Stilisiertes Schweizer Kreuz des neuen Logos der Postfinance.

Mit spitzer Feder

Olma-​Bratwürste für die Postfinance

Post­fi­nance gibt sich ein neues Logo. Ein «sti­li­sier­tes Schwei­zer Kreuz» soll zukünf­tig das Erschei­nungs­bild unse­rer Bun­des­bank sym­bo­li­sie­ren. So lau­tet zumin­dest die Sicht­weise des Branchen-​Medienportals «per​so​en​lich​.com». Nur: Da muss man schon mit einer fast über­ir­di­schen Phan­ta­sie geseg­net sein, um die­ses neue Logo zum «Schwei­zer Kreuz» hoch­sti­li­sie­ren zu können.

Als Ostschweizer assoziiere ich den neuen Markenauftritt – mit Verlaub – vielmehr spontan mit zwei gelbgefärbten und pikierten, sich gegenseitig den Rücken zukehrenden Olma-Bratwürsten.

Und wie immer: Je nichtssagender und inhaltsleerer so ein reduktionistisches Logo daher kommt, umso mehr wird in eine solche Symbolhülse hinein geheimnisst: Es komme «frisch und modern daher», unterstreiche Postfinance als «dynamisch und innovative Bank in einem wettbewerbsintensiven Markt» und schaffe einen «hohen Wiedererkennungswert für Kundinnen und Kunden», schwärmt der zum Staatspoeten avancierende Postfinance-Verwaltungsratspräsident Marcel Bührer. Mag sein, mag sein, aber mit einem «stilisierten Schweizer Kreuz» hat das neue Logo nun wirklich nichts zu tun.

Für den überfälligen Realitätsbezug ist dankenswerterweise ein anderes Medienportal besorgt: «Postfinance streicht Schweizer Kreuz aus dem Logo», bringt «nau.ch» den Sachverhalt auf den Punkt. Passend zu dieser PR-Maskerade wartet Postfinance mit einer neuen Hausschrift auf. Ihr Titel: «Finance Grotesk». Wenn das kein gutes Omen ist!

Das Ganze könnte unter dem Titel «Verspäteter Fasnachtsgag» schubladisiert werden, würde hinter dem harmlos daherkommenden Vordergrund nicht ein ernster Hintergrund durchschimmern: Der geradezu schwindsuchtartige Verlust der christlichen Substanz unserer Kultur, der sich – Gott sei's geklagt – nicht zuletzt in der Kirche selbst manifestiert. So beispielsweise, als der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Jahr 2016 auf dem Jerusalemer Tempelberg vor der al-Aqsa-Moschee sein Brustkreuz in seiner Hosentasche versteckte, weil er meinte, damit dem Religionsfrieden einen Dienst zu erweisen. Aber auch das Hilfswerk «Fastenaktion» geht seit geraumer Zeit mit einem verstümmelten Kreuz als Logo auf Spendenfang. Der grosse lutheranische Theologe Paul Tillich hat es einmal so formuliert: «Religion ist die Substanz der Kultur und Kultur ist die Form der Religion.» Könnte es sein, dass unsere Kultur deshalb so substanzlos geworden ist, weil sie so religionslos geworden ist?


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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