Der getötete Seminarist Michael Nnadi wird beerdigt. (Bild: «Kirche in Not» (ACN))

Weltkirche

So wach­sen Nige­rias Mön­che und Semi­na­ris­ten ange­sichts ihrer Ver­fol­gung im Glauben

Das ver­gan­gene Jahr 2023 war ein schwie­ri­ges Jahr für Fra­ter Peter Ola­re­waju, einem Pos­tu­lan­ten des Bene­dik­ti­ner­klos­ters in der nige­ria­ni­schen Diö­zese Ilo­rin. Er wurde zusam­men mit zwei ande­ren Mön­chen des Klos­ters ent­führt. Fra­ter Ola­re­waju wurde bru­tal gefol­tert; und er musste mit anse­hen, wie sein Mit­bru­der, Fra­ter God­win Eze, ermor­det wurde.

Nach seiner Freilassung sagte Frater Olarewaju, seine Entführung sei ein Segen gewesen, da sie seinen Glauben gestärkt habe. Er sagte sogar, er wisse nun: Er sei bereit, für seinen Glauben zu sterben.
«Ich bin bereit, als Märtyrer in diesem gefährlichen Land zu sterben. Ich bin jeden Moment bereit, für Jesus zu sterben. Ich fühle das sehr stark», erklärte Frater Olarewaju in einem Interview mit ACI Africa am 26. November 2023, wenige Tage nachdem er befreit worden war.
Die Täter waren offenbar erneut extremistische Fulani.

Das Glaubenszeugnis des Mönchs ist kein Einzelfall in Nigeria, wo die Zahl der Entführungen eskaliert, die sich gezielt gegen Seminare und andere christliche Bildungsstätten richtet.

Die Entführer bringen nicht wenige Opfer um. Aber Katholiken, die eine Geiselnahme überleben, werden von dieser Erfahrung in ihrem Glauben und ihrer Treue zu Gott nicht erschüttert.

Im Gegenteil: Diejenigen, die die Tortur überlebt haben, kehren bestärkt zurück in der Gewissheit, dass sie bereit sind, für ihren Glauben zu sterben.

Der Seminarist Melchior Maharini, ein Tansanier, der im August vergangenen Jahres zusammen mit einem Priester der «Gemeinschaft der Afrikamissionare» (bekannt als Weisse Väter aufgrund ihres Ordensgewands) in der Diözese Minna entführt worden war, sagte, dass das Leid, das er in den drei Wochen seiner Gefangenschaft ertragen musste, seinen Glauben gestärkt hat. «Ich spürte, wie mein Glaube stärker wurde. Ich akzeptierte meine Situation und übergab alles Gott», so der Seminarist am 1. September 2023 gegenüber ACI Africa.

Viele andere Seminaristen in Nigeria wurden von radikalislamischen Boko Haram-Kämpfern, den Fulani-Hirten und anderen Dschihadisten und Gruppen entführt, die in Afrikas bevölkerungsreichstem Land operieren.

Im September vergangenen Jahres wurde der Seminarist Na'aman Danlami bei einer missglückten Entführung in der Diözese Kafanchan lebendig verbrannt. Wenige Tage zuvor war der Seminarist Ezekiel Nuhu aus der Erzdiözese Abuja entführt worden, der seinen Urlaub im Süden Kadunas verbrachte.
 


Im Oktober 2021 wurde das Hauptseminar «Christus König» der Diözese Kafanchan angegriffen und drei Seminaristen aus der Einrichtung entführt. Und im August vergangenen Jahres schilderte der Seminarist David Igba gegenüber ACI Africa, wie er dem Tod ins Auge blickte, als ein Auto, in dem er auf dem Weg zum Markt in Makurdi unterwegs war, von Fulani mit Handfeuerwaffen beschossen wurde.

Bei einem der Anschläge, die im Jahr 2020 weltweit verurteilt wurden, wurde der Seminarist Michael Nnadi brutal ermordet, nachdem er zusammen mit drei anderen aus dem Priesterseminar vom Guten Hirten im Bistum Kaduna entführt worden war. Die Entführer gestanden, dass sie den Seminaristen Nnadi töteten, weil er nicht aufhörte, ihnen den christlichen Glauben zu predigen und sie furchtlos zur Bekehrung aufrief.

Nach der Ermordung des Seminaristen Nnadi setzten seine Gefährten, die die Entführung überlebt hatten, ihre Priesterausbildung in einem anderen Seminar fort.

Während die Christenverfolgung in Nigeria wütet, haben Ausbilder der angehenden Priester ACI Africa von einer aufkommenden Spiritualität in nigerianischen Seminaren berichtet, die für viele schwer zu begreifen ist: Die Spiritualität des Martyriums.

Die Ausbilder sagen, dass in Nigeria denjenigen, die eine Priesterausbildung beginnen, immer wieder zu verstehen gegeben wird, dass ihre Berufung nun die Bereitschaft beinhaltet, den Glauben bis zum Tod zu verteidigen. Mehr als je zuvor werden die Seminaristen daran erinnert, dass sie bereit sein sollten, sich der Verfolgung zu stellen, einschliesslich der Möglichkeit, entführt oder sogar getötet zu werden.

Pater Peter Hassan, der Rektor des «St. Augustine Major Seminary Jos» in der Erzdiözese Jos im Bundesstaat Plateau, sagte, dass sich die Priesterseminare ebenso wie die nigerianische Gesellschaft im allgemeinen damit abgefunden haben, dass der Tod für ihr Christsein unmittelbar bevorsteht.

Er empfindet es als tröstlich, dass sich immer mehr junge Männer für die Priesterausbildung anmelden, obwohl sie der Gefahr ausgesetzt sind, entführt oder sogar getötet zu werden.

«Die nigerianischen Christen sind seit fast einem halben Jahrhundert Opfer von Gewalt apokalyptischen Ausmasses. Ich kann sagen, dass wir gelernt haben, die Realität des bevorstehenden Todes zu akzeptieren», sagte Pater Hassam in einem Interview mit ACI Africa am 12. Januar 2024.

Er fügte hinzu: «Dennoch ist es ziemlich inspirierend und tröstlich, die vielen jungen Männer zu sehen, die immer noch bereit sind, sich auf ein Leben einzulassen, das sie mit Sicherheit zu einer vom Aussterben bedrohten Art machen wird. Dennoch sind diese jungen Männer bereit, das Evangelium des Friedens zu predigen und die Kultur des Dialogs für eine friedliche Koexistenz anzunehmen.»
 


Kurz nach der Entführung und Ermordung des Seminaristen Nnadi öffnete das «St. Augustine Major Seminary Jos» seine Türen für die drei Seminaristen, die die Entführung überlebt hatten.

Pater Hassan sagte gegenüber ACI Africa, dass die Anwesenheit der drei ehemaligen Studenten des Priesterseminars «ein Segen» für die Gemeinschaft des Priesterseminars von St. Augustine sei.

«Ihre Anwesenheit in unserem Seminar war eine Art Segen für unsere Seminaristen, ein Weckruf für die düstere Realität, dass nicht einmal die Jüngsten von diesen hirnlosen Mördern verschont werden», sagte das Mitglied des Klerus der Diözese Jalingo.

Im Seminar des Guten Hirten hat der Zustrom an Seminaristen nicht nachgelassen – auch nicht nach der Entführung und Ermordung des Seminaristen Nnadi. 

In einem Interview mit ACI Africa sagte Pater Samuel Kanta Sakaba, der Rektor des Priesterseminars vom Guten Hirten, dass die Ausbilder der katholischen Einrichtung, in der derzeit 265 junge Männer eingeschrieben sind, den Seminaristen klar sagen, dass sie als Priester in Nigeria Gefahr laufen, entführt oder getötet zu werden.

ACI Africa fragte Pater Sakaba, wie die Ausbilder mit den Seminaristen über die Risiken sprechen, denen sie ausgesetzt sind. Der Priester antwortete: «Als Ausbilder haben wir die Pflicht, unsere Seminaristen durch praktische Erfahrungen zu führen, sowohl akademische, spirituelle als auch physische. Wir teilen die Realität der Verfolgung mit ihnen, aber damit sie es verstehen, verbinden wir die Realität der Christenverfolgung in Nigeria mit den Erfahrungen von Jesus. Auf diese Weise glauben wir, dass es für sie einfacher ist, nicht nur die Kraft zu haben, sich dem zu stellen, was sie durchmachen müssen, sondern auch einen Sinn in ihrem Leiden zu sehen.»

«Leiden ist nur dann sinnvoll, wenn es mit dem Schmerz Jesu verbunden ist», sagte der nigerianische katholische Priester und fügte hinzu: «Der Prophet Jesaja erinnert uns daran, dass wir ‹durch seine Wunden geheilt werden›. Jesus lehrt uns auch, dass das Weizenkorn, wenn es nicht in die Erde fällt und stirbt, ein einzelnes Korn bleibt, aber dass es eine reiche Ernte abwirft, wenn es fällt und stirbt. Lehren wie diese sind es, die unsere Widerstandskraft im Angesicht der Verfolgung stärken.»

Pater Sakaba teilt die Freude der Seminaristen, die sich, wie er sagt, darauf freuen, «auf heilige Weise zu Gott zurückzukehren.»

«Was auch immer geschieht, wir werden alle zu Gott zurückkehren. Wie freudig ist es, auf heilige Weise zu Gott zurückzukehren, auf eine Weise des Opfers. Diese Heiligkeit besteht darin, dieses Kreuz, diesen Schmerz zu akzeptieren», sagte er und fügte hinzu: «Jesus hat den Schmerz von Golgatha akzeptiert, und das hat ihn zu seiner Auferstehung geführt. Verfolgung läutert den Einzelnen, damit er zum fertigen Produkt für Gott wird. Ich glaube, dass diese Angriffe Gottes Projekt sind, und kein Mensch Gottes Werk aufhalten kann.»

Der Rektor des «Good Shepherd Major Seminary» stellte jedoch klar, dass diejenigen, die sich am Major Seminary einschreiben, nicht auf der Suche nach Gefahr sind.

Er sagte: «Die Menschen hier begeben sich nicht von sich aus in Gefahrensituationen. Aber wenn solche Situationen eintreten, geben uns die Lehren Jesu und seine Verfolgung den Mut, uns dem zu stellen, was auch immer auf uns zukommen mag.»

Pater Sakaba sagte weiter, dass, obwohl die Priesterausbildung in Nigeria die «Spiritualität des Martyriums» umfasst, die Verfolgung in dem westafrikanischen Land «eine schwierige Realität darstellt».

«Es ist schwierig, sich an den Schmerz zu gewöhnen. Es ist schwierig, sich an die Themen des Todes zu gewöhnen. Es ist schwierig, sich mit dem Tod vertraut zu machen», sagte er und fügte hinzu: «Niemand begibt sich freiwillig in Gefahr, nur weil andere Menschen leiden. Das ist nicht Teil unserer Natur. Aber in einer Situation, in der man keine Alternative zu haben scheint, setzt die Gnade Gottes ein und stärkt einen, sich der besonderen Situation zu stellen.»

Pater Sakaba erzählte, dass seit dem Angriff auf das Priesterseminar «Good Shepherd Major» im Jahr 2020 ein Hauch von Unsicherheit in der Einrichtung herrsche.

Er sagte, dass einige der Entführer, die bei dem Vorfall verhaftet worden waren, wieder freigelassen wurden; eine Situation, die das Seminar in «Angst vor dem Unbekannten» gestürzt habe.

«Seit der Freilassung [der Entführer] war es nicht einfach für uns. Die Gemeinde wurde durch das Unbekannte in Verwirrung gestürzt. Wir wissen nicht, was als Nächstes passieren wird. Wir wissen nicht, wann sie das nächste Mal kommen und was sie mit uns machen werden. Wir wissen nicht, wer als nächstes geholt wird.»

Und er fügte hinzu: «Es war nicht einfach, vor allem in den ersten Tagen nach diesem Vorfall. Die Gemeinschaft des Priesterseminars – die Seminaristen, Ausbilder und Mitarbeiter – hat sich als sehr widerstandsfähig erwiesen. Gott hat uns unterstützt, ermutigt und geführt. Seine Gnade hat uns geholfen, unseren Glauben weiter zu praktizieren.»

Der nigerianische Priester sagte, dass die dschihadistischen Angriffe, die in den Gemeinden rund um das Priesterseminar unvermindert andauern, die Situation nicht erleichtern.

«Jeder Angriff, der ausserhalb unserer Gemeinschaft geschieht, erinnert uns an unsere eigenen Erfahrungen aus dem Jahr 2020. Wir sind schockiert, und obwohl wir tief verwundet sind, glauben wir, dass Gott uns führt», sagte Pater Sakaba gegenüber ACI Africa.
 

Originalbeitrag auf CNA Deutsch


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    Claudio Tessari 27.01.2024 um 21:11
    Die Kirche des Süden, ist unsere Zukunft! Das Blut der Märtyrer ist der Samen der Kirche. Die Afrikaner waren auch die ersten und stärksten Bischöfe welche sich gegen FS einsetzten. Und Kardinal Sarah wäre der perfekte nächste Papst🙏
  • user
    Stefan Fleischer 27.01.2024 um 16:11
    Und wir Wohlstandschristen hier im Westen, wären wir bereit und fähig in einer solchen Situation unseren Glauben zu bewahren, ja sogar zu verteidigen? Ich habe da so meine Bedenken. Dazu müssten wir Gott, den ganzen, wahren Gott, wieder viel ernster nehmen. Mit jener Ich-Religion, die heute vielerorts gepflegt wird, in welcher - etwas pointiert augedrückt - Gott uns / mir zu dienen hat, mehr als wir ihm, scheint mir das unmöglich.