Swissmedic, Eingang bei der Hallerstrasse 7 in Bern © Wikimedia Commons
Hintergrundbericht

Revi­sion des Heil­mit­tel­ge­set­zes: Embryo­nen­ver­wer­tung und Xeno­trans­plan­ta­tion durch die Hintertür

Das Stamm­zel­len­for­schungs­ge­setz (StFG) regelt seit 2005, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen mensch­li­che embryo­nale Stamm­zel­len aus über­zäh­li­gen Embryo­nen gewon­nen und zu For­schungs­zwe­cken ver­wen­det wer­den dür­fen. Nun soll über die Revi­sion des Heil­mit­tel­ge­set­zes (HMG) die Ver­wen­dung embryo­na­ler und föta­ler Zel­len zu the­ra­peu­ti­schen Zwe­cken in der Schweiz erlaubt wer­den. Das wird unter dem Begriff «Arz­nei­mit­tel für neu­ar­tige The­ra­pien» mit­ge­meint, nach dem auch Organe, Gewebe und Zel­len von Tie­ren ver­wen­det bzw. trans­plan­tiert wer­den kön­nen. «Swiss­me­dic» soll als Zulas­sungs– und Auf­sichts­be­hörde zustän­dig sein.

Einige Vorbemerkungen zu «Swissmedic»

«Swissmedic» als Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte wird gemäss des zur Vernehmlassung vorliegenden revidierten HMG für die Bewilligung und Überwachung der massiven Erweiterungen dieses Gesetzes zuständig sein. Dabei ist zu beachten, dass «Swissmedic» ihre Tätigkeiten aus Verfahrensgebühren, Aufsichtsabgaben und Abgeltungen des Bundes finanziert (Art. 77 Abs. 2 HMG).

Geschäftsbericht

2022

2021

2020

2019

Aufsichtsabgabe

55,7 Mio.

62,5 Mio.

58,1 Mio.

56,0 Mio.

Verfahrensgebühren und Erträge

42,3 Mio.

43,3 Mio.

46,0 Mio.

41,5 Mio.

Bundesbeitrag an «Swissmedic»

19,2 Mio.

16,7 Mio.

16,7 Mio.

14,2 Mio.

Jahresgewinn

11,5 Mio.

21,9 Mio.

28,9 Mio.

26,0 Mio.

Eigenkapital

183,3 Mio.

115,3 Mio.

57,8 Mio.

39,0 Mio.


«Swissmedic» erzielte im Jahr 2022 einen Gewinn von Fr. 11,5 Mio. und verfügte per Ende 2022 über ein Eigenkapital von Fr. 183,3 Mio. Die Aufsichtsabgabe, die aus dem Verkauf von Medikamenten resultiert, betrug Fr. 55,7 Mio. Verfahrensgebühren und Erträge nach HMG Art. 69 machten Fr. 42,3 Mio. aus. Fr. 19,2 Mio. betrug der Bundesbeitrag an «Swissmedic». Laut «interpharma.ch» erzielte der Medikamentenmarkt im Jahr 2022 einen Umsatz von Fr. 7,03 Milliarden zu Fabrikabgabepreisen (2023: 7,4 Mia.). Die Aufsichtsabgabe als Haupteinnahmequelle von «Swissmedic» wird auf dem Fabrikabgabepreis der in der Schweiz verkauften zugelassenen verwendungsfertigen Arzneimittel erhoben. Der Abgabesatz beträgt maximal 15 Promille des Fabrikabgabepreises. Damit ist klar, dass «Swissmedic» eine von der Pharmaindustrie abhängige Zulassung- und Aufsichtsbehörde ist, denn je mehr Medikamente verkauft werden, umso grösser die Erträge von «Swissmedic». Sie hat demzufolge ein eminentes Interesse daran, dass Medikamente so bald als möglich und so lange als möglich in den Markt gelangen. Weshalb «Swissmedic» von 2019 auf 2022 ihr Eigenkapital von 39 auf 183,3 Mio. fast verfünffachte und zugleich einen Bundesbeitrag von Fr. 19,2 Mio. kassiert, müsste den Steuerzahlern einmal näher erläutert werden.

Daher ist mein Vorschlag für diese Vernehmlassung, dass Art. 65 des HMG so angepasst wird, dass die Aufsichtsabgabe (von max. 15 Promille auf dem Fabrikabgabepreis) nicht mehr an «Swissmedic», sondern direkt in die Bundeskasse fliesst. Zuerst soll das Eigenkapital von «Swissmedic» durch die daraus folgenden Defizite auf ein vernünftiges Mass abgebaut werden und danach soll der Bund jeweils das Defizit decken. Was von der Aufsichtsabgabe übrig bleibt, soll zur Verbilligung der allgemeinen Krankenkassenprämien eingesetzt werden.

Wie problematisch die Abhängigkeit von der Pharmaindustrie ist, erhellt das unrühmliche Kapitel, das «Swissmedic» während der Coronakrise geschrieben hat: «Swissmedic» hat sich bei der Zulassung der mRNA-Impfstoffe einfach auf die Zulassungsbehörden der USA und der EU gestützt. Was die Nebenwirkungen betrifft, wurden laut «Swissmedic» im Berichtszeitraum 01.01.2021–22.02.2023 236 schwerwiegende Fälle erfasst, bei denen jeweils über einen Todesfall in unterschiedlichem zeitlichen Abstand zur Impfung berichtet wurde. Gemäss «Swissmedic» gab es bei der vertieften Analyse dieser Fälle «auf Basis der jeweils vorliegenden Daten trotz einer zeitlichen Assoziation andere mögliche oder wahrscheinlichere Ursachen, die das Ereignis erklären können». Das «Bundesamt für Statistik» zählte laut SRF vom 22. April 2023 hingegen im Jahr 2021 insgesamt 19 Impftote, weil das beim Totenschein durch den jeweiligen Arzt vermerkt wurde.[1] Zudem haben pathologische Untersuchungen den Zusammenhang mit der mRNA-Impfung mit Myocarditis als Todesfolge aufgezeigt (Clin Res Cardiol 112 (2023) 431–440). Die Weigerung von «Swissmedic», diese Impftoten zu anerkennen, dürfte mit dem Umstand zusammenhängen, dass als Folge die mRNA-Impfstoffe aus dem Verkehr hätten gezogen werden müssen, was wiederum ihre Einkünfte geschmälert hätte.

Die Erweiterungen des Heilmittelgesetzes
Um welche Erweiterungen des Heilmittelgesetzes geht es nun? Ein neuer Bereich sind Arzneimittel für neuartige Therapien, die aus menschlichen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt werden (Art. 41a-l). Das betrifft auch Stammzellen aus überzähligen Embryonen oder embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen. Demzufolge wird auch der Umgang mit überzähligen menschlichen Embryonen im HMG näher bestimmt. Darüber hinaus geht es auch um neuartige Therapien, die aus tierischen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt werden und für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind. Ein Anwendungsbereich ist somit die sogenannte Xenotransplantation[2], die mit massiven Risiken verbunden ist: die akute Immunabwehr und das Einschleppen von Viren, die für den Menschen tödlich sein können.

Nirgends im 92-seitigen erläuternden Bericht zum HMG wird ein Beispiel eines Arzneimittels dieser neuartigen Therapien vorgestellt. Im fachlichen Sprachgebrauch werden sie «Advanced Therapy Medicinal Products» genannt.
Mehr Licht in die Angelegenheit bringt ein Bericht, der über die Webseite des «Bundesamtes für Gesundheit» (BAG) heruntergeladen werden kann. Auch dieser geizt mit konkreten Beispielen, liefert aber immerhin einen Link (https://perma.cc/56M3-HENL) zu den derzeit 18 in der EU zugelassenen Arzneimitteln für neuartige Therapien. Dazu gehört Hemgenix®, das 3,5 Millionen US-Dollar pro Spritze kostet und Hämophilie-B (im Volksmund Bluterkrankheit) heilen soll. In der Schweiz gibt es etwa 700 Personen, die von der Bluterkrankheit mehr oder weniger schwer betroffen sind. Zur selben Preisklasse gehört Roctavian®, das mit einer einmaligen Infusion appliziert wird und in den USA 2,9 Mio. USD kostet. Es ist eine Gentherapie gegen Hämophilie A, eine genetisch bedingte Blutstörung, bei der ein wichtiger Gerinnungsfaktor (VIII) fehlt. Hinzu kommt Upstaza®, ebenfalls eine Gentherapie mit 2 Millionen Euro für eine einzige Spritze. In der folgenden Tabelle sind einige dieser 18 Arzneimittel aufgelistet.
 

Markenname

EU-Zulassung

Preis pro Injektion/

Anwendung

Behandelte Krankheit

Hemgenix®

2023

3,5 Millionen USD

Hämophilie-B (Bluterkrankheit)

Roctavian®

2022

2,9 Millionen USD

Hämophilie-A (Gerinnungsstörung)

Upstaza®

2022

2,8 Millionen EUR

Gentherapie bei metachromatischer Leukodystrophie (MLD), nur Linderung keine Heilung!

Carvykti®

2022

465 000 USD

Krebserkrankung des Knochenmarks

Zolgensma®

2020

2,1 Millionen CHF

spinale Muskelatrophie bei Kindern

Luxturna®

2018

450 000 USD

Pro Auge bei genetisch bedingter Netzhautdystrophie

Strimvelis®

2018

594 000 EUR

Pro Anwendung bei genetisch bedingter Immunschwäche

Spherox®

2017

15 699 EUR

Suspension für Arthroskopische Knorpelzelltransplantation

Holoclar®

2015

120 000 EUR

Stammzellentherapie zur Erneuerung der Hornhaut der Augen


Eine Durchsicht der 18 Arzneimittel hat ergeben, dass wohl keines auf embryonalen oder fötalen Zellen beruht. Vielfach werden patienteneigene Zellen aufbereitet und evtl. zusätzlich genetisch verändert und wieder zurückgegeben oder es handelt sich um gespendete Zellen. Von daher gesehen und erst recht aufgrund der ethischen Problematik muss der ganze Bereich (Art. 41f bis l), der alles regelt, was überzählige Embryonen oder embryonale oder fötales Gewebe oder Zellen betrifft, aus dem HMG entfernt werden. Entsprechend müssen auch Art. 2 und Art. 3, die den Gegenstand des Gesetzes behandeln, angepasst werden.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass laut des erläuternden Berichtes ein Grossteil der Strafvollzugskompetenzen im Bereich der Arzneimittel für neuartige Therapien von den Kantonen zur «Swissmedic» übertragen werden (S. 78).

Zusammen mit dem HMG soll auch das Transplantationsgesetz angepasst werden. Dieses enthielt schon vorher in Art. 37 und 38 Bestimmungen, in denen es um Transplantationen von fötalem Gewebe oder Zellen geht. Schon aus ethischen Gründen müsste man diese Artikel streichen. Es gibt aber auch medizinische Gründe. Sowohl bei embryonalen wie auch fötalen Zellen und Geweben besteht die Problematik der akuten Immunabwehr. Das ist immer noch nicht gelöst: Man erinnere sich an die Heilsversprechen im Zusammenhang mit der Volksabstimmung über das Stammzellenforschungsgesetz im Jahr 2004. Embryonale Zellen seien «Alleskönnerzellen», mit denen man schwere bisher nicht heilbare Krankheiten bekämpfen könne. Bundesrat Pascal Couchepin nannte Diabetes, Parkinson, Alzheimer und Verletzungen des Rückenmarks als Beispiele. Im Jahr 2012 veröffentlichte das BAG dazu einen Evaluationsbericht. Demnach wurden bis Ende 2010 elf Gesuche zu einem Forschungsprojekt bewilligt, meist mit importieren embryonalen Stammzellen. Wie den Daten (Stand 24.2.2023) des «Bundesamtes für Statistik» zu entnehmen ist, wurden letztmals im Jahr 2015 sogenannte überzählige Embryonen für die Gewinnung von Stammzelllinien verwendet, d. h. zweckentfremdet. Es waren insgesamt vier (2014: 6; 2012: 10; 2011:21). Man wird nüchtern feststellen müssen, dass dieser Forschungszweig ein eigenes Gesetz niemals rechtfertigte.

mRNA-Impfungen für Tiere?
Weniger im Vordergrund, aber ebenfalls bedeutsam ist der ganze Tierarzneimittelbereich, der neu ebenfalls im HMG geregelt wird. Auch für Tiere sollen Arzneimittel für neuartige Therapien zugelassen werden – mit ähnlichen Kosten wie beim Menschen? «Swissmedic» wurde am 1. Januar 2023 die Zulassung als auch die Kontrolle der Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von immunologischen Tierarzneimitteln übertragen. Bisher war dafür das «Institut für Virologie und Immunologie» IVI zuständig. Damit kann «Swissmedic» auch über die Zulassung von mRNA-Impfstoffen in der Veterinärmedizin entscheiden. Bis jetzt gibt es noch keine Zulassungen, doch was «Swissmedic» für den Menschen gut fand, dürfte in absehbarer Zeit auch bei Tieren zum Einsatz gelangen.

HLI-Schweiz setzt sich gegen dieses revidierte Heilmittelgesetz ein und beteiligt sich entsprechend an der Vernehmlassung.
 

Dieser Artikel erscheint demnächst im HLI-Report 121, www.human-life.ch.
 

Quellen
Vernehmlassung zum Heilmittelgesetz: https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2023/72/cons_1
Picecchi, BSS, RFA Heilmittelgesetz: Advanced Therapy Medicinal Products. Schlussbericht vom 29.9.2023: www.bag.admin.ch/bag/de/home/medizin-und-forschung/heilmittel/revision-hmg-2023.html

 


[1] www.srf.ch/news/schweiz/todesursachen-statistik-covid-impfung-behoerden-sind-sich-uneins-ueber-anzahl-todesfaelle
[2] Xenotransplantation ist eine Übertragung (Transplantation) von lebenden Zellen, Geweben oder Organen zwischen Individuen verschiedener Spezies.


Roland Graf
swiss-cath.ch

E-Mail

Dr. Roland Graf ist Pfarrer in Unteriberg und Studen (SZ). Er hat an der Universität Augsburg in Moraltheologie promoviert und war vor seinem Theologiestudium als Chemiker HTL tätig.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Daniel Ric 18.02.2024 um 08:30
    Vielen Dank für den Artikel. Der einfache Bürger weiss leider viel zu wenig über solche Zusammenhänge Bescheid. Die moderne Medizin hat sicherlich viel Positives geleistet, jedoch ist es wichtig, kritisch zu sein und auch die monetären Interessen, die im Gesundheitswesen vorherrschen, zu entlarven.