Stille Nacht, Autograph Gruber VII.

Hintergrundbericht

Vor 175 Jah­ren starb Joseph Mohr, der Dich­ter des welt­weit bekann­tes­ten und belieb­tes­ten Weihnachtsliedes

Der Pries­ter Joseph Mohr schrieb mit dem Text für «Stille Nacht» ein Weih­nachts­lied für die Ewig­keit. Des­sen Sie­ges­zug um die Welt erlebte er nicht mehr. Der Geist­li­che starb mit­tel­los am 4. Dezem­ber 1848 in Wagrain.

Nicht in einer «stillen Nacht», sondern mittags um 12 Uhr kam Joseph Mohr am 11. Dezember 1792 im Armenhaus der Erzdiözese Salzburg zur Welt. Als Mutter wird eine «Anna Schoiberin, led. Standes» genannt, als Vater ein «Franz Moor; Musquetier, led. Standes». Dieser war bereits ein gutes halbes Jahr vor der Niederkunft desertiert, heiratete aber später Anna Schoiberin.

Schon vier Stunden später taufte der Pfarrer das Kind auf den Namen «Josephus Franziskus». Gern behauptet, aber falsch ist laut der Historikerin Dietlinde Hlavac, dass der Salzburger Scharfrichter Taufpate gewesen sein soll. Kirchliche Dokumente belegten, dass Franziska Zachin, «anstatt des Joseph Wohlgemut, Scharfrichter», das Kind über das heute noch existierende bronzene Taufbecken im Salzburger Dom gehalten hat.

Musikalisch talentierter Priester
Über die Kindheit von Joseph Mohr ist so gut wie nichts bekannt. Das Schicksal meinte es aber gut mit ihm. In Domvikar Johann Nepomuk Hiernle fand er einen Förderer. Dieser unterrichtete den talentierten Buben und ermöglichte ihm von 1808 bis 1810 ein Studium am Stiftsgymnasium Kremsmünster. Dabei verdiente sich Joseph Mohr seinen Unterhalt durch Instrumentalmusik und Gesang.

Die Priesterausbildung war geprägt vom aufklärerischen Geist des letzten Salzburger Fürsterzbischofs Hieronymus von Colloredo, der eine bessere Bildung für Priester wollte. Sie sollten seine Reformen dem Volk nahebringen, nicht nur Seelsorger sein, sondern zugleich Lehrer mit umfassendem Wissen in Psychologie, Gesundheit, Naturlehre und Landwirtschaft. Besonders auf deutsche Kirchenmusik wurde wertgelegt, um auch zu verstehen, was gesungen wird.

All dies dürfte Joseph Mohr geprägt haben. Als lediges Kind brauchte er eine Dispens, um geweiht werden zu können, die er von Papst Pius VII. erhielt. Am 20. August 1815 wurde er 23-jährig zum Diakon und einen Tag später zum Priester geweiht. Quellen zufolge soll er ein humorvoller, volksverbundener Mensch gewesen sein, der gut predigen konnte, ein Herz für die Armen hatte und seine Schäflein auch im Wirtshaus aufsuchte. Gern griff Mohr zur Gitarre und gab Gstanzl, lustige Spottgesänge, zum Besten.

Eine spontane Aktion …
Nach verschiedenen Stellen kam er im September 1817 nach Oberndorf bei Salzburg, wo er den Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber (1787–1863) kennenlernte. Daraus wurde eine Freundschaft fürs Leben. Am 24. Dezember 1818 übergab Joseph Mohr dem Organisten einen Text, den er bereits 1816 geschrieben hatte. Franz Xaver Gruber sollte noch am gleichen Tag eine Melodie dazu komponieren. Das Lied wurde nach dem Hochamt vor der Krippe gesungen. Es wird vermutet, dass die Orgel kaputt war, weshalb Joseph Mohr zur Gitarre griff. So erklang «Stille Nacht» zum ersten Mal. «Das Lied hat gefallen», hiess es. Gesungen wurden damals sechs Strophen.

1837 kam Joseph Mohr als Vikar nach Wagrain. Dort veranlasste er einen Schulneubau – es gab für mehr als 100 Kinder nur einen einzigen Unterrichtsraum –, schaffte einen Ausgleichsfonds, um auch den Kindern mittelloser Eltern den kostenpflichtigen Schulbesuch zu ermöglichen, gründete einen Kirchenchor und kümmerte sich um die Alten und Armen.

Joseph Mohr, der seit seiner Kindheit aufgrund der kalten und feuchten Salzburger Wohnung an einer Lungenkrankheit litt, starb am 4. Dezember 1848 56-jährig an einer Lungenlähmung. Schon einen Tag später fand auf dem Friedhof der Kirche Sankt Rupert die Beerdigung statt.

Auf seinem Wagrainer Grab befindet sich auf dem schmiedeeisernen Kreuz ein Porträtbild von Joseph Mohr, das reiner Fantasie entspringt. Denn der Geistliche liess sich zu Lebzeiten nie malen.
 


… hat weltweite Folgen
Das spontan komponierte Lied «Stille Nacht» hatte den Menschen gefallen und es wurden verschiedene Abschriften davon angefertigt. Wie das Lied kurze Zeit später ins Zillertal gelangte, ist nicht restlos geklärt. Von dort aus wurde es durch die Sängerfamilien Rainer und Strasser in Europa und den USA verbreitet. In der Folge galt «Stille Nacht» als ein traditionelles Tirolerlied. Durch katholische und protestantische Missionare wurde «Stille Nacht» in alle Welt hinausgetragen.

Es ist König Friedrich Wilhelm IV. von Preussen (1795–1861) zu verdanken, dass Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber als Autoren des Liedes bekannt wurden: Der Berliner Domchor hatte «Stille Nacht» in sein Repertoire aufgenommen und es wurde das Lieblingslied des Königs. Als 1854 die Herkunft des Liedes geklärt werden sollte, stiess man eher zufällig auf Franz Xaver Gruber – Joseph Mohr war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.

Heute sind Übersetzungen in mehr als 320 Sprachen bekannt. Seit der ersten Einspielung auf Schallplatte (1905) gehört es zu den meistverkauften Weihnachtsliedern weltweit. Die österreichische UNESCO-Kommission nahm 2011 das Lied als «Stille Nacht – das Lied zur Weihnacht» in die Liste des immateriellen Kulturerbes Österreichs auf.

Joseph Mohr hinterliess bei seinem Tod neben geflickten Kleidern so wenig, dass kaum die Kosten des Begräbnisses gedeckt werden konnten. Schon zu Lebzeiten hatte er seine Einkünfte verschenkt oder z. B. in die neue Schule im Ort investiert. Sein grösstes Vermächtnis aber ist der Text für das weltbekannte Weihnachtslied «Stille Nacht».

Papst Franziskus bezeichnete das Lied am 12. Dezember 2018 als sein Lieblingslied. «In seiner tiefen Schlichtheit lässt uns dieses Lied das Geschehen der Heiligen Nacht begreifen. Jesus, der Retter, der in Betlehem geboren wurde, offenbart uns die Liebe Gottes des Vaters.»[1]

 


[1] https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2018-12/papst-franziskus-stille-nacht-lieblingslied-honsowitz-200-jahre.html


KNA/Redaktion


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