Br. Paul Zahner (v.r.), Br. Francesco Patton (Kustos des Heiligen Landes) und Br. Louis (Sekretär der Kustodie des Heiligen Landes für die Schweiz).

Interview

Die Fran­zis­ka­ner und das Hei­lige Land: «Hoff­nung wider alle Hoffnung»

Die Kar­wo­chen­kol­lekte geht je zur Hälfte an den «Schwei­ze­ri­schen Heiligland-​Verein» und an die Franziskaner-​Kustodie des Hei­li­gen Lan­des. «swiss​-cath​.ch» fragte bei Br. Paul Zah­ner OFM, Franziskaner-​Kommissar für die Schweiz und für Liech­ten­stein, nach der Auf­gabe der Kus­to­die und sei­ner per­sön­li­chen Bezie­hung zum Hei­li­gen Land.

Sie sind Franziskaner-Kommissar des Heiligen Landes. Was muss man sich darunter vorstellen?
Der Franziskanerorden hat weltweit gegen 80 Kommissare für das Heilige Land, die jeweils für ein Land oder für eine Region eines Landes zuständig sind. Sie fördern die Kenntnisse des Heiligen Landes, unterstützen es und sammeln Geld für das Heilige Land. Besonders die Karwochenkollekte ist – in der Schweiz – für die Kustodie des Heiligen Landes und für den «Schweizerischen Heiligland-Verein» bestimmt. Das ist eine päpstlich angeordnete weltweite Kollekte für die Aufgaben im Heiligen Land. Ich selber bin Franziskaner-Kommissar für die Schweiz und für Liechtenstein. Viermal im Jahr geben wir im deutschsprachigen Raum eine franziskanische Zeitschrift über das Heilige Land heraus, «Im Land des Herrn». Sie ist gratis erhältlich; wir nehmen gerne eine Spende dafür entgegen.

Wie sehen die konkreten Aufgaben der Franziskanerkustodie im Heiligen Land aus?
Diese sind sehr vielfältig: Betreuung der Heiligen Stätten mit Pilgerseelsorge, 4 Pilgerhospize, Pfarreiseelsorge in verschiedenen Sprachen, 14 Schulen für Christen und für Muslime, Lehrwerkstätten, Ambulanzstationen, Sozialwohnungen, wissenschaftliche Einrichtungen, theologische Ausbildung usw. Genauere Angaben gibt die Webseite der Kustodie.

Es wohnen rund 300 Franziskaner aus fast 50 Nationen im Heiligen Land. Sehen die Franziskaner diese Vielfalt als Chance, Zeugnis für ein friedliches Miteinander zu geben?
Die Vielfalt der Franziskaner im Heiligen Land ist faszinierend: Brüder aus Israel, Palästina, Syrien, Libyen, Afrika, Lateinamerika, Italien und aus vielen anderen Ländern. Natürlich kann das in den Gemeinschaften Konflikte geben, aber es ist auch eine eindrückliche Vielfalt, die täglich ein Zusammenleben versucht. Und das ist sehr wertvoll. Jede Provinz des Ordens sollte nach unseren Franziskaner-Konstitutionen möglichst einen Mitbruder im Heiligen Land haben, da dies ein sehr wichtiger Dienst unseres Ordens am Heiligen Land ist.
 


Sie waren schon öfters im Heiligen Land. Was berührt Sie besonders?
Persönlich berühren mich sehr die ruhigen Momente irgendwo an stillen Orten. Das sind die Orte, an denen ich Jesu Gegenwart erleben kann. Die vielbesuchten Orte sind zwar wichtig, aber es ist kaum möglich, dort ruhig zu werden und einfach da zu sein. Aber es gibt auch an diesen Orten ruhige Momente, vor allem am Morgen früh bevor jeweils die vielen Pilger kommen. Faszinierend ist auch, auf den Strassen Jerusalems in ein Strassenkaffee zu sitzen und einen Saft zu trinken. Dabei kann man die vorbeigehenden Leute in Ruhe betrachten und begegnet allen Religionen: Musliminnen, die schöne Schleier ausprobieren, einen orthodoxen Juden, der im Gehen in der Heiligen Schrift liest, einem orthodoxen Mönch, der sich durch die vollen Gassen schlängelt, einer Soldatin mit einer Maschinenpistole in den Armen und mittendrin auch ein Franziskaner.

Das Zusammenleben von Israeli und Palästinenser war schon immer schwierig, nach dem 7. Oktober 2023 scheint eine Annäherung aber fast unmöglich.
Leider sind beide Seiten immer wieder intolerant gegeneinander. Sie üben gerne Gewalt aus, ohne vernünftige Grenzen und internationale Gesetze zu respektieren. Der schreckliche Terroranschlag am 7. Oktober und der schon halbjährige Krieg haben wieder ganz neue Wunden geschlagen. Leider ist auch die Regierung Israels stark rechtslastig und in vielem sehr intolerant. Sicher ist, dass es nur noch besser werden kann. Dafür habe ich eine tiefe christliche Hoffnung.
 


Zurzeit sind sich viele Menschen unsicher, ob sie nach Israel reisen sollen. Manche haben Angst wegen des herrschenden Krieges, andere empfinden es als unangebracht, als Tourist oder Pilger in ein Kriegsgebiet zu reisen. Andererseits leiden viele Menschen im Heiligen Land unter dem Fehlen der Touristen und Pilger. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Finanziell ist die Situation schrecklich. Die fehlenden Pilgerinnen und Pilger verunmöglichen einen wirklichen Verdienst. Die Pilgerorte mit ihren Angestellten leider unter dem gänzlich fehlenden Geld, das die Franziskaner-Kustodie kaum aufbringen kann. Es wäre gut und wichtig, als Pilger aufzubrechen, um so das Heilige Land zu unterstützen. Aber leider ist das für Gruppen faktisch zu gewagt und die Leute haben Angst. Auch wir werden vermutlich unsere Reise im Oktober nicht durchführen können, da die Menschen Angst haben, in dieses Land zu reisen. Vielleicht werde ich selbst eine Reise wagen. Aber das ist eine kleine Hilfe, eher ein Solidaritätszeichen mit dem Heiligen Land und den Mitbrüdern dort.

Was wünschen Sie sich für das Heilige Land?
Einen intensiven Dialog zwischen Judentum, Islam und Christentum. Ein Dialog, der die Würde der Menschen in allen Religionen zeigt und Gottes Offenheit für jeden Menschen darzustellen vermag. Das ist ja eine Grundlage jeder Religion. Nur in Achtung füreinander achten wir auch Gott. Möge das Kreuz des schweren Leidens im Heiligen Land hinüberführen zur Freude eines neuen österlichen und friedlichen Lebens.
 

Br. Paul Zahner ist Franziskaner OFM und lebt im Franziskanerkloster in Näfels GL. Dort ist er Guardian und zugleich Kommissar des Heiligen Landes für die Schweiz und Liechtenstein. Er hat zusätzlich eine kleine Anstellung als Seelsorger im Waidspital in Zürich und ist bis Ende Juli Pfarradministrator in Glarus.
 

Auskünfte über Aufgaben des Franziskaner-Kommissars für die Schweiz und für Liechtenstein finden sich hier.
Franziskanische Zeitschrift über das Heilige Land «Im Land des Herrn» Link


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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