Auf Einladung von «Kirche in Not (ACN)» weilt der koptisch-katholische Priester und Professor für das Alte Testament Kamil Samaan einige Tage in der Schweiz. Er besucht verschiedene Gemeinden, feiert mit ihnen die heilige Messe und informiert über die komplexe Lage der Christen in seiner Heimat. Swiss-cath.ch sprach mit ihm.
Pater Kamil Samaan, sind in Ägypten Christen und Muslime mittlerweile rechtlich und politisch gleichgestellt?
Kamil Samaan: Ja und Nein. In gebildeten, wohlhabenden Kreisen der Gesellschaft ist es ein Anliegen, die Gleichstellung auf allen Ebenen durchzusetzen. Jedoch sitzt die Feindseligkeit den Christen gegenüber seit Jahrhunderten tief im Bewusstsein der muslimischen Bevölkerung. Das zu überwinden, braucht viel Zeit. Man kann also sagen, dass Christinnen und Christen politisch als gleichwertig betrachtet werden, dies im Leben der normalen Bevölkerung jedoch noch nicht realisiert ist.
Wie sieht es im Alltag, im normalen Leben der Menschen aus? Wie ist das Verhältnis zwischen den Religionen?
Es kommt sehr auf den Ort und die zahlenmässige Verteilung der religiösen Zugehörigkeit an. Wie gesagt ist in gebildeten städtischen Kreisen das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen meistens gut. Auf dem Land hingegen ist es schwieriger. So gab es stets massiven Widerstand, wenn ein Christ in ein politisches Amt gewählt wurde. Da gingen die Muslime vehement auf die Barrikaden, um den Amtsantritt zu verhindern. Ebenfalls gab es in der Vergangenheit in ländlichen Regionen zahlreiche gewalttätige Übergriffe im Alltag und massive Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt gegenüber Christinnen und Christen. Aber auch auf dem Land ist es lokal sehr unterschiedlich. So hat mein Geburtsort Assiut etwa 5000 Einwohnern. Ungefähr die Hälfte davon sind Christen und die Hälfte Muslime. Während der Revolution, als viele Christen ermordet und Kirchen angezündet wurden, haben die Muslime des Ortes eine Kette um die Kirche gebildet, um sie zu schützen. In der Stadt Beni Suef mit vergleichbarer Zusammensetzung wurde eine vorzügliche Schule, die von Franziskanerinnen geführt wurde, angezündet. Muslime und Christen des Ortes hingen sehr an dieser Schule, doch den Extremisten war das egal. Diese christliche Institution war ihnen ein Dorn im Auge. Sie sehen, es ist sehr unterschiedlich, aber im Allgemeinen nehmen die Übergriffe ab.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Obschon mindestens 50% aller Angehörigen der kath. Kirche Frauen sind, sind sie innerhalb dieser Kirche nicht gleichberechtigt und nicht gleichwertig.