Vor ein paar Tagen schrieb Irène Troxler in der NZZ einen Kommentar zum «Menstruationsurlaub», den die Stadt Freiburg einführt. Sie lehnt einen solchen ab. Warum? «[…] mit dieser Sonderlösung stempeln sich die Frauen selbst wieder zum ‹schwachen Geschlecht›, zum Sonderfall, dem man früher Rechte vorenthielt. Dieses Etikett wollten die Frauen einst unbedingt loswerden. Jetzt machen sie einen Rückwärtssalto in längst vergangene Zeiten.»
Der «Menstruationsurlaub» ist nicht der einzige «Rückwärtssalto in längst vergangene Zeiten», den Frauen selbst vollführen.
Jahrzehnte lang kämpften Frauen darum, als gleichberechtigte Menschen ernst genommen zu werden. Sie wehrten sich dagegen, in die Schublade der drei Ks (Kinder, Küche, Kirche) gesteckt zu werden. Sie distanzierten sich von den Clichées der Frau als Sexsymbol oder Modepüppchen. Sie erstritten Gesetze für die Gleichstellung der Frauen. Doch was ist davon geblieben? Ein Augenschein in der Katholischen Kirche.
Seit Jahren fordern katholische Frauen lauthals die Gleichbehandlung von Frauen und Männern. Gleichzeitig setzen sie sich für die sogenannte «Gendersprache» ein, in der die Männer sprachlich ausradiert werden. Beispiel: Theolog:innen. Selbstverständlich erfolgt jetzt der Einwand, dass doch durch die Pause – symbolisiert durch den Doppelpunkt – alle mitgemeint seien. Tatsächlich lesen und hören wir aber nur «Theologinnen», die «Theologen» muss man sich einfach mitdenken. Es ist noch nicht lange her, als sich moderne, aufgeklärte Katholikinnen gegen die Anrede «Liebe Brüder» in den Lesungen gewehrt haben. Die Erklärung, dass die Frauen darin mitgemeint seien, wollten sie nicht akzeptieren. Wie schnell sich die Zeiten ändern …
Auch in der Kirche wollen Frauen zu Recht nicht als Sexsymbol betrachtet werden. Gleichzeitig haben vermeintlich aufgeklärte, moderne Katholikinnen aber kein Problem mit Auftritten von Dragqueens, obwohl diese mit ihrem Outfit – aufreizende (Mini-)Kleider, High Heels und übermässig geschminkt – ein völlig sexistisches Frauenbild vermitteln. Und ausgerechnet solche Dragqueens bieten «Lesungen» für kleine Kinder an. In den Augen der modernen, aufgeklärten Katholikinnen eine gute Möglichkeit, die Kinder auf die Vielfalt der Geschlechter aufmerksam zu machen. Man lerne daraus: Den Mädchen (und Buben) ein sexistisches Frauenbild zu vermitteln, ist fortschrittlich, die gleichen Mädchen aber mit Puppen spielen zu lassen, vorsintflutlich.
Und selbstverständlich sagen auch moderne, aufgeklärte Katholikinnen: «Mein Bauch gehört mir.» Der «Schweizer Katholische Frauenbund» spricht hier euphemisch vom «Recht auf Selbstbestimmung». Und natürlich ist auch Sexualität zur reinen Privatsache geworden, die im Falle eines Ehebruchs noch nicht einmal den Partner etwas angeht. Obwohl: Es ist noch gar nicht so lange her, da lautete ein Slogan der Feministinnen: «Alles Private ist politisch!» Kürzlich wurden Auszüge aus einem Buch des Präfekten des Glaubensdikasteriums publik[1]. Da war unter anderem zu lesen: «Vergessen wir nicht, dass Frauen ein reiches Venengeflecht um die Vagina herum haben, das einen guten Blutfluss nach dem Orgasmus aufrechterhält. Deshalb ist sie [die Frau] normalerweise unersättlich.» Der erwartete Aufschrei der aufgeklärten, modernen Katholikinnen blieb aus. Hätte er geschrieben, dass aufgrund der biologischen Tatsache, dass nur Frauen eine Gebärmutter haben, die Kindererziehung in erster Linie Sache der Frau sei, hätten sie vermutlich seinen Kopf gefordert.
Der Einsatz von modernen, aufgeklärten Katholikinnen für die Genderideologie hat noch weitere Rückwärtssaltos für die Frauenbewegung zur Folge. Die Genderideologie besagt, dass es keine Geschlechterzuweisung gibt respektive unendlich viele Geschlechter existieren. Dieses Geschlechterdurcheinander führt dazu, dass biologische Männer sich an einem Tag als Frau definieren können und so Zugang zu Frauenumkleidekabinen, Frauenbadis usw. bekommen. Frauen verlieren dadurch einen geschützten Raum. Ebenso können biologische Männer, die sich als Frauen definieren, bei Sportanlässen mit den Frauen an den Start gehen. Da sie Frauen gegenüber einen physiologischen Vorteil haben, ist kein fairer Wettbewerb möglich – von Gleichberechtigung und gleichen Chancen keine Spur. Und die logische Folge der Genderideologie: Da «Frau» nicht mehr definiert werden kann, kann es konsequenterweise keine Frauenbewegung mehr geben.
Es lässt aufhorchen, dass inzwischen auch Feministinnen (ausserhalb der Kirche) die Genderideologie ablehnen.
Wer die Medien aufmerksam liest, merkt schnell, dass es vor allem sogenannt «konservative» Katholikinnen und Katholiken sind, die sich für eine echte Gleichberechtigung der Frau einsetzen. Ausgerechnet jene also, die meistens ein traditionelles Frauen- und Familienbild vertreten. Sie warnen vor den Auswüchsen der Genderideologie, lehnen eine Sexualisierung der Mädchen und Frauen ab und verweisen auf die gleiche Würde von Frau und Mann, die nicht in einer Gleichmacherei oder Auflösung der Geschlechter besteht, sondern in der Anerkennung und Wertschätzung der biologischen Unterschiede.
[1] Víctor Manuel Fernández, la Pasión mística.
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