Vor einigen Jahren durfte ich eine Abschlussarbeit über den Exorzismus schreiben und habe mich in diesem Zusammenhang intensiv mit den Aussagen des Chefexorzisten des Vatikans, Don Gabriele Amorth (1925–2016), auseinandergesetzt. Er sagt: Das grösste Problem ist, dass die Menschen nicht mal mehr an die Existenz des Teufels glauben – begonnen bei der Mehrheit der Hirten. In einem Interview mit dem italienischen Vatikanisten Sandro Magister im Juni 2004 sprach Pater Amorth über den Satanismus und die Aktionen des Teufels in der heutigen Kultur: «Einfach gesagt: Satan immer aktiv. Er ist von Anfang an der Versucher. Er tut alles, um den Menschen zur Sünde zu bewegen, und jedes Mal, wenn das Böse getan wird, steht er dahinter – aber es bleibt klar, dass der Mensch es ist, der frei über seine Handlungen entscheidet. Aber es gibt auch ein aussergewöhnliches Handeln des Bösen: das ist die Besessenheit vom Teufel.»
Die Hauptschwierigkeit besteht darin, ein dämonisches von einem psychischen Leiden zu unterscheiden. In einigen Fällen kann beides im Spiel sein. Das bedeutet, dass die Person sowohl den Exorzisten als auch den Psychiater braucht.
Wie kann man aber eine mögliche Besessenheit erkennen? Das auffälligste Symptom ist eine Abneigung gegen das Heilige: Eine Person kann nicht zur heiligen Messe gehen, obwohl sie es möchte, oder sie reagiert aggressiv auf sakrale Bilder.
Don Amorth weist darauf hin, dass seit etwa 200 Jahren die Exorzismen auf ein absolutes Minimum reduziert sind. Viele Bischöfe und Priester haben die Traktate über die Dämonologie nie studiert und kennen sich folglich in der Materie nicht aus. Sie sind auch nie mit Besessenen oder Exorzismen in Kontakt gekommen. Ausserdem sind sie von Theorien gewisser Bibelforscher und Theologen beeinflusst, welche sogar die Teufelsaustreibungen Christi bezweifeln, von denen die Evangelien berichten. Bischöfe und Priester glauben zwar theoretisch an den Teufel, verneinen aber seine praktische Wirksamkeit. Leider zählt Bischof Bonnemain auch zu jenen Theologen, wie man sehen kann.
Der Neurowissenschaftler, Psychiater und Psychotherapeut Raphael Bonelli hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die meisten psychische Probleme durch das Sakrament der Busse gelöst werden könnten. Aber anscheinend wissen es unsere Hirten besser. Im heutigen Tagesevangelium heisst es: «Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen» (Lk 21,33). Jesus hat diese Macht der Teufelsaustreibung zuvor den Zwölf (vgl. Mk 6,7), dann den 72 Jüngern (vgl. Lk 10,17) verliehen; schliesslich hat er diese auf alle Gläubigen ausgedehnt: «Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben […]» (Mk 16,17). Don Amorth sagte zum Ende seines Lebens treffend: «Ich glaube, dass 99 Prozent der Bischöfe nicht mehr an das ausserordentliche Wirken des Teufels glauben.»
Verschliessen wir die Augen nicht für das Wirken des Teufels und beten wir für diese Hirten, dass der Heilige Geist sie zur Wahrheit führt.
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Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Oder, anderes Beispiel: Der leistungsstärkste Computer kann sich als komplett nutzlos erweisen, wenn sie Software durch "unsichtbare" Gefahren bedroht und blockiert ist.
Wenn "die Welt" pauschal applaudiert, werde ich skeptisch...
Was, wenn wir mit dem Verlust eines Exorzisten ein enorm wichtiges, unterschätztes "Backup" verlieren?
Was, wenn wir uns als Bistum auf reiner Symptombekämpfung "ausruhen", weil das in dieser gehässigen Welt einfacher und bequemer erscheint?
Was wird dann aus den armen Betroffenen??
Und was wird diese Entscheidung mit unserem Bistum machen? Wird also niemand mehr über uns wachen, wenn das Böse weiter durch die Welt streift, wie ein Wolf um die Schafherde, die Kreise langsam enger ziehend? Ist uns hiermit der Hirtenhund abhanden gekommen?
Und sagt mir jetzt bloss nicht, der Teufel existiere an sich nicht – schaut Euch doch um, in der Welt! Also, bitte!!
Wir glauben an das Licht. Und in dieser Logik sollte eigentlich auch klar sein, dass wir uns des Schattens bewusst sind... Und wie stark dieser Schatten Einfluss nehmen kann, das scheint selbst Menschen instinktiv bewusst zu sein, die sich Gott fern wähnen, seien es noch ungeschulte Kinder, oder Esoterik-Anhänger.
Der kleine Mensch nimmt sich manchmal mit seinen begrenzten Mitteln pauschal zu wichtig und sieht sich, vielleicht im unbewussten Stolz, zu erhaben – leider auch vermeintlich über das Böse.
Dabei hat Papst Franziskus explizit noch 2017 betont, dass Exorzisten notwendig und unverzichtbar sind. In einem vatikanischen Kurs für Beichtseelsorge betonte er, Seelsorger dürften "nicht zögern, sich an diejenigen zu wenden, die in den Bistümern mit diesem sensiblen und notwendigen Dienst betraut sind, also die Exorzisten". (Quellenangabe: Deutsche Welle) Und ja, selbstverständlich betonte er dabei, dass dies nur der Fall sein soll, dass eine psychische Störung ausdrücklich ausgeschlossen sein muss, wie hier bereits von Einigen völlig zu Recht erwähnt. Doch auch diesen Wenigen gehört geholfen, oder? Genau, wie in der Gesellschaft heute ja auch auf jede Minderheit allgemein sorgsam(er) geachtet wird. Warum also lässt man Betroffene, die unsagbar Schlimmes durchmachen müssen, einfach so aussen vor, in gewisser Weise im Namen der Politik, die ja in der Kirche angeblich nichts verloren hat? Zählt das tragische Schicksal einzelner Personen nichts mehr? Ist ihr Seelenheil nicht auch kostbar und muss beschützt, vielleicht sogar gerettet werden?
Ich blicke auf die sicherlich gute Absicht im Grunde und vertraue unserem lieben Bischof weiterhin, bleibe aber dennoch irgendwie ratlos zurück – und im Inneren eben auch seltsam beunruhigt, ehrlich gesagt.
Da ist jedenfalls ein Priester im Bistum Chur, der mehrere Anfragen wegen Exorzismen bekommen hat. Wo darf er diese Leute künftig hinschicken?
Dann schickt er die Person weg.
Bei einer Besessenheit (und da gibt es so viele!), hilft kein Psychiater nur der EXORZIST !!!
Ich bin entsetzt!
Meine Gedanken kreisen um jene, bei denen alle "irdischen" Hilfen nicht mehr zu greifen vermögen. Was soll nur aus ihnen werden? Mich schmerzt dieser Gedanke.
Erstens schon einmal von der Sache her: Dämone und ihr Wirken ist nun einmal eine Realität, welche einer geistlichen und nicht eine psychologischen Behandlung bedarf.
Manchmal überlagert sich auch die Problematik und es sind beide Bereiche betroffenen: dann muß aber auch auf beiden Bereichen gehandelt werden.
Zweitens kommt es viel leichter zu selbsternannten Exorzisten, weil manche Priester sich sagen: wenn es keinen mehr gibt, dann mache ich das eben. Nur sind das meist eher Schwarmgeister die protestantische Sekten imitieren und sehr "charismatisch" sind, und oft mehr Schaden als Nutzen anrichten weil sie nicht sauber "die Geister unterscheiden", sondern gleich automatisch in allen und allem den Teufel sehen. Würde ein Bischof einen nüchternen, klugen und gläubigen Priester ernennen, so wäre diese Gefahr zumindest gehemmt.
Drittens ist zu sagen, daß viele Leute leider ominösen Praktiken zum Opfer fallen weil sie in der Kirche keine Hilfe mehr bekommen. Dann gehen sie eben zum Scharlatan, zum Geisterheiler, zu Reiki, zu charismatischen Sekten oder anderen dubiosen und esoterischen "Angeboten", die man zu Hauf findet. Oft auch gegen Bezahlung...
Monsignore Casetti hat zu Recht immer unterstrichen, daß sich viele Menschen an ihn gewandt haben, weil sie sich in ihrem eigenen Bistum nicht ernst genommen fühlten mit ihren Problemen. Sind sie erst einmal bei einem (guten) Exorzisten gelandet kann man noch immer abwägen wo das Problem liegt. Das wird ein guter und seriöser Exorzist auch machen. Aber von vorneherein auszuschließen daß es sich um geistliche Probleme handeln kann die auch als solche zu behandeln sind, hilft den Leuten auch nicht weiter. Anderen wird es hingegen mehr Arbeit bringen...
Wer den Teufel leugnet, mach Christus zum Lügner und die Schrift zum Märchenbuch