Abbildung «Propagandistische Allegorie des Prinzips sola scriptura» (Bild: Wikimedia Commons)

Kommentar

Unbib­lisch? – das Sola-​Scriptura-​Prinzip pseudo-​katholisch aufgewärmt

«Recht­zei­tig» im Mari­en­mo­nat Mai ver­öf­fent­lichte kath​.ch, Medi­en­por­tal im Auf­trag der Schwei­zer Bischöfe und der Römisch-​Katholischen Zen­tral­kon­fe­renz, Bei­träge, in denen die vier maria­ni­schen Dog­men (1. die Got­tes­mut­ter­schaft; 2.die immer­wäh­rende Jung­fräu­lich­keit; 3.die unbe­fleckte Emp­fäng­nis; 4. die leib­li­che Auf­nahme in den Him­mel) nicht nur kri­tisch hin­ter­fragt, son­dern regel­recht zer­ris­sen und lächer­lich gemacht werden.

Zu Recht hat diese Ungeheuerlichkeit eine Petition glaubenstreuer Katholiken hervorgerufen, deren Ziel es ist, die Schweizer Bischöfe zu einer eindeutigen Stellungnahme zugunsten der Gottesmutter Maria und der Lehre der katholischen Kirche über sie zu bewegen. Eigentlich ist es schon seltsam genug, dass eine solche Petition überhaupt nötig ist: von den Hirten der Kirche dürfte man erwarten, dass sie von sich aus die nötigen Schritte ergreifen, wenn Medienleute, die angeblich im Namen der Kirche sprechen, theologisch Amok laufen!

Hier sei nur auf eine der vielen abstrusen Behauptungen eingegangen, die von kath.ch im Zusammenhang mit den marianischen Dogmen in die Welt gesetzt wurden. Dass Maria als «Gottesgebärerin» (ϑεοτόκοϛ) bezeichnet werden darf, ja muss, legte das Konzil von Ephesus 431 fest, doch geht dieser Ehrentitel bereits auf Alexander von Alexandrien (322) zurück, bzw. findet sich im ältesten Mariengebet Sub tuum praesidium – Unter deinen Schutz und Schirm aus dem 3. Jahrhundert.

Kath.ch folgert daraus, dass der Titel «Gottesgebärerin» zwar alt, aber eben nicht alt genug sei, da er in der Bibel nicht vorkomme. Wie bitte? Seit wann argumentiert man katholischerseits mit dem lutherischen «Sola-Scriptura-Prinzip», wonach nur geglaubt werden darf, was nach protestantischer Leseart in der Bibel steht? Die katholische Kirche hält bekanntermassen daran fest, dass die göttliche Offenbarung auf drei Säulen steht, nämlich der Heiligen Schrift, der apostolischen Tradition und dem kirchlichen Lehramt. Diese drei Säulen wiederum sind biblisch abgestützt:

In den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium ist häufig davon die Rede, dass der Heilige Geist die Jünger «in die volle Wahrheit einführen werde». Johannes ist es auch, der gegen Schluss seines Evangeliums erwähnt, über die Worte und Taten gäbe es noch viel mehr zu berichten als das, was er aufgeschrieben habe. Der hl. Paulus ermahnt die Leser seiner Briefe, sich an das zu halten, was sie «schriftlich oder mündlich» empfangen hätten. Jesus übergibt Petrus die «Schlüssel des Himmelreichs» und die Vollmacht, «zu binden und zu lösen».

Fazit: Christliches Glaubensgut muss nicht unbedingt wortwörtlich in der Bibel erwähnt werden, um echt zu sein.

Abgesehen davon: Wenn Elisabeth Maria mit den Worten anspricht: «Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?», was sagt sie dann anderes, als dass Maria «Gottesgebärerin» bzw. Gottesmutter ist? So unbiblisch, wie es die kath.ch-Verantwortlichen haben wollen, ist der Titel «Gottesgebärerin» also nicht – ganz im Gegenteil!


Martin Meier-Schnüriger


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    Daniel Bühlmann 23.05.2023 um 14:19

    Die Frage bzw. den Titel "Theotokos‘" gilt übrigens auch für die orthodoxe Theologie.

  • user
    Daniel Ric 23.05.2023 um 09:14

    Sehr schöner Artikel von Herrn Meier-Schnüriger. Es ist wirklich äusserst seltsam, dass die katholischen Laien die Bischöfe auffordern müssen, gegen diese Beleidigungen der Gottesmutter vorzugehen. Für mich stellt sich die Frage, ob es einem Katholiken überhaupt noch zumutbar ist, Kirchensteuern zu zahlen, wenn mit seinem Geld solche Medien wie kath.ch finanziert werden. Bei kath.ch werden regelmässig Artikel veröffentlicht, die der katholischen Lehre widersprechen.


    Zur Frage des Sola-Scriptura-Prinzips: Selbstverständlich ist es für jeden Katholiken wichtig, die Heilige Schrift zu kennen. Hierzu gehören Altes und Neues Testament. Das Wissen rund um die Bibel ist stark zurückgegangen in den letzten Jahren, was sehr bedauerlich ist. In der Katechese werden Bilder gemalt anstatt die Bibel zu lesen. Aber es ist auch klar, dass wir als Katholiken Jesus Christus folgen, nicht Buchstaben. Zudem glauben wir Katholiken ja nicht daran, dass durch den Sündenfall die ganze Schöpfung samt der Vernunft des Menschen schlecht geworden ist. Der Mensch ist fähig, mit seiner Vernunft Gottes Willen (zumindest teilweise) zu erkennen. Daher spielt das Lehramt und die tradierten theologischen Überlegungen eine grosse Rolle für uns Katholiken.


    Die Bedeutung der Gottesmutter ist biblisch belegt. Der Bibelübersetzer Luther war ein grosser Marienverehrer. Die Berichterstattung von kath.ch ist deswegen weder theo (religiös) noch logisch zu rechtfertigen.

  • user
    Viktor Hürlimann 23.05.2023 um 09:13

    Ein grundsätzliches Problem besteht darin, dass die Grundsätze biblischer Auslegung, wie es das Konzil festgelegt hat, oft zu wenig bedacht werden. Das Konzil verpflichtete in Dei Verbum 12 zur historisch-kritischen Methode. Legte aber auch folgendes fest:


    Da die Heilige Schrift in dem Geist gelesen und ausgelegt werden muss, in dem sie geschrieben wurde, erfordert die rechte Ermittlung des Sinnes der heiligen Texte, dass man mit nicht geringerer Sorgfalt auf den Inhalt und die EINHEIT der ganzen Schrift achtet, unter Berücksichtigung der LEBENDIGEN ÜBERLIEFERUNG der Gesamtkirche und der ANALOGIE des Glaubens.


    Wer sich positiv mit der ganzen Problematik auseinandersetzen will, dem seien die drei kleinen Schriften von Leo Scheffczyk "Maria in der Heilsgeschichte" herausgegeben vom Rosenkranz-Sühnekreuzzug oder das Buch von Scott Hahn "Die Königin des Himmels. Maria suchen und finden." sehr empfohlen.

  • user
    Johanna-Jessica OFS 23.05.2023 um 08:51

    Selbst in der Bibel spricht Maria wörtlich: "denn siehe, von nun an werden mich glückselig preisen alle Geschlechter." (Elbfelder)


    WENN schon sola scriptura (in sich ein Unsinn und Widerspruch; zu Zeiten Jesu gab es, logischerweise, noch kein NT), dann eben auch RICHTIG.


    Aber offensichtlich scheint das altbekannte Problem der Rosinenpickerei und Wortverdreherei nicht nur bei den Protestanten vorzuherrschen... Traurig.


    (Und ja, ich darf hier durchaus auch ewtas forscher auf Punkten herum hacken, welche zu viele Menschen zwar von Herzen gut meinen, aber schlichtweg nicht fertig denken. Ich bin selbst protestantisch getauft und geschult worden, sogar mit stark calvinistischem Gedankengut.


    Ich weiss schon, warum ich zur EINEN Kirche konvertiert bin! Dazu leitete übrigens die Gottesgebärerin selbst die ersten Schritte ein, mit der wundertätigen Medaille.)

  • user
    Bernhard Engeler 23.05.2023 um 03:45

    Vielen Dank für diese Klarstellung. Maria ist die Gottesgebärerin, also die Mutter Gottes. Jesus war eben ganz Mensch und ganz Gott.

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    Don Michael Gurtner 22.05.2023 um 18:18

    zu sola scriptura:


    1) Wenn nur das Gültigkeit hat, was in der Hl. Schrift steht, dann müsste man ja auch den Grundsatz der sola scriptura selbst in der Hl. Schrift finden. Wo steht das in der Bibel?


    2) Der Hl. Schrift selbst gehen die mündliche Tradition, die verschriftlichte Tradition und der Lehramtsentscheid voraus. Sie ist eben nicht fertig vom Himmel gefallen.

  • user
    Claudio Tessari 22.05.2023 um 16:18

    Deo Gratias für diesen Artikel. Bitte teilen sie alle die Petition, dass wir viele Unterschriften haben.

  • user
    Gabriela Ulrich 22.05.2023 um 13:59
    Wenn Sie es so genau mit dem Wort der heiligen Schrift nehmen. Warum legen Sie das Wort des alten Testament betreffend Kol 3,16 falsch aus? Sie schreiben am 20.05.2023 um 12:10 betreffend Maria als Vorbild aller Heiligen - Marienprozession in Menziken. Aber wie sagt doch der hl. Paulus: "Singt in euren Herzen Hymnen und Lieder, wie der Geist sie euch eingibt."

    In der Herder Bibel steht...Singt Gott dankbar in euren Herzen Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder!

    Die Psalmen finden bei Ihren überhaupt keine Erwähnung. Sie legen das Wort der Bibel aus, wie es Ihnen passt. Die Belehrung von mir lehnen Sie ab. Auf Menschen, die das Wort falsch auslegt, werde ich nicht hören und nachfolgen schon gar nicht.