Kanzel in der reformierten Kirche in Thusis (Bild: Wikipedia/Xenos).

Mit spitzer Feder

Sie können’s ein­fach nicht las­sen, die refor­mier­ten Pfarrerssöhne

Sie heis­sen Hugo Stamm, Peter Rothen­büh­ler und Simon Hehli. Ihre gemein­sa­men Nen­ner: Alle drei sind Söhne pro­tes­tan­ti­scher Pfar­rer und sind vom uner­müd­li­chen Eifer beseelt, einem Thema ihre beson­dere Auf­merk­sam­keit ange­dei­hen zu las­sen, das da heisst: die katho­li­sche Kirche.

Als erster wäre da Hugo Stamm zu nennen. Als selbst der Tages-Anzeiger von seiner Sekten-Kolumne genug hatte, fand er beim Online-Portal watson.ch Unterschlupf. Geblieben ist sein Bannstrahl, vor dem nichts verschont bleibt, was die blutleere, kopflastige und lebensferne protestantische Universitätstheologie übersteigt. Ein Elaborat jüngeren Datums: «Wenn Seliggesprochene nicht ganz so heilig sind» – Stamm zielte damit treffsicher auf eine Thematik, die bei so manchen Protestanten allergische Reaktionen zu evozieren pflegt.

Peter Rothenbühler, langjähriger Chefredaktor der Ringier-Zeitschrift «Schweizer Illustrierte», zog in der Weltwoche-Ausgabe vom 20. Dezember 2023 gegen den aktuellen Bischof der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg vom Leder («Lieber Charles Morerod»).

Und da wäre noch – last, but not least – Simon Hehli, der sich gefühlt in 80 Prozent seiner Beiträge katholischen Vorgängen und Ereignissen widmet. Er läuft vor allem dann zur Hochform auf, wenn er vermeintliche oder tatsächliche Konflikte aufzuspüren erhofft. Dabei kann er mitunter auch gewaltig übers Ziel hinaus schiessen. So, als er seinen Beitrag zum bevorstehenden Besuch des Papstes in Genf mit dem Titel überschrieb: «Dem Bistum Genf droht wegen des Papstbesuchs der Konkurs» (NZZ-Ausgabe vom 16. Juni 2018). Unlängst gerieten die sexuellen Missbrauchsvorwürfen ausgesetzten Pius-Brüder auf seine Abschussliste. Garniert wurde der ganzseitige Beitrag mit einem suggestiven Foto auf der Frontseite der jahrzehntelang ausgesprochen bilderfeindlichen NZZ. Und dies just am 25. Januar 2024, dem Tag der Präsentation der Studie zu sexuellen Missbräuchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland mit ihren schockierenden Befunden («Das protestantische Beben» kommentierte die «Zeit»).

Und damit kommen wir auf den Punkt. Die Gelegenheit wäre jetzt ausgesprochen günstig: Wie wäre es, wenn sich dieses Trio die Frage angedeihen liesse, wie die Evangelische Kirche in der Schweiz mit ihrer eigenen Missbrauchsproblematik umgehen wird, umgehen soll. Denn unter dem Druck der Ergebnisse der Studie im Umfeld der Evangelischen Kirche in Deutschland zeichnen sich bereits erste Konfliktlinien ab: Mit der Schlagzeile «Der Sache einen Bärendienst erwiesen» reagierte das Medienportal ref.ch auf das Postulat der obersten Schweizer Protestantin Rita Famos, die Aufarbeitung der eigenen Missbrauchsgeschichte mittels einer unabhängigen Studie sei nun unumgänglich.

Es ist dies ein immer noch brachliegendes und gerade deshalb journalistisch dankbares Feld. Wer wäre besser prädestiniert, es zu beackern, als protestantische Pfarrerssöhne?


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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