Das Innere der St. Dominikus-Kathedrale von Fuzhou. (Bild: LuHungnguong – CC BY-SA 3.0)

Weltkirche

Zwi­schen Ham­mer und Amboss

Vor Kur­zem berich­tete swiss​-cath​.ch, dass China den Druck auf die katho­li­sche Unter­grund­kir­che erhöht. Gleich­zei­tig sehen sich ihre Pries­ter den For­de­run­gen von Bischö­fen aus­ge­setzt, sich in China regis­trie­ren zu las­sen, um die Spal­tung zwi­schen staat­lich aner­kann­ten Kir­che und Unter­grund­kir­che zu beenden.

Seit der Regierungszeit von Mao Zedong ist die Römisch-Katholische Kirche in China verboten. Katholikinnen und Katholiken müssen der staatlich anerkannten «Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung» angehören, die den Papst bis 2018 nicht anerkannte. Es gibt aber noch immer die sogenannte Untergrundkirche, die in Einheit mit Rom steht und deren Mitglieder der Verfolgung ausgesetzt sind.

Der damalige Vatikansprecher Greg Burke erklärte, dass der Zweck des Abkommens ein seelsorglicher sei: Katholische Gläubige sollten «Bischöfe haben, die in Gemeinschaft mit Rom stehen, aber zugleich von der chinesischen Regierung anerkannt sind». Und der Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin wünschte sich konkrete Gesten unter den Katholiken des Landes, um vergangene Missverständnisse und bestehende Spannungen abzubauen.

Beispielhaft lässt sich dieses Dilemma an Peter Lin Jiashan, Erzbischof von Fuzhou, der am 14. April verstorben ist, aufzeigen.

Peter Lin Jiashan wurde 1936 geboren und im Alter von zehn Jahren mit seiner gesamten Familie getauft. Da er während der Kulturrevolution verhaftet und in ein Arbeitslager gesteckt wurde, konnte Peter Lin Jiashan erst 1981 Priester werden. Geweiht wurde er von Bischof Joseph Fan Xueyan (Baoding), der selbst während vieler Jahre in Gefangenschaft war und im November 1990 «verschwand». Nach offiziellen Angaben soll er 1992 gestorben sein.

Peter Lin Jiashan kam 1984 nochmals für zehn Jahre ins Gefängnis. 1997 empfing er heimlich die Bischofsweihe. Er wurde zunächst Koadjutor-Bischof, 2010 dann Erzbischof von Fuzhou. Die offizielle Anerkennung durch den Heiligen Stuhl erfolgte erst 2016.2

In einem Brief an die Gläubigen erklärte der Erzbischof, dass er die Bedingungen der Regierung akzeptiert habe, weil er die Einheit der Diözese verwirklichen möchte. Er sehe im Geheimabkommen und den von den vatikanischen Dikasterien 2019 veröffentlichten pastoralen Leitlinien die Bedingungen für einen Weg der Versöhnung erfüllt. Er forderte alle Getauften auf, «im Geist der Einheit und der Gemeinschaft zu leben, den Weg der Versöhnung durch gegenseitige Akzeptanz und Nachsicht zu gehen und Angriffe und Urteile zu vermeiden, die Zwietracht schüren, um eins zu sein in Jesus Christus».3

Am 9. Juni 2020 wurde er von der Regierung als Erzbischof anerkannt. Am 14. April 2023 starb Erzbischof Peter Lin Jiashan nach langer Krankheit und wurde am 17. April beigesetzt.

Wenn die Erzdiözese Wien in ihrem Beitrag schreibt, Erzbischof Lin sei ein Symbol für die Kämpfe und die Entbehrungen, die die Katholische Kirche in China in den vergangenen Jahrzehnten erlitten hat, steht dies nicht im Widerspruch zu seiner Anpassung an das chinesische Regime, sondern zeigt auf, dass der Vatikan mit seinem Geheimabkommen die Lage der Katholikinnen und Katholiken in China schlussendlich massiv erschwert hat.

Die heutige China-Politik des Vatikans erinnert fatal an die eingestandenermassen gescheiterte Ostpolitik von Papst Paul VI. und Kardinalstaatsekretär Casaroli. Dem an sich legitimen Bestreben des Vatikans, für geordnete Verhältnisse in den Diözesen zu sorgen, wurde gerade im Namen einer blauäugigen Entspannungspolitik allzu oft das Wohl der glaubenstreuen Katholikinnen und Katholiken vor Ort geopfert. Paradebeispiel ist das vom Vatikan mit dem damals kommunistischen Ungarn abgeschlossene Konkordat. In Polen hingegen war die Macht der Katholischen Kirche zu gross. Als der kommunistische Staat mit dem Vatikan ein Abkommen anstrebte, das es Ersterem erlauben würde, die polnischen Katholiken gegeneinander auszuspielen und zu schwächen, schleuderte der Primas von Polen, Kardinal Stefan Wyszyński, dem Vatikan sein berühmt gewordenes Dictum «De nobis nihil, sine nobis» entgegen («Ohne uns nichts über uns»). Damit war dieses Thema vom Tisch. In der Endphase des Pontifikats von Paul VI. versuchte die damalige DDR, die auf ihrem Gebiet liegenden Diözesen vom Gesamtverband aller deutschen Diözesen abzuspalten und sie im Namen einer vermeintlichen Unabhängigkeit zu isolieren. Ein entsprechendes Abkommen lag bereits unterschriftsreif auf dem Pult von Paul VI.. Doch da nahm ihm eine höhere Gewalt gerade noch rechtzeitig die Feder aus der Hand. Erst unter dem Pontifikat des mit den kommunistischen Machenschaften bestens vertrauten Papst Johannes Pauls II. wurde die vatikanische Aussenpolitik wieder auf eine realistische Basis gestellt.

Der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen, kritisiert dieses «Geheimabkommen» immer wieder mit scharfen Worten. Vor Kurzem wurde der Bischof von Haimen, Shen Bin, ohne Zustimmung des Vatikans nach Shanghai versetzt. Dies und die Tatsache, dass bisher nur wenige der über 60 vakanten Bischofssitze besetzt werden konnten, zeigt, dass China nicht bereit ist, sich an das Abkommen zu halten. Die Leidtragenden sind nach wie vor die treuen Gläubigen, die – mit Zustimmung des Vatikans(!) – zwischen Anpassung und Verfolgung wählen müssen.

 


 

 


Redaktion


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