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Kommentar

Ehr­ver­let­zungs­de­likt: kath​.ch lernt den Rechts­staat kennen

Das Bezirks­ge­richt Zürich hat den Straf­be­fehl der Staats­an­walt­schaft bestä­tigt und eine kath.ch-Journalistin wegen Ehr­ver­let­zungs­de­likt ver­ur­teilt. Der Vor­gang kann nicht iso­liert betrach­tet wer­den, son­dern muss in die Kate­go­rie «Das toxi­sche Erbe des Raphael Rauch» sub­su­miert werden.

Im Juli 2023 wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Zürich eine kath.ch-Journalistin wegen übler Nachrede im Sinne von Art. 173 Strafgesetzbuch verurteilt hatte (vgl. swiss-cath.ch «Strafbefehl gegen kath.ch-Journalistin»). Wie kam es zu diesem Verdikt? Kath.ch hatte im Herbst 2022 unter der Ägide des damaligen deutschen Chefredaktors Raphael Rauch eine seiner berüchtigten Schmutzkampagnen vom Zaun gebrochen. Pro memoria: Als es Kurienkardinal Kurt Koch gewagt hatte, die deutschen Bischöfe wegen ihres synodalen (Irr-)Weges zu kritisieren, überzog Rauch den Ökumeneminister des Vatikans mit einer Kanonade von schier nicht enden wollenden Schmähartikeln.

Im Kern geht es um einen geplanten Gastvortrag von Markus Krall zum Thema «Fünf Säulen zum Erhalt einer freiheitlich-christlichen Gesellschaftsordnung», zu dem ihn das Dekanat Chur eingeladen hatte. Markus Krall ist nicht irgendwer. Bis November 2022 war er Geschäftsführer der international tätigen Goldhandelsfirma Degussa. Zudem ist er Autor von Bestsellern wie «Der Draghi-Crash» und Ritter des Ordens vom Heiligen Grab.

Als kath.ch von diesem Vorhaben Wind bekam, reagierte dieses offizielle Medienportal der katholischen Kirche mit einem Kesseltreiben gegen Markus Krall. In mehreren Beiträgen wurde der Vorwurf verbreitet, er finanziere die AfD, sei für Verschwörungstheorien anfällig und Antisemit. Die Kampagne warf hohe Wellen. Die Neue Zürcher Zeitung reagierte in ihrer Ausgabe vom 12. November 2022 mit einem fast ganzseitigen Beitrag. Insbesondere den Vorwurf des Antisemitismus wollte Markus Krall nicht auf sich sitzen lassen, läuft er doch in Deutschland mit dessen nationalsozialistischer Vergangenheit schon fast zwangsläufig auf ein berufliches Todesurteil hinaus. Markus Krall reichte konsequenterweise Strafanzeige gegen die Medienhatz der Akteure von kath.ch ein. Im Sommer 2023 konnte er einen ersten Etappensieg vermelden. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich verurteilte eine kath.ch-Journalistin wegen übler Nachrede im Sinne von Art. 173 Strafgesetzbuch. Die verurteilte Journalistin konnte sich mit diesem Verdikt nicht abfinden und zog den Fall vor das Bezirksgericht Zürich. Dieses bestätigte am 23. Januar 2024 im Wesentlichen den Schuldspruch der Staatsanwaltschaft. Es warf der Angeklagten insbesondere vor, dass sie den Vorwurf des Antisemitismus nur auf eine einzige Quelle stützen konnte, aber den irrigen Eindruck erweckte, die Vorwürfe stammten von mehreren Personen. Erschwerend kam für das Bezirksgericht hinzu, dass der mit dem Vorwurf des Antisemitismus eingedeckte Krall vor der Veröffentlichung des inkriminierten Beitrages keine Gelegenheit erhalten hatte, dazu Stellung zu nehmen. Das Bezirksgericht taxierte die Vorwürfe insgesamt als rufschädigend.

«Ich habe die Artikel auf Anweisung von Chefredaktor Rauch verfasst»
Nichts könnte besser illustrieren, in welche ideologische Zwangsjacke der damalige Chefredaktor Rauch die kath.ch-Redaktion gesteckt hatte, als die Aussage, welche die Angeschuldigte gemäss Krall im Rahmen der Befragung der Staatsanwaltschaft gemacht hat: Sie, die nun verurteilte Journalistin, wisse gar nicht, warum man ihr die von ihr verfassten Artikel zum Vorwurf mache, schliesslich habe sie diese doch auf Anweisung ihres Chefredaktors Rauch verfasst (vgl. kath.net/news/82557). Voilà!

An Hilflosigkeit und Peinlichkeit kaum mehr zu überbieten ist der Kommentar, den der Chefredaktor von kath.ch, Charles Martig, zum Urteil des Bezirksgerichts Zürich verfasst hat. Er wähnt mit diesem Urteil hierzulande gleich die Pressefreiheit in Gefahr. Zumindest indirekt suggeriert er zudem, dass der Kläger den Prozess gewonnen habe, weil er sich einen versierten Anwalt leisten konnte... Chefredaktor Martig versichert die nun verurteilte Journalistin seiner und der ganzen kath.ch-Crew Solidarität, denn sie habe «im Auftrag der Redaktionsleitung gehandelt»: Wer wollte dies ernsthaft bestreiten! Eine Aussage, die Bände spricht.

Schon fast verzweifelt schliesst Chefredaktor Martig seinen Kommentar mit den Worten: «Ob die Verurteilung zu Recht geschehen ist, wird wohl das Obergericht Zürich klären müssen»: Eine zutiefst unangenehme Zwickmühle, in die sich die verurteilte Journalistin mitsamt der ganzen kath.ch-Crew hinein manövriert hat. Denn abgesehen davon, dass es nicht nur ein Obergericht, sondern auch noch ein Bundesgericht gibt, liegt die Chance, dass das Obergericht die Urteile der Staatsanwaltschaft und das Bezirksgericht kehren wird, deutlich unter 50 Prozent. Angesichts dieses klaren Verdikts ist das Prozessrisiko entsprechend gross, verbunden mit einem noch grösseren Medienecho und all den finanziellen Folgen einer weiteren Niederlage vor Gericht. Andrerseits: Akzeptiert die kath.ch-Journalistin das Urteil des Bezirksgerichts, verfügt der Kläger Markus Krall über eine Steilvorlage für seine zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen. Es sollen sich dabei um Millionenbeträge handeln, wie er sich gegenüber kath.net äusserte (vgl. ibid).

Doch damit des Ungemachs nicht genug: Wie Markus Krall unlängst auf seinem Social Media-Kanal bekannt gab, machte die kath.ch-Journalistin auch noch eine zivilrechtliche Persönlichkeitsverletzung geltend, weil er, Krall, nach dem von der Staatsanwaltschaft ausgefällten Strafbefehl ihren Namen öffentlich gemacht hatte. Eine höchst eigenwillige Argumentation: Krall darf öffentlich mit strafrechtlich sanktionierten Vorwürfen eingedeckt werden, ihm selbst aber soll das Recht abgesprochen werden, deren Verfasserin namentlich zu nennen. Das Kreisgericht See-Gaster hat, so Markus Krall, denn auch das Ansinnen der kath.ch-Journalistin in aller Form zurückgewiesen. Bleibt die bange Frage nach der Lernfähigkeit von kath.ch und ihrer Journalistin.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    M. W. Dreher 03.02.2024 um 23:54
    Es wird noch interessant sein zu wissen, aus welcher Kasse die allfälligen Anwaltskosten beider Parteien und Schadenersatzforderungen von Dr. M. Krall bezahlt werden. Dies umso mehr, da aufgrund der angekündigten (wahrscheinlich eher erfolglosen) Weiterziehung zusätzliche, happige Beträge anfallen werden.
    Zudem ist damit auch noch offen, wer die Kosten für die Verfahren gegen die Beklagten des Bistums trägt,
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    Heinz Meier 25.01.2024 um 20:43
    Redaktionen können gleichermassen ihre Angestellten aufs Glatteis drängen wie Bischöfliche Ordinariate. Beiden ist der unterwürfige Gehorsam DAS strukturierende Prinzip von Denken und Handeln. Autonomie als menschliche Herausforderung und Verantwortung ist der Catholica wie der Medienwelt nicht selten fremd. Zweifelsohne hat der Chefredakteur von kath.ch das Urteil des Bezirksgerichtes mangels Demut nicht hingenommen. Das darf kritisiert werden. Nur sollte man dann und wann auch vor der eigenen Türe kehren. Es ist störend und vieldeutig, wenn Chefredakteure sich auf andere (ehemalige oder neue) Chefs einschiessen, ohne wesentlich Neues zu erschliessen, sondern um sich spürbar vorrangig den Genuss des sicheren Applauses einer einseitigen Klientele zu vergewissern.
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      Martin Meier-Schnüriger 26.01.2024 um 20:37
      Ihr letzter Satz schlittert seinerseits haarscharf an einer Ehrverletzung vorbei. Woher nehmen Sie die Beweise für die Unterstellungen, die Sie hier der Redaktion von swiss-cath machen? Ich jedenfalls bin sehr froh darüber, dass wenigstens jemand im Land den Mut hat, die Machenschaften eines pseudokatholischen Medienportals, das ich auch noch via Kirchensteuern unterstützen muss, aufzudecken
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    Tobias Maier 25.01.2024 um 17:00
    Die Bischöfe hätten den Menschen einiges ersparen können, wenn sie beizeiten gehandelt und diese Art von Hetz- und Hassjournalismus gar nicht erst aufkommen hätten lassen. Aber dazu hätte man schon vor vielen Jahren handeln müssen und nicht so blauäugig sein dürfen.
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    Hansjörg 24.01.2024 um 17:46
    Der Sinn des über den Artikel gestellten Bildes ist mir völlig unklar. Gut es kann sein, dass die sehr konservative Redaktion von swiss-cath Frauen generell so sieht.
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      Martin Meier-Schnüriger 27.01.2024 um 13:17
      Nicht Frauen generell, sondern nur solche - es können auch Männer sein -, die sich anschicken, ehrverletzende Behauptungen in die Welt zu setzen.