Einzig die Krypta der Abtei wurde während der Schlacht um Monte Cassino nicht zerstört. (Bild: User:MatthiasKabel, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Vor 80 Jah­ren begann die Schlacht um Montecassino

Die Bene­dik­ti­ner­ab­tei Mon­te­cas­sino ist einer der sym­bol­träch­tigs­ten Orte des Zwei­ten Welt­kriegs. Wäh­rend der Viel­völ­ker­schlacht 1944 inner­halb von nur drei Stun­den fast voll­stän­dig zer­stört, wurde sie nach dem Krieg zum Sym­bol für den Wie­der­auf­bau. Auch der spä­ter in Fri­bourg Phi­lo­so­phie leh­rende Domi­ni­ka­ner­pa­ter und Pro­fes­sor Joseph Maria Bocheń­ski nahm als pol­ni­scher Armee­seel­sor­ger an der Schlacht um Mon­te­cas­sino teil.

Stattlich thront die Abtei Montecassino auf dem gleichnamigen Berg in der Region Latium rund 140 Kilometer südlich von Rom. Seine Anfänge gehen zurück auf das Jahr 529. Benedikt von Nursia gründete an dieser Stelle das Ur-Kloster des Benediktinerordens und verfasste dort auch seine Ordensregel. Zuletzt im Jahr 1349 nach einem Erdbeben wiederaufgebaut und erweitert, trotzte die Abtei Montecassino 595 Jahre lang allen Widrigkeiten – bis zum 15. Februar 1944.

Die Schlacht um Montecassino vom 17. Januar bis zum 18. Mai 1944 gilt als eine der längsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Bis zu 55 000 alliierte und 20 000 deutsche Soldaten sowie unzählige Zivilisten wurden getötet oder verwundet. Mehr als 1000 Menschen hatten im Kloster Schutz gesucht, mindestens 250 von ihnen fanden bei der Bombardierung am 15. Februar 1944 den Tod. Die anderen konnten rechtzeitig fliehen.

Das Kloster lag auf der von den Deutschen errichteten «Gustav-Linie», die an der schmalsten Stelle quer durch Italien führte. Diese Verteidigungslinie sollte das Vordringen der im September 1943 im Süden Italiens gelandeten Alliierten in den von Nazi-Deutschland besetzten Teil Italiens verhindern.

Die Kämpfe an der «Gustav-Linie» konzentrierten sich auf das strategisch gut gelegene Montecassino. Die Wehrmachtssoldaten hatten auf dem Berg rund um das Kloster Stellungen errichtet. Der deutsche Oberbefehlshaber Albert Kesselring verbot seinen Männern jedoch, das Kloster selbst zu betreten; eine Zone von rund 300 Metern rund um das Kloster wurde für neutral erklärt. Die deutschen Truppen hielten sich an diese Anordnung und leiteten sie an die Alliierten weiter Die Alliierten vermuteten trotz Versicherung der Nazis und von Papst Pius XII. (1939–1958) Soldaten in den Räumen.

In der Folge warfen die Amerikaner fast 500 Tonnen Bomben über Montecassino ab. Der Angriff gilt als schwerster der Kriegsgeschichte auf ein einzelnes Gebäude. Da es sich dabei um eines der ältesten Heiligtümer der Christenheit handelte, sorgte das für diplomatische Verstimmungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Alliierten.
 


Die Abtei Montecassino wurde durch die Bomben bis auf die Grundmauern zerstört. Dass sie innerhalb von 19 Jahren wiederaufgebaut wurde, macht sie nicht nur zu einem tragischen Symbol des Zweiten Weltkriegs, sondern auch zu einem Beispiel für den Wiederaufbau. Nur ein Raum des Klosters musste nicht wiederaufgebaut werden: Wie durch ein Wunder blieb die mittelalterliche Krypta mit dem Grab Benedikts unbeschädigt. In ihrer Nähe landete ein Blindgänger. Hier beteten rund 40 der Benediktiner von Montecassino und überlebten die Zerstörung des Klosters. Der Ort rund um das Grab ist somit der einzige erhaltene mittelalterliche Teil des Klosters. Auch ein Torbogen mit der Aufschrift «Pax» (Frieden) wurde nicht zerstört.

Bereits vor Beginn der Schlacht brachten Wehrmachtssoldaten auf Befehl von Oberstleutnant Julius Schlegel den Bibliotheksbestand, liturgische Geräte und Gewänder, Handschriften, Gemälde und die Gebeine des heiligen Benedikt in die Engelsburg nach Rom. Die Evakuierung der Kunstschätze umfasste rund 100 Lkw-Ladungen. Unter den Schriften aus der Bibliothek befanden sich auch die Baupläne des Klosters. Diese ermöglichten den schnellen Wiederaufbau der Abtei.
Allerdings wurden von deutschen Truppen die Kulturgüter des Klosters nicht nur gerettet, sondern teilweise auch geraubt. 13 Meisterwerke aus Montecassino fand man nach Kriegsende in einem Stollen des Salzbergwerks, wo Hitler und Göring ihre Kunstsammlungen untergebracht hatten.

1964 weihte Papst Paul VI. das Kloster und dessen Basilika neu – 20 Jahre nach der Zerstörung.
 


Für den Wiederaufbau rief der verantwortliche Ausschuss im Jahr 1947 alle Italiener auf, fünf Jahre lang jährlich 10 Lire zu spenden. Damit könnten die auf 200 Millionen Lire veranschlagten Kosten gedeckt werden. Hinzu kamen Gelder des italienischen Staats und Spenden aus aller Welt.

Dem originalgetreu wiederaufgebauten Kloster – «Wo es stand und wie es war» war der Leitsatz des neuen Abtes Ildefonso Rea für den Wiederaufbau – sieht man die Zerstörung des Krieges nicht mehr an.

Bei einer Wanderung auf dem Monte Cassino sind hingegen bis heute aus dem Felsen gesprengte Brocken und Munition zu sehen. Noch prägender sind die Soldatenfriedhöfe am Fusse des Berges. In den Schlachten um die Stadt und den Berg von Cassino kämpften auf alliierter Seite unter anderem britische, französische, US-amerikanische, polnische, anglo-indische, neuseeländische, algerische und marokkanische Soldaten. Allein auf dem polnischen Soldatenfriedhof sind 1052 Angehörige des II. polnischen Armeekorps begraben. Er trägt die Inschrift: «Für unsere und eure Freiheit gaben wir polnischen Soldaten Gott unsere Seele, dem italienischen Boden unser Leben und Polen unsere Herzen.»
 


Einer, der die Zerstörung des Benediktinerklosters Montecassino buchstäblich hautnah miterlebte, war der legendäre Dominikanerpater Joseph Maria Bocheński, der an der Philosophischen Fakultät der Universität Fribourg von 1948 bis 1972 ordentlicher Professor am «Lehrstuhl für Geschichte der modernen und zeitgenössischen Philosophie» war. Er diente als Armeekaplan des II. polnischen Korps in Monte Cassino und kümmerte sich dabei nicht nur um die Seelen und den Geist der Soldaten, sondern kämpfte auch Seite an Seite mit ihnen. P. Bocheński nahm gerade an der Messe teil, die der berühmte Feldbischof Józef Gawlina zelebrierte, als der Artilleriebeschuss, der dem letzten Angriff auf das Kloster vorausging, begann. Nach der Schlacht half er bei der Gründung des polnischen Soldatenfriedhofs bei Monte Cassino.


KNA/Redaktion


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Rainer Schneuwly 21.01.2024 um 16:46
    Interessanter Text zu einem Ort, den ich vor anderthalb Jahren besuchte. Was mir nicht gefällt: Bitte schreiben Sie von der Uni Freiburg, nicht Fribourg. "Meine" Uni ist zweisprachig, genau wie die Stadt, in der ich geboren wurde.
  • user
    Pirmin Meier 17.01.2024 um 14:44
    Es gibt auf Montecassino ausser dem polnischen einen deutschen und wenn ich mich richtig erinnere noch einen englisch-amerikanischen Soldatenfriedhof. Auf dem deutschen waren jeweils drei Soldaten aufs mal beigesetzt, auf einem solchen Grabmal stand "Gefr. Walter Ulbricht" und "Gefr. Helmut Schmidt", diese Namenübereinstimmung war zur Zeit der deutschen Teilung nachgerade beeindruckend.

    Prof. J. M. Bochenski war der wohl intellektuell und formallogisch stärkste Professor, der zu übrigens sehr bescheidenem Lohn an der Uni Fribourg wirkte, seine Grundkenntnisse in Denkmethoden und Logik waren für mich während 33 Jahren eine Basis als Philosophielehrer an einem Gymnasium, auch für den Religionsunterricht, der heute auch intellektuell oft einen Tiefstand verkörpert, als Förderung geistiger Disziplin sehr wertvoll. Dabei war aber Bochenski mit dem Autorennfahrer Jo Siffert seinerseits noch befreundet, fuhr mit ihm mal nach Berlin, zwischendurch auf der Autobahn mit um die 200 km/h bei freilich weniger Verkehr als heute.