(Bild: Carlos Daniel/Cathopic)

Kirche Schweiz

Ader­lass im Semi­nar des Bis­tums Chur

Am 29. Okto­ber 2023 ver­öf­fent­lichte das Schwei­ze­ri­sche Pas­to­ral­so­zio­lo­gi­sche Insti­tut (SPI) die aktu­el­len Zah­len (2022) zur Katho­li­schen Kir­che in der Schweiz, dar­un­ter auch die Anzahl der Diözesanpriester.

Ende 2022 gehörten ca. 2,89 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Römisch-katholischen Kirche an (Vorjahr: 2,96 Millionen). Die Zahl der Kirchenaustritte ist mit 34 561 Personen fast gleichgeblieben (2021: 34 182).

Das SPI gab auch die aktuellen Zahlen der Diözesanpriester in der Schweiz an.
 


«swiss-cath.ch» nahm die aktuellen Zahlen zum Anlass, bei den Regensämtern nachzufragen, wie viele Seminaristen (Priesteramtskandidaten) und Theologiestudentinnen resp. Theologiestudenten aktuell verzeichnet sind.

Im Bistum Basel studieren aktuell fünf Seminaristen: Zwei studieren in Fribourg und je einer in Freiburg i. Br., Innsbruck und Rom. Regens Agnell Rickenmann ist es wichtig, dass die Seminaristen während ihrer Ausbildung in einer Gemeinschaft leben können. Da das Priesterseminar in Luzern schon vor längerer Zeit aufgehoben wurde, sind die Seminaristen nun auf verschiedene Orte verteilt. Dies hängt mit der Zweisprachigkeit des Bistums zusammen, aber auch damit, dass die Seminaristen unterschiedlich weit im Studium sind und z. B. ein Auslandjahr verbringen.

Von den beiden Seminaristen des Bistums Chur studiert einer in Chur, der andere in Fribourg. Der einzige Seminarist des Bistums St. Gallen studiert ebenfalls in Chur. Mit anderen Worten: Die insgesamt acht Seminaristen der Deutschschweizer Bistümer verteilen sich auf fünf verschiedene Orte. Ein gemeinsames Seminar für alle deutschsprachigen Bistümer ist gemäss Auskunft momentan keine Option.

Die beiden Seminaristen aus dem französischsprachigen Teil des Bistums Sitten studieren im «Haus der Seminare» in Givisiez, welches seit September 2012 von den Bistümern Lausanne, Genf und Freiburg und Sitten gemeinsam geleitet wird. Von der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg haben wir leider keine Rückmeldung erhalten.

Im Bistum Lugano existieren zwei Seminare: Im Diözesanseminar «San Carlo» sind zurzeit fünf Seminaristen, im diözesanen-Missionsseminar «Redemptoris Mater» fünfzehn Seminaristen. Alle sind Studenten der Theologischen Fakultät in Lugano.

Die weltweit über hundert Priesterseminare «Redemptoris Mater» sind aus dem «Neokatechumenalen Weg» entstanden. In ihnen leben Seminaristen verschiedener Nationalitäten, die sich für die Missionsarbeit berufen fühlen. Die Seminare sind dem jeweiligen Ortsbischof unterstellt. Priester, die aus einem «Redemptoris Mater»-Seminar hervorgehen, sind als Diözesanpriester in Pfarreien, diözesanen Einrichtungen oder missionarischen Projekten tätig.

Zum Vergleich die Zahlen aus dem Jahr 2019 – publiziert im September 2021 auf der Seite der SBK[1].
 


Während die Zahl der Seminaristen in den anderen Bistümern etwa gleich geblieben ist, sank sie im Bistum Chur massiv (von 25 im Jahr 2019 auf 5 im Jahr 2023).[2] «Die geringere Anzahl an Seminaristen beschäftigt und sorgt uns sehr», schreibt die Kommunikationsverantwortliche des Bistums Chur, Nicole Büchel, auf Anfrage von «swiss-cath.ch». In diesem Jahr hat sich ein Seminarist entschieden, bei den Franziskanern das Noviziat zu beginnen, ein anderer ist der Petrusbruderschaft beigetreten. «Von den im Jahre 2019 angegebenen 25 Seminaristen waren viele bereits in den letzten Ausbildungsjahren. Die meisten wurden geweiht. Inzwischen haben leider nur ganz wenige neue Seminaristen eine Ausbildung begonnen. All diese Faktoren erklären den Unterschied zwischen den beiden Jahren.» Diese Antwort befriedigt nur partiell. Bischof Bonnemain muss sich der Frage stellen, ob Vorgänge wie beispielsweise der Erlass des Verhaltenskodex nicht ein Klima geschaffen haben, das der Bereitschaft zum Priestertum abträglich ist.

Zum Vergleich: Am 1. November 2023 veröffentlichte die Priesterbruderschaft St. Petrus ihre aktuellen Zahlen. Diese nennen aktuell weltweit 179 Seminaristen und haben damit einen neuen Höchststand erreicht. Die meisten stammen aus den USA und aus Frankreich.
 


Hauptamtliche «Seelsorger» in der Deutschschweiz, Ehrenamtliche in Lugano und Sitten
Die rund 30 Theologiestudierenden des Bistums Basel studieren vor allem in Luzern oder Fribourg. Die 10 zukünftigen «Seelsorger» des Bistums St. Gallen studieren in Chur und Luzern. Die 30 Theologiestudierenden des Bistums Chur verteilen sich zu gleichen Teilen auf Chur und Luzern, vier studieren in Fribourg.

Aus dem französischsprachigen Teil des Bistums Sitten studieren 5 Personen in Fribourg; drei Frauen absolvieren eine Ausbildung am «Centre Catholique Romand de Formations en Eglise» CCRFE) in Fribourg. Gemäss dem Informationsbeauftragen des Bistums, Paul Martone, besuchen zurzeit rund 30 Personen den «Parcours Theodule». Diese Ausbildung wird in Form von Abend- oder Halbtagesveranstaltungen angeboten und behandelt die wesentlichen Themen der Theologie. Die Absolventen des dreijährigen Kurses arbeiten ehrenamtlich in einer Pfarrei mit.

Im Bistum Lugano gibt es keine sogenannte «Seelsorger» (vormals Pastoralassistenten). «Wir haben Katechisten, Religionslehrer oder Mitarbeiter, aber sie leisten ihre Dienste auf freiwilliger Basis», erklärt Luca Montagner, Kommunikationsverantwortlicher des Bistums.

Braucht die Schweiz so viele Fakultäten?
Das SPI veröffentlichte Ende Oktober auch die Zahlen der Theologiestudierenden gemäss Fakultäten. In diesen Zahlen sind auch Studierende aus dem Ausland beinhaltet und solche, die nicht für ein Bistum studieren.
 


Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, ob die Weiterführung der Theologischen Hochschule Chur noch vertretbar ist. Die 36 Studierenden verteilen sich auf fünf Jahre (Bachelor und Master), manche absolvieren das Bischöfliche Studienprogramm, viele studieren in Teilzeit. Somit werden in den Seminaren und Vorlesungen vermutlich durchschnittlich fünf Personen teilnehmen – ein wissenschaftlicher Diskurs ist so nur bedingt möglich. Auch aus wirtschaftlicher Sicht muss diese Frage gestellt werden, stehen doch diesen insgesamt 46 Studierenden 20 Professoren, Dozierende und Lehrbeauftragte gegenüber sowie weiteres Personal im Sekretariat, Bibliothek, Hausdienst usw.

 

In der Schweiz gehörten 2021 32,9 Prozent der Wohnbevölkerung der Römisch-katholischen Kirche an. An zweiter Stelle folgten bereits die Konfessionslosen mit 32,3 Prozent und erst an dritter Stelle die Evangelisch-reformierte Kirche mit 21,1 Prozent. Den jüdischen Glaubensgemeinschaften waren nur 0,2  Prozent zugehörig und den Islamischen Glaubensgemeinschaften 5,7 Prozent.

 


[1] https://www.bischoefe.ch/statistik-der-katholischen-kirche-in-der-schweiz-2019/
[2] Neben den erwähnten Seminaristen sind drei weitere Seminaristen bereits in einer Pfarrei tätig, somit gibt es im Bistum Chur aktuell fünf Seminaristen.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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    Gabriela Ulrich 18.11.2023 um 09:10
    Wenn man der Ursache nicht wirklich nachgeht, warum heute sowenig Seminaristen an Theologische Hochschule in Chur studieren, wird sich in Zukunft nichts ändern. Die Schuld einfach den Kirchenleute in die Schuhe schieben, das verhebt nicht. Es hat im Weinberg des Herrn zuwenige Arbeiter. Die Pastoralassistenten und ständige Diakone, die eine Kirchgemeinde leiten, haben nichts gebracht, weil sie gegen das Priestertum sind. Sie haben überhaupt kein Interesse am Priesterberuf, an der Verkündigung der Frohen Botschaft Jesus Christus und am Missionieren. An den Früchten werdet ihr sie erkennen!
  • user
    Tobias Maier 11.11.2023 um 13:04
    Alarmierend sind vor allem die Zahlen aus Chur. So gut wie keine Seminaristen mehr, ja nicht einmal Studenten. Wenigstens kann jetzt niemand mehr konservativen Bischöfen wie Huonder den schwarzen Peter in die Schuhe schieben. Die jungen Leute stimmen mit den Füßen ab.
  • user
    Hansjörg 10.11.2023 um 19:43
    Da gehe ich jetzt schwer davon aus, dass Ende 2023 die Konfessioslosen in der Schweiz die Mehrheit haben werden. Die verursachten Missbrauchstaten haben kräftig mitgeholfen.
    • user
      Don Michael Gurtner 10.11.2023 um 22:26
      Das mag wohl auch ein Grund sein, aber ich würde auch den Faktor "Gottverlorenheit" innerhalb der katholischen Kirche selbst nicht vernachlässigen.
      Die Kirche überzeugt nicht mehr, weil die Leute doch irgendwie merken: die Kirchenleute selbst haben ihren Glauben aufgegeben, ihr Glaube ist nicht mehr so greifbar wie einst, sie sind von den grundsätzlichsten Dingen nicht mehr überzeugt und lehnen diese gar mehr oder weniger offen ab. Es hat eine seltsame Gottlosigkeit Einzug gehalten in die Kirche. Das wirkt freilich auch in den Laienstand hinein, gar keine Frage.
      Auch eine Liturgie die sich mehrheitlich horizontal abspielt mag einen kurzen Beifall auslösen, wie ein Streichholz das ganz kurz hell aufflammt, aber sofort danach verglimmt.

      Solange wir nicht ehrlich zugeben, uns seit 60 Jahren oder länger sauber verrannt zu haben, und diesbezüglich eine Kurskorrektur vornehmen, wird es bis zum baldigen Ende nur weiter bergab gehen.

      Ich kann es schon sehr gut nachvollziehen wenn eine derart abgeplattete Kirche niemend mehr überzeugt, und deshalb, irgendwie auch folgrichtig, die "Bekenntnislosen" die große Mehrheit bilden.
  • user
    Kurt Vogt 10.11.2023 um 13:42
    Zahlen sind immer schön, doch drücken sie nicht alles aus und sollten hinterfragt werden. So ist hier die grosse Frage, woher denn in den letzten Jahren alle Seminaristen im Bistum Chur kamen - wie viele kamen wirklich aus dem Gebiet des Bistums? Wenn sie nicht aus dem Gebiet des Bistums Chur kamen: Was war die Motivation für das Studium in Chur? - Und bei der Petrusbruderschaft ist doch auch zu fragen, aus welchen Bistümern der Schweiz wieviele kommen?
    Dies hinterfragt, werden ganz neue Dimensionen von Antworten und Konsequenzen fällig.
  • user
    Phil Landolt 10.11.2023 um 11:17
    Es ist sehr schade, dass die aktuell Verantwortlichen in Chur nicht sehen wollen dass der Seminaristenschwund in Zusammenhang mit ihrer "Ideologie" steht.
    Jeder kann sehen dass die Tradition blüht, auch beim Nachwuchs der Priesterseminare. Aber es muss wohl erst alles kaputt gehen bevor man sich wieder demütig auf die Glaubenswahrheiten besinnt und nicht mehr dem Mainstream huldigt.
  • user
    Don Michael Gurtner 10.11.2023 um 09:48
    Verständlich, die THC ist alles andere als eine attraktive Hochschule, und wie die Dinge derzeit laufen würde ich auch nicht neu anfangen müssen wollen in einem Seminar.

    Ich war über die Kartage und Ostern in einem internationalen Priesterseminar in der Oberpfalz zu Gast (in Zaitzkofen, das liegt im Landkreis Regensburg), und muß ehrlich sagen: ich war tief beeindruckt.

    Es liegen Welten zwischen jenem Seminar und den Diözesanseminaren die ich kenne, ein völlig anderes (sehr viel gesünderes) Klima, die Alumnen sind irgendwie viel fröhlicher und innerlich nicht so angespannt wie in anderen Seminaren, es war dort alles viel unverkrampfter und ausgeglichener, und es war vor allem ein wirklich geistlich durchtränktes Klima, wo die heilige Liturgie nicht nur ein lästiges Anhängsel schien, und wo sämtliche Kirchen und Kapellen zum Gebet völlig natürlich drängten und nicht unansehnliche, bedrückende Seminarkapellen den Gang dorthin innerlich erschwerten und zu einem Bußgang machten.
    Kurz: es war ein Seminar wie ich es mir immer gewünscht hätte.

    Vielleicht ist das, was man heute als "moderne, zeitgemäße Priesterausbildung" bezeichnet einfach zu unattraktiv und zu platt, als daß es noch Männer anziehen kann. Darüber sollte man sich auch einmal Gedanken machen.