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Mit spitzer Feder

Sagen, was ist

0,27 Pro­zent; 0,54 Pro­zent; 0,66 Pro­zent: Wer bei die­sen Zah­len spon­tan an Alkohol-​Tests der Ver­kehrs­po­li­zei denkt, liegt grund­sätz­lich rich­tig. Aber eben nur grund­sätz­lich. Tat­säch­lich han­delt es sich dabei um den pro­zen­tua­len Anteil jener Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken, die an der von den Bis­tü­mern Chur, St. Gal­len und Basel ange­ord­ne­ten Umfrage zum syn­oda­len Weg teil­ge­nom­men haben.

Im Bistum Freiburg, Lausanne Genf waren es hochgerechnet 0,46 Prozent, für die Bistümer Sitten und Tessin liegen keine belastbaren Vergleichszahlen vor. Es macht die Sache nicht besser, dass im grossen Kanton das Kirchenvolk gar nicht erst in den Befragungsprozess einbezogen wurde. Dort kreierten die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee (nomen est omen) der deutschen Katholiken ein aus Regionenkonferenzen, Synodalforen, Synodalpräsidium und Synodalversammlung bestehendes Bürokratiemonster, das der Weltkirche vorgeben will, wohin die Reise geht.

Ein mehr als ernüchterndes Fazit also – zurückzuführen vor allem darauf, dass der Zeitraum für die Befragung äusserst knapp bemessen und der Befragungsmodus ebenso kompliziert wie aufwendig aufgegleist wurde. Das ganze Befragungsprozedere fühlte sich an wie eine Bussübung nach den Vorgaben eines vorkonziliaren Beichtspiegels. Dass sich kath.ch-Rauch und seine Blockflöten über diesen nicht ganz unwesentlichen Fakt ausschwiegen, fügte sich bündig in den selektiven Wahrnehmungs-Journalismus dieses Mediums. Befremdender ist da schon, dass in einem doppelseitigen Interview des Zürcher Pfarrblatts forum mit Bischof Felix Gmür die unterirdische Beteiligungsquote ebenfalls mit Schweigen übergangen wurde. Auf die Frage, ob ihn Themen in dem nach Rom geschickten Schweizer Synodenbericht überrascht hätten, gab Bischof Gmür zur Antwort: «Nein ... Die Verantwortlichen der Bistümer, der Landeskirchen, von Vereinigungen, Verbänden und Universitäten waren dabei. Das ist das Schöne: Wir waren alle (sic!) involviert und wir wissen voneinander.» Weniger schön ist, dass Bischof Gmür in seinem Statement das Kirchenvolk mit keinem Wort erwähnte. Zu Recht nicht erwähnte, muss man hinzufügen, denn eben dieses Kirchenvolk blieb bei der Befragung buchstäblich «draussen vor der Tür». Der Churer Bischof Bonnemain war angesichts der Quasi-Totalabstinenz der Basis immerhin, wenn auch auf seine Weise, um Schadensbegrenzung bemüht: «Es geht nicht um Repräsentativität, sondern darum, die Stimme der Gläubigen zu erfassen, sofern sie bereit sind, sich zu äussern.»

Diese Bagatellisierung oder gar Negierung der kirchlichen Basis-Abstinenz ist mehr als nur eine Unterlassungssünde. Denn immerhin haben die Bischöfe und ihre Entourage in Abstimmung mit kantonalkirchlichen Gremien im «Namen der Kirche Schweiz», mithin der Gesamtheit der Gläubigen, in Rom ihren Forderungskatalog deponiert. Irgendetwas von diesem Etikettenschwindel dürfte inzwischen auch Papst Franziskus mit bekommen haben, hat er doch mit Datum vom 16. Oktober 2022 eine Verlängerung des synodalen Prozesses um ein volles Jahr angeordnet – dies ausdrücklich verbunden mit dem Hinweis, wonach das ganze Volk Gottes aufgerufen sei, sich an diesem Prozess zu beteiligen.

«Sagen, was ist – auch und gerade zu Themen, die in der hiesigen Medienlandschaft marginalisiert oder ganz ausgeblendet werden»: So lautet das Leitmotiv von swiss-cath.ch. Angesichts des flächendeckenden Schweigens der kirchenoffiziellen Medien könnte es aktueller nicht sein.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Johannes Tschudi 25.11.2022 um 10:25
    Die Beteiligung stand jedem Katholiken offen. In diesem Kommentar klingt es fast so, als hätte man das "Fussvolk" absichtlich ausgeschlossen, was nicht der Fall war.
    Die unterirdische Beteiligungsquote sollte vielleicht mal noch in das Verhältnis mit den aktiven Katholiken gesetzt werden und nicht einfach mit jenen auf Papier. Wenn man von der realistischen Schätzung ausgeht, dass vielleicht noch ca. 5% der Schweizer Katholiken sonntags in die Kirche gehen, dann entsprechen diese 0.5% doch immerhin einer 10%-Beteiligung, was doch einen gewissen Repräsentativitätsanspruch haben darf.
    • user
      Kirchenkätzchen (M. Dahinden, Riemenstalden) 25.11.2022 um 16:13
      Sie können mir jetzt sicher erklären, wo und wann sich z. B. meine Person in die permanente Räubersynode hätte einbringen können.
  • user
    Heinz Angehrn (SKZ) 25.11.2022 um 10:06
    Lieber Herr Herzog.
    Ich denke, Sie würden Sich noch wundern, welche Ergebnisse wir zu lesen bekommen hätten, wenn alle Mitglieder der Pfarreien und Kirchgemeinden zur Teilnahme verpflichtet gewesen wären! Die kleine Gruppe der sich freiwillig in dieser Sache Engagierenden sieht nämlich theologische und ekklesiologische Nöte und Notwendigkeiten, sieht auch die Verpflichtung der Weltkirche, universal-umfassend zu denken und zu entscheiden.
    Hätten alle mitwirken müssen, nach unserem katholischen Verständnis also alle ab 16 Jahren, auch die Nicht-Schweizer, hätten wir nach meinen Erfahrungen am letzten Arbeitsplatz, der Seelsorgeeinheit St.Gallen West-Gaiserwald mit knapp 10'000 Katholiken/innen Mehrheiten weit über 80% für die Weihe der Frau, für die Aufhebung des Pflichtzölibats, für eine neue Sexualmoral und gegen eine rein hierarchische Kirche gehabt.
    So nimmt mich schon wunder, welche erlesene Gruppe von Eingeweihten Sie mitentscheiden lassen möchten, damit Sie zu den Ihnen genehmen Ergebnissen kommen!
    • user
      Kirchenkätzchen (alias Dahinden, Riemenstalden) 25.11.2022 um 16:11
      Und auch in Ihre Richtung ergeht der Hinweis, dass Mehrheit nicht gleich Wahrheit ist und dass unser Herr das Kreuz a l l e i n e auf die Schulter nahm.
  • user
    Don Michael Gurtner 24.11.2022 um 13:49
    Die niedrige Beteiligung zeigt zwei Dinge auf:

    1) in Wirklichkeit interessiert es die Leute nicht im Geringsten daß die Kirche synodal wird (und sich damit von ihrer eigentlich von Christus eingestifteten hierarchischen Verfaßtheit loslöst und sich selbst eine andere, menschlich abgestimmte Form gibt), und

    2) die ganz wenigen die mitgemacht haben sind zwar laut, aber arbeiten sich an den immer gleichen Themen ab. Sie wollen eine von Grund auf andere Kirche, die zwar dem Namen nach katholisch ist, aber nicht mehr dem Inhalt nach.

    Es ist wie die falsch beschriftete Marillenmarmelade die auch nicht zur Erdbeermarmelade wird nur weil man das Etikett nicht ändert.
  • user
    Stefan Fleischer 24.11.2022 um 10:08
    Ein synodaler Prozess zur Lösung unserer Probleme wäre ja nicht schlecht. Es müsste dabei aber um das gehen, was Gott will und nicht einfach um das, was wir Menschen wollen. Es müsste darum gehen, Gott wieder immer und überall ins Zentrum zu rücken und die Verweltlichung der Kirche wirksam zu bekämpfen.
    Im Übrigen aber denke ich, was dem Menschen heute fehlt, was er sucht und was ihn auch wieder zur Kirche führen würde, ist eine gute Gottesbeziehung auf der Basis des ganzen, unverfälschten und überzeugt und überzeugend bezeugten Glaubens unserer Kirche. Solange die Kirche aber nicht mehr zu wissen scheint, was sie dem einfachen Volk nun als Wahrheit verkünden will und was nicht mehr, ist ihr nicht zu helfen.
  • user
    stadler karl 24.11.2022 um 08:31
    Das "Volk Gottes" lässt sich inzwischen kaum mehr mobilisieren. Vieles spricht aber dafür, dass die im synodalen Prozess für ursächlich gehaltenen Gründe nicht einmal entscheidend ins Gewicht fallen. Dieses Phänomen sollte aber auch all jene, die beharrend dem synodalen Prozess ablehnend gegenüber stehen, nicht weniger verunsichern.