Bischof Crameri war im Rahmen des Monats der Weltmission auf Einladung von Missio Schweiz, der päpstlichen Missionswerke in der Schweiz, vom 11. bis 16. September hier zu Gast. Der Bischof sprach dabei offen über die enormen Herausforderungen dieses lateinamerikanischen Landes, das zumeist nicht im Fokus des Mediengeschehenes ist.
Antonio Crameri leitet seit 2021 das apostolische Vikariat von Esmeraldas in der gleichnamigen Provinz und Stadt. Diese abgelegene Region an der Grenze zu Kolumbien hat rund 650 000 Einwohnerinnen und Einwohner, von denen 68 % katholisch sind. Mit 45 % Afro-Ecuadorianern, drei indigenen Ethnien, Mestizen und den Nachfahren europäischer Siedler hat Esmeraldas eine sehr gemischte Bevölkerung.
Gewalt im Alltag
Geprägt von stetig zunehmender Gewalt, vernachlässigt von korrupten staatlichen Institutionen, ohne jegliche Zukunftsperspektiven, lebt die Region in einer sehr schwierigen Situation, was jedoch weder das Gottvertrauen noch den Optimismus des aus Puschlav in Graubünden stammenden Bischofs erschüttern kann.
«Seit drei Jahren wird die Region von der mexikanischen Mafia heimgesucht. Wir wissen, dass es sich um Mexikaner handelt, da sie ihre Verbrechen immer auf dieselbe abscheuliche Art und Weise ausführen. Sie enthaupten ihre Opfer, werfen den Kopf auf den Dorfplatz und hängen den Körper an einem Baum oder einer Brücke auf. Das Ganze filmen sie und veröffentlichen es in den sozialen Netzwerken.»
Trotz dieser Abscheulichkeiten hat Bischof Crameri aber auch immer wieder Hoffnung für diese Menschen und sieht auch bei Ihnen immer wieder die Gnade Gottes am Werk. «2014 haben Diebe unsere Mission überfallen. Einer von ihnen hielt mir eine Pistole an den Kopf und stellte mir völlig unerwartet die Frage: ‹Wie lange betest du jeden Tag?› – Ich: ‹Ungefähr drei Stunden› – Er: ‹Dann bete weiter, aber nicht für uns, sondern für unsere Kinder, damit sie nicht in dieser Gewalt und diesem Elend aufwachsen müssen›.» In Esmeraldas geboren zu werden und aufzuwachsen sei etwas anderes als in der Schweiz geboren zu werden und aufzuwachsen, meint daher der Bischof knapp.
Korruption und Unterschlagung
Ein weiteres Problem ist die weitverbreitete Korruption. Die lokalen Behörden sind oft korrupt und stecken mit den mafiösen Gruppen nicht selten unter einer Decke. Die ohnehin eher geringen Hilfen des Zentralstaats kommen daher nur selten vollständig bei ihren Empfängern an. Als Beispiel nennt Bischof Crameri die Geschichte des neuen staatlichen Krankenhauses in Esmeraldas. «Es sollte auf dem neuesten Stand der Technik sein und wurde mit grossem Pomp und dem Slogan ‹Kostenlose Gesundheit für alle› eingeweiht. In Wirklichkeit war das aber alles eine Lüge, die medizinischen Geräte wurden für den Tag der Einweihung aus anderen Krankenhäusern herangekarrt, wohin sie dann auch in den Tagen danach wieder zurückkehrten. Den Angestellten wurde unter Androhung der Entlassung strengstens verboten, darüber zu sprechen. Die Hilfesuchenden erhielten von den diensthabenden Ärzten in der Folge nur allzu oft den Rat, in ihre eigene Privatpraxis zu kommen – natürlich gegen Bezahlung – da im Krankenhaus das oder jenes Gerät leider nicht funktioniere oder gerade das entsprechende Medikament ausgegangen sei.»
Eine Jugend ohne Zukunft
Bischof Crameri sorgt sich insbesondere um die Zukunftsperspektiven für die Jugend. Da sich die Region zum Beispiel sehr gut für den Anbau von Kakao eignen würde, versucht er beim Aufbau genossenschaftlicher Strukturen zu helfen, um somit Arbeitsplätze zu schaffen. Das sei aber leider ein schwieriges Unterfangen mit vielen Rückschlägen. Ideale Ausgangsbedingungen zur Rekrutierung Jugendlicher für die mafiösen Banden.
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