Raphael Rauch. (Bild: Corry1808/Wikimedia Commons)

Kirche Schweiz

Es war nur ein Aprilscherz

Unsere Mel­dung von der Rück­kehr des Raphael Rauch zu kath​.ch war nur ein April­scherz und ein äus­serst kurz­le­bi­ger noch dazu.

Am 1. April 2023 vermeldete swiss-cath.ch die Rückkehr von Raphael Rauch zu kath.ch. Das Dementi folgte postwendend, und zwar vom Hauptdarsteller himself. Bereits einen Tag später, am Sonntag, den 2. April, gab Rauch sein Début beim SonntagsBlick – nein, nicht wie angekündigt als Verstärkung des Wirtschaftsressorts, stattdessen aber gleich mit zwei Artikeln zu den von ihm mit Inbrunst beackerten Kircheninterna. Dabei war es unvermeidlich, dass der obsessiv auf de sexto fixierte Rauch seinen ersten Artikel mit dem Titel überschrieb: «Sie wollte Seelsorge – er wollte Sex». Insofern also ein Déjà-vue. Der zweite Beitrag hatte es dann aber in sich: «Er stürzte den damaligen Bischof von Chur – Kardinal Rauber (+88) lüftete Geheimnis um Haas-Absetzung», lautete die verführerisch-reisserische Schlagzeile.

Doch was hat es mit diesem vermeintlichen Geheimnis tatsächlich auf sich? Rauch wörtlich: «Und dann lüftet Karl-Josef Rauber das Geheimnis, das Wolfgang Haas am Ende zu Fall brachte: Interventionen von Chiara Lubich (1920 – 2008) [...] ‹Sie hat dem Papst von den Schwierigkeiten im Bistum Chur berichtet. Der Papst hat auf Chiara Lubich gehört, nicht auf mich.›» Wie bitte? Hat Rauch nicht wenige Zeilen zuvor in der Titelzeile Kardinal Rauber die Absetzung von Bischof Hass als Verdienst angerechnet («Er stürzte den damaligen Bischof von Chur») – und damit das pure Gegenteil behauptet? Aber eben, was tut man nicht alles für eine knallige Schlagzeile, und sei es auf Kosten der eigenen Glaubwürdigkeit. Immerhin sei konzediert: In Sachen journalistischer Unglaubwürdigkeit ist Rauch bei Ringier bestens aufgehoben.

Fataler noch: Weder Kardinal Rauber noch Chiara Lubich, Gründerin der Fokolarbewegung und die Sanftmut in Person, haben Bischof Wolfgang Haas vom Stuhl des Bistums Chur vertrieben.

Das sogenannte Geheimnis, das für auch nur halbwegs mit der Materie Vertraute längst keines mehr war, hat der ehemalige Professor für Kirchengeschichte an der Theologischen Hochschule Chur, Albert Gasser, wenige Tage zuvor, am 31. März 2023, im Rahmen eines Vortrages in Winterthur wohl endgültig als Fata Morgana demaskiert. Er sei, so gab der eingefleischte Haas-Gegner Albert Gasser freimütig und nicht ohne Eitelkeit zu Protokoll, seinerzeit höchstpersönlich beim damaligen Bundespräsidenten Flavio Cotti vorstellig geworden und habe Letzteren bekniet, im Vatikan zwecks Entfernung von Bischof Haas zu intervenieren. Bundespräsident Cotti habe ihm volle 30 Minuten zugehört und am Schluss eine entsprechende Démarche zugesagt. Albert Gasser lobte sich für sein Agieren auf höchster politischer Ebene gleich selbst: Aufgrund jahrzehntelanger kirchengeschichtlicher Erfahrung sei es wohlbekannt, dass der Vatikan auf staatlich-politischen Druck hin viel sensibler reagiere als auf Interventionen von kircheninterner Seite.

Gassers Analyse ist ebenso irritierend wie zutreffend. In der Tat folgte die Abschiebung von Bischof Haas ins eigens dazu gegründete Erzbistum Liechtenstein just diesem Szenario. Nur: Damit huldigt Kirchenhistoriker Gasser einem vorkonziliaren Kirchenbild, welches das Zweite Vaticanum – weil nicht mehr zeitgemäss – überwinden wollte, forderte es doch ausdrücklich die Staaten auf, inskünftig auf Einmischungen in kirchliche Angelegenheiten, wozu vorzugsweise die Bischofsernennungen gehören, zu verzichten (vgl. insbesondere Nr. 20 des Dekrets «Christus Dominus. Über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche»).


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Michael 23.04.2023 um 15:05
    Wes Geistes Kind dieser Rauch ist, brauchen wir nicht zu fragen. Wer es noch nicht wusste, lese auf eigene Gefahr seinen neusten Erguss im „Blick“ (wo sonst?) https://www.blick.ch/meinung/schweiz-vatikan-was-berset-dem-papst-sagen-sollte-id18512038.html
    Offensichtlich ist Rauch jetzt schon viel näher an dem Ort, wo er hingehört.
    Aber wes Geistes Kind ist die Schweizer Bischofskonferenz, die ihn als ihr angebliches Sprachrohr benutzt hat?
  • user
    Martin Meier-Schnüriger 08.04.2023 um 11:10
    Ergänzend wäre zu vermerken, dass die Idee, Bischof Wolfgang Haas zwei Weihbischöfe als "Helfer", bzw. als Aufpasser, zur Seite zu stellen, wohl auf den damaligen Nuntius EB Rauber zurückgeht. Diese Massnahme darf als Anfang vom Ende der Ära Haas in Chur bezeichnet werden.
    Die Geschichte rund um die Ablösung Wolfgang Haas' als Bischof von Chur und die Gründung des Erzbistums Vaduz zeigt einmal mehr, wie verhängnisvoll die Verflechtung von Kirche und Staat ist. Bundesrat Cotti hätte sich konsequent aus der Sache heraushalten müssen, beteuert doch der Staat immer wieder seine angeblich neutrale Haltung, was Glaubensfragen angeht. Der Vatikan als Staat und die katholische Kirche als Glaubensgemeinschaft sind zwei verschiedene Ebenen. Noch trauriger ist das Verhalten des katholischen Priesters Albert Gasser, der es nicht unter seiner Würde fand, bei weltlichen Behörden um Hilfe bei der Absetzung des ungeliebten Oberhirten zu bitten. Ein Rückfall nicht nur hinter das 2. Vatikanische Konzil, sondern in die Zeit des Kulturkampfs im 19. Jahrhundert ...
  • user
    Cyrill 05.04.2023 um 21:50
    Gut gibt es swiss-cath! Dank euch bin ich für Nachrichten aus dem kirchlichen Bereich nicht mehr auf Portale wie kath.ch angewiesen.
    Somit werden Leute wie R. Rauch, zumindest für mich, belanglos. Sobald ihr die Berichterstattung über ihn einstellt, verraucht der gute Herr vollständig aus meinem Gedächtnis.