jahren vom Verfasser zu seinem Namenstag am 15. Juni überreicht, von ihm in seiner herzlichen und verbindlichen Art nicht nur anstandsmässig verdankt. Der heilige Vitus ist traditionell einer der meistangerufenen Helfer gegen die Dämonen, vgl. den von Paracelsus beschriebenen Veitstanz, als Modell für Massen-Psychosen.)


    DEM HOCHWÜRDIGSTEN HERRN BISCHOF VITUS ZUM NAMENSTAG


    MOTTO DER HEILIGKREUZVESPER


    Das Kreuz, wer kann es finden?
    Das Kreuz, wer darf es künden?
    Du musst dein Bündel schnüren,
    Willst du es nicht verlieren.


    Der Fürig Mann, das Wilde Heer,
    Soll dich am Weg nicht necken.
    Kein Gottesfreund und Bruder wär'
    Wen solche Zauber schrecken.


    Habt liebe Brüder euren Schlummer,
    Getrost bis an den Morgen!
    Vergesst den Teufel und den Kummer,
    Wen trifft's, für euch zu sorgen?


    Wo sich sonst nichts halten lässt,
    Nicht Weib, nicht Geld und Gut:
    So halten wir am Kreuze fest,
    Getränkt in Christi Blut.


    Das Kreuz hat Rat
    Das Kreuz hat Grund.
    Es weist den Pfad
    Zu jeder Stund.


    Christi Kreuz gibt uns ein Zeichen
    Zum Siegen oder Untergehn.
    Der Entscheidung auszuweichen
    Kann auf Erden nicht bestehn.


    Der Glaube ist das Licht
    Auf unseren Stirnen
    Im Spiegel dieser Firnen
    Vor Gottes Angesicht.


    Text: Pirmin Meier Musik: Carl Rütti; uraufgeführt in der Wallfahrtskirche Heiligkreuz Entlebuch Mai 2013

  • user
    Johanna-Jessica OFS 05.04.2024 um 07:46
    Ich mag mich erinnern, wie unser em. Bischof Vitus Huonder in Eglisau, zu deren Pfarreigemeinschaft mein Heimatdorf gehört, in einem Festgottesdienst die Kirche und den Altar neu eingeweiht hat. Damals war ich noch ein recht frischer Konvertit, der aus der ref. Kirche zur einzig wahren Kirche flüchtete... Es war eine sehr andächtige und würdevolle Hl. Messe, und ich war erstaunt, wie offen, freundlich und umgänglich S.E. anschliessend im Kontakt mit uns Gläubigen war, gar liebevoll und feinfühlig, in der Begegnung mit meinem autistischen Bruder! Er nahm sich viel Zeit,für jeden von uns. Und wir waren an jenem Tag nicht Wenige! Dieser Kontrast zu seiner Öffentlichkeitswirkung ist mir, bis heute, eindrücklich und lebhaft im Gedächtnis geblieben.

    Der HERR gebe (auch) ihm die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihm...🙏🏽🕯️
  • user
    Georgina Bálint 04.04.2024 um 21:58
    Herzlichen Dank für diesen Nachruf!🙏🏻🙏🏻🙏🏻

    S.E. Bischof Vitus gründete unsere Personalpfarrei Hl. Maximilian Kolbe für den römischen Ritus im Kanton Zürich! Nicht auszudenken, welchen Segen er damit über mich persönlich, uns allen, Zürich und darüber hinaus - ja für die ganze Welt brachte! Ewiges vergelts Gott S.E. Bischof Vitus!!! Möge der Herr Sie dafür in Ewigkeit reichlich belohnen!🙏🏻🙏🏻🙏🏻
  • user
    Norbert Raabe 04.04.2024 um 18:24
    Von Herzen ein „Dankeschön!!“ für diesen würdevollen und ehrlichen Nachruf von einem, der dazu berufen ist.
    Eine stille Freude und auch eine Erleichterung nach der Lektüre der altbekannten, halb-informierten Feindseligkeiten auf dem offiziellen Medienportal der Schweizer Bischöfe.
    • user
      Agnes Eilinger-Weibel 05.04.2024 um 12:00
      ...genau meine Gedanken beim Lesen! Danke Hr. Raabe.
      Danke Bischof Marian und Vergelts Gott dem verstorbenen Bischof Vitus. R.I.P
  • user
    Maria Hämmig 04.04.2024 um 14:30
    Bei der Firmung meiner beiden Patenkinder habe ich Bischof Huonder persönlich kennen lernen dürfen. Seine damalige Predigt hat mich sehr beeindruckt, er sagte unter anderem, dass ein Bischof bereit sein muss, seinen Glauben mit seinem Blut zu bezeugen. Diesen starken Glauben hat er vorbildlich gelebt. Bestimmt ist er jetzt im himmlischen Zuhause angekommen.
  • user
    Kurt Wiedmer 04.04.2024 um 09:10
    Danke lieber Bischof Marian für den würdigen Nachruf. Die Unterstützung von Bischof Vitus für Ihre Bischofsweihe unter Papst Benedikt XVI. macht ihn zu einem Gefäß der Ehre Gottes. Dank sei Gott für jeden glaubenstreuen Bischof!