Warum braucht es eine Neuevangelisation?
Nach seiner Auferstehung gab Jesus Christus seinen Jüngern den Auftrag: «Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe» (Mt 28,19-20a). Die Mission gehört somit zum Grundauftrag der Kirche. Es geht nicht darum, anderen den eigenen Glauben aufzuzwingen. Wer aber in Jesus Christus seinen Retter und Erlöser erkannt hat, kann nicht anders, als anderen von dieser Erfahrung zu erzählen.
Viele Menschen sind noch nicht in Berührung mit dem Evangelium gekommen – ihnen soll die Frohe Botschaft verkündet werden. Es gibt aber auch Christinnen und Christen, die zwar getauft und gefirmt sind, aber den Glauben «verloren» haben oder Gott gegenüber gleichgültig geworden sind. Sie finden im überlieferten Glauben keine Antworten auf ihre Lebensfragen. Deshalb sucht die Kirche neue Wege, die Botschaft Jesu zu verkünden. Dabei beginnt die Neuevangelisierung mit der Erneuerung des eigenen Glaubens. Nur wenn wir als einzelne Gläubige und als Kirche das Evangelium glaubwürdig leben und verkünden, werden wir die Menschen von der Frohen Botschaft überzeugen.
- Der Grund unseres Glaubens und die Mitte unserer Verkündigung ist Jesus Christus. Wir dürfen deshalb darauf vertrauen, dass er unser Tun und Beten begleitet. Er wirkt durch uns, er ist der eigentlich Handelnde.
- Ein solches Vertrauen setzt eine persönliche Gottesbeziehung voraus, die durch das Gebet und den Empfang der Sakramente entsteht.
- Menschen kommen nur mit dem Evangelium in Berührung, wenn ihnen jemand davon erzählt. Wir sollen Zeuginnen und Zeugen der Frohen Botschaft sein.
- Es gibt nicht einen einzigen richtigen Weg. Wir dürfen auf das Wirken des Heiligen Geistes vertrauen, der uns die richtigen Worte und Ideen eingeben wird.
Wichtige Dokumente
Papst Paul VI. befasste sich in seinem Apostolischen Schreiben «Evangelii nuntiandi» (1975) mit der Wichtigkeit der Evangelisation und bezeichnete sie als Hauptaufgabe der Kirche.
«Evangelisieren besagt für die Kirche, die Frohbotschaft in alle Bereiche der Menschheit zu tragen und sie durch deren Einfluss von innen her umzuwandeln und die Menschheit selbst zu erneuern: ‘Seht, ich mache alles neu!’. Es gibt aber keine neue Menschheit, wenn es nicht zuerst neue Menschen gibt durch die Erneuerung aus der Taufe und ein Leben nach dem Evangelium. Das Ziel der Evangelisierung ist also die innere Umwandlung» (Evangelii nuntiandi 18).
Von «Neuevangelisierung» sprach zum ersten Mal Papst Johannes Paul II. am 9. Juni 1979 in seiner Predigt in Nowa Huta (PL). Ihm war die Neuevangelisierung ein Herzensanliegen, von dem er in vielen Ansprachen und Schriften sprach. Im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben «Christfideles Laici» (1988) schrieb er über die Gründe, die zum Verdunsten des Glaubens geführt haben.
«Ganze Länder und Nationen, in denen früher Religion und christliches Leben blühten und lebendige, glaubende Gemeinschaften zu schaffen vermochten, machen nun harte Proben durch und werden zuweilen durch die fortschreitende Verbreitung des Indifferentismus, Säkularismus und Atheismus entscheidend geprägt. Es geht dabei vor allem um die Länder und Nationen der sogenannten Ersten Welt, in der der Wohlstand und der Konsumismus, wenn auch von Situationen furchtbarer Armut und Not begleitet, dazu inspirieren und veranlassen, so zu leben, ‘als wenn es Gott nicht gäbe’. […] Auch wenn der christliche Glaube in einigen seiner traditionellen und ritualistischen Ausdrucksformen noch erhalten ist, wird er mehr und mehr aus den bedeutsamsten Momenten des Lebens wie Geburt, Leid und Tod ausgeschlossen. […] Es ist mit Sicherheit notwendig, überall die christliche Substanz der menschlichen Gesellschaft zu erneuern. Voraussetzung dafür ist aber die Erneuerung der christlichen Substanz der Gemeinden, die in diesen Ländern und Nationen leben.»
Er verweist im Anschluss auf die besondere Aufgabe der Laien in der Mitwirkung an der Neuevangelisation.
«Aufgrund ihrer Teilhabe am prophetischen Amt Christi werden die Laien ganz in diese Aufgabe der Kirche einbezogen. Ihnen kommt es in besonderer Weise zu, Zeugnis zu geben vom christlichen Glauben als einzige und wahre Antwort – die alle mehr oder weniger bewusst erkennen und nennen – auf die Probleme und Hoffnungen, die das Leben heute für jeden Menschen und für jede Gesellschaft einschliesst. Dieses Zeugnis wird möglich, wenn es den Laien gelingt, den Gegensatz zwischen dem Evangelium und dem eigenen Leben zu überwinden und in ihrem täglichen Tun, in Familie, Arbeit und Gesellschaft eine Lebenseinheit zu erreichen, die im Evangelium ihre Inspiration und die Kraft zur vollen Verwirklichung findet» Christfideles Laici 34).
Papst Benedikt XVI. trug das Anliegen seines Vorgängers weiter, indem er 2010 den «Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung» einrichtete. Er wies darauf hin, dass die unterschiedlichen Situationen in der Welt unterschiedliche Formen der Neuevangelisierung forderten.
«Die Unterschiedlichkeit der Situationen erfordert eine aufmerksame Unterscheidung; von einer ‘neuen Evangelisierung’ zu sprechen, bedeutet nämlich nicht, eine einzige gleichlautende Formel für alle Umstände ausarbeiten zu müssen. Und es ist jedenfalls nicht schwer zu erkennen, dass das, was alle Kirchen benötigen, die in traditionell christlichen Territorien leben, ein erneuerter missionarischer Elan ist, Ausdruck einer neuen hochherzigen Offenheit für das Geschenk der Gnade. In der Tat dürfen wir nicht vergessen, dass die erste Aufgabe immer jene bleiben wird, sich gegenüber dem gnadenhaften Wirken des Geistes des Auferstandenen gelehrig zu verhalten, der alle begleitet, die das Evangelium weitertragen, und das Herz derer öffnet, die zuhören. Um das Wort des Evangeliums auf fruchtbare Weise zu verkündigen, braucht es zuallererst eine tiefgehende Gotteserfahrung» (Motu proprio Ubicumque et semper Seite 4).
2012 berief Papst Benedikt XVI. zudem eine Bischofssynode zu diesem Thema ein. Aufgrund seines Rücktritts übernahm es sein Nachfolger Papst Franziskus, ein nachsynodales Schreiben zu verfassen. In «Evangelii gaudium» (2013) finden sich wichtige Hinweise auf die Neuevangelisierung.
«Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. Diejenigen, die sich von ihm retten lassen, sind befreit von der Sünde, von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung. Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude. In diesem Schreiben möchte ich mich an die Christgläubigen wenden, um sie zu einer neuen Etappe der Evangelisierung einzuladen, die von dieser Freude geprägt ist, und um Wege für den Lauf der Kirche in den kommenden Jahren aufzuzeigen» Evangelii gaudium 1).
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