Die Selbstgeisselung hat eine uralte, weit in die vorchristliche Zeit zurückreichende Tradition. Gut dokumentiert sind etwa die Selbstgeisselungen im Rahmen des ägyptischen Isis-Kultes und des griechischen Dionysios-Kultes. Auch bei den alten Römern gab es diese Praxis, um damit die Fruchtbarkeit der Frauen zu stimulieren. Die Juden kannten Selbstgeisselungen bei grossen Tempelzeremonien.
Zu einem Massenphänomen wurden die Selbstgeisselungen im Mittelalter, ursprünglich als Mittel zur Busse und Reinigung begangener Sünden gedacht. Sich ausbreitende Pestseuchen und Hungersnöte wurden als Vorboten der Endzeit gedeutet – regelrechte Geisselzüge breiteten sich von Italien ausgehend in ganz Westeuropa aus.
Aktuell erleben Selbstgeisselungen gerade ein Revival, und zwar der besonderen Art. Ihre Protagonisten: Schweizer Bischöfe. Unter dem Druck einer beispiellosen medialen Hetzkampagne, befeuert von einer sogenannten Pilotstudie («Weltwoche»: «Eine Pseudo-Studie», ein «Machwerk») mit 1002 behaupteten, aber nicht belegten sexuellen Missbrauchsfällen, gaben sich die Bischöfe nicht nur einer öffentlichen Flagellation preis, sondern geisselten sich gleich auch noch selbst, nicht zuletzt in der Absicht, den eigenen Kopf aus der unter ihrer Beihilfe gezogenen Schlinge ziehen zu können.
Zu diesem Behuf haben die Bischöfe ihre Geisseln mit Quasten voller Dornen bestückt. Nebenwirkungen, schwere Nebenwirkungen waren dabei durchaus intendiert. Letztere sollten vorab «Mitbrüder im kirchlichen Dienst» treffen und sie selbst vor dem medialen Schafott verschonen: Ein Unterfangen, das mittlerweile immer groteskere Züge annimmt. So verweisen Bischof Büchel und seine Entourage auf Strafanzeigen, die sie bei den zuständigen Staatsanwaltschaften erstattet haben, obwohl die betreffenden Fälle bereits verjährt sind: Von wenigen Ausnahmen abgesehen ein Unding, eine sinnlose Mehrarbeit für die ohnehin überlastete staatliche Justiz. Doch damit nicht genug. In der Medienmitteilung vom 5. März 2024 gab Bischof Gmür bekannt, er habe seit dem 12. September 2023 10 Strafanzeigen eingereicht, davon «betreffen 8 Strafanzeigen verstorbene beschuldigte Personen». Der Freiburger Diözesanbischof Charles Morerod seinerseits war sich nicht zu schade, eigens eine Pressekonferenz einzuberufen, bloss um urbi et orbi kundzutun, dass gegen seinen bereits am 21. September 2010 verstorbenen Vorgänger im Bischofsamt, Bernard Genoud, jüngst Klagen wegen sexueller Vergehen erhoben worden seien. Nicht einmal Tote, und seien es Bischöfe, bleiben vor diesem postmortalen Overkill verschont. Bischof Josef Maria Bonnemain benutzte die Bühne der Hauptausgabe der Tagesschau SRF vom 5. März 2024, um von 120 bis 130 neuen Fällen seit der Publikation der Pilotstudie zu berichten. Letztere blieb dabei selbstredend von jeglicher noch so berechtigten Kritik verschont – Kunststück, hat er sie doch selbst in Auftrag gegeben. Die genannten Fälle reichen von Vergewaltigungen bis hin zu «kleinen Berührungen» – was die Ringier-Presse nicht hinderte, pauschal von «Verbrechen» zu schreiben – Freund Rauch lässt grüssen.
Wer hätte gedacht, wie modern und aktuell das Mittelalter mit seinen (Selbst-)Geisselungen in unserer ach so aufgeklärten Zeit wieder werden könnte.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
……kann zur „Geisselung der Bischöfe“ aus meiner Sicht sachlich einen offeneren und sachlichen Beitrag liefern als der Inweis auf die WELTWOCHE“.
«Wir kennen doch den, der gesagt hat: Mein ist die Rache, ich werde vergelten, und ferner: Der Herr wird sein Volk richten.» (Hebr 10,30)?