Swjatoslaw Schewtschuk, Grosserzbischof von Kiew-Halytsch, Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche seit 2011. (Bild: Wikimedia)

Weltkirche

Ope­ra­tion Schadensbegrenzung

Papst Fran­zis­kus hat am Mon­tag Kiews griechisch-​katholischen Grosserz­bi­schof Swja­toslaw Schewt­schuk emp­fan­gen. Im Vor­feld erklärte Schewt­schuk laut einer Mit­tei­lung sei­ner Kir­che, er wolle «den Schmerz des ukrai­ni­schen Vol­kes über­mit­teln und per­sön­lich über die Schre­cken des Krie­ges berich­ten, die das ukrai­ni­sche Volk erlebt».

Für das Oberhaupt der mit Rom verbundenen Kirche ist es der erste Besuch im Vatikan seit Beginn des Ukraine-Krieges. Laut Mitteilung hält sich der Grosserzbischof für einen «Arbeitsbesuch» in Italiens Hauptstadt auf. Neben dem Treffen mit dem Papst soll er auch Gespräche mit Leitern von Vatikanbehörden sowie Botschaftern beim Heiligen Stuhl führen. Zudem sei die Teilnahme an einer Oberenkonferenz von Instituten geweihten Lebens geplant.

Ob eine mögliche Papstreise nach Kiew auch Gegenstand der Gespräche ist, ist bislang unklar. In seinen täglichen Videobotschaften zur aktuellen Situation in der Ukraine rief Schewtschuk wiederholt zu Gebeten dafür auf. In Rom wird derzeit wieder verstärkt über eine mögliche Ukrainereise spekuliert. Franziskus selbst ruft unablässig zum Frieden in dem Land auf. Am Tag seiner Abreise nach Bahrain empfing er drei ukrainische Flüchtlingsfamilien.

Zuletzt im September hatte der Papst zu einem möglichen Ukraine-Besuch gesagt: «Ich hatte vor, dorthin zu gehen. Ich habe den Eindruck, dass es nicht Gottes Wille ist, gerade jetzt zu gehen; aber das werden wir später sehen.»

Grosserzbischof Swjatoslaw Schewtschuk ist das Oberhaupt der mit Rom verbundenen, v. a. in der Westukraine beheimateten griechisch-katholischen Kirche. Sein jüngst beim Papst erfolgter Besuch ist vor dem Hintergrund von dessen Interview zu interpretieren, in welchem er sich gegenüber der italienischen Zeitung «Corriere della sera» zur unbedarften Aussage verstieg, die Nato habe durch ihr «lautes Bellen vor der Tür Russlands» womöglich den Überfall Putins provoziert. Diese wie auch andere Verhaltensweisen des Papstes (so unter anderem seine immer wieder hinausgezögerte, bis dato nicht erfüllte Zusage, Kiew trotz mehrfach wiederholter Einladung einen Besuch abzustatten) haben gerade auch bei in Westeuropa lebenden ukrainischen Katholiken blankes Entsetzen ausgelöst.

Bischof Bohdan Dsjurach, zuständig für die ukrainischen Katholiken in Deutschland und Skandinavien, äusserte sich an einer von «Kirche in Not» organisierten Tagung vom 11. Oktober 2022 in St. Gallen diplomatisch: «Vielleicht hat Papst Franziskus die falschen Berater». Dass er mit dieser Auffassung nicht alleine dasteht, sondern vielmehr die Einschätzung des gesamten ukrainischen Episkopates zum Ausdruck bringen dürfte, lässt sich unschwer aus dem KNA-Hinweis herauslesen, demzufolge Grosserzbischof Schewtschuk nicht nur den Papst, sondern auch die Leiter von Vatikanbehörden sowie Botschafter beim Heiligen Stuhl treffen wolle. Wie überhaupt seine vorab veröffentlichte Mitteilung, er habe die Absicht, «den Schmerz des ukrainischen Volkes zu übermitteln und persönlich über die Schrecken des Krieges zu berichten», unüberhörbar darauf hindeutet, dass er diesbezüglich ein erhebliches Informationsdefizit in der römischen Kurie ortet.

Deutlicher reagierte Nazar Zatorsky, bischöflicher Delegierter der griechisch-katholischen Ukrainer in der Schweiz, der als Priester eine Hierarchiestufe tiefer gegenüber dem «Blick» kein Blatt vor den Mund nahm: «Die ukrainischen Gemeindemitglieder in der Schweiz fühlen sich vom Papst nicht nur im Stich gelassen, sondern geradezu hintergangen.» Die verzerrte Wahrnehmung des Papstes, derzufolge die Nato an diesem Krieg schuldig sei, sei nichts anderes, als wenn man die Soldaten, die Jesus kreuzigten, als Mitgekreuzigte darstelle. Russland sei nicht Opfer, sondern Täter. Bleibt zu hoffen, dass der Besuch des Oberhauptes der griechisch-katholischen Kirche tatsächlich zu einer realitätsgerechteren Einschätzung in der Kurie führen wird.


KNA/Redaktion


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  • user
    Stefan Fleischer 08.11.2022 um 07:17
    Ein Gedanke von heute Nacht:

    Ob es vielleicht so viel Leid in dieser Welt gibt,
    weil wir das Leiden Christi zu unserem Heil
    nicht mehr zu schätzen wissen?