(Bild: Markus Spiske/Pexels)

Neuevangelisierung

Fas­ten – kein Selbstzweck

Vor Beginn der Fas­ten­zeit haben Bei­träge über das Fas­ten Hoch­kon­junk­tur. Dabei geht es in aller Regel fast aus­schliess­lich um das kör­per­li­che Wohl­be­fin­den, vor­zugs­weise ums Abneh­men. Kirch­li­ches Fas­ten hin­ge­gen ist auf das See­len­heil ausgerichtet.

Fasten war seit Beginn der Kirche Teil der Glaubenspraxis. Vor wichtigen Entscheidungen, wie z. B. vor der Aussendung von Paulus und Barnabas (Apg 13,1–3), wurde gefastet, ebenso bereiteten sich Katechumenen durch Fasten auf ihre Taufe vor; Fasten gehörte auch zur Busspraxis.
Im Mittelalter gab es insgesamt über 130 Fastentage im Jahr: Neben der österlichen Busszeit zählten dazu die

  • Fastenzeit vor Weihnachten: zwischen dem Gedenktag des heiligen Martin (11. November) bis Weihnachten während drei Tagen der Woche.
  • Vigilfasten vor den hohen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern, Maria Himmelfahrt oder das Fest der heiligen Petrus und Paulus.
  • Quatemberfasten (Tage, die der Busse und dem Gebet gewidmet sind): Mittwoch, Freitag und Samstag in der ersten Woche der Fastenzeit, der Pfingstwoche, der Woche nach dem Fest Kreuzerhöhung (14. September) und der Woche nach dem Fest der heiligen Luzia (13. Dezember).[1]

Papst Paul VI. reduzierte 1966 (Apostolische Konstitution «Paenitamini») die strengen Fast- und Abstinenztage der vorösterlichen Busszeit von 40 Tagen auf zwei: Aschermittwoch und Karfreitag.

Die deutsche Krankenkasse «DAK-Gesundheit» veröffentlichte 2023 eine Umfrage. Dabei ging es um die Frage, worauf die Befragten während der Fastenzeit am ehesten verzichten würden. An der Spitze standen Alkohol (73 %) und Süssigkeiten (73 %), danach folgten Fleisch (55 %), Rauchen (43 %), Fernsehen (39 %), private Computer/Internetnutzung (19 %) und das Auto (18 %).

Fasten hat für viele nichts mit Religion zu tun. Sie fasten wegen der Gesundheit, dem persönlichen Wohlbefinden oder neuerdings auch wegen des Klimas.

Katholikinnen und Katholiken begehen die österliche Busszeit als Vorbereitung auf die Feier des Todes und der Auferstehung Christi. Sie beginnt am Aschermittwoch und dauert 40 Tage lang – eine symbolische Zahl: 40 Tage dauerte die Sintflut auf der Erde (Gen 7,17), Moses verbrachte 40 Tage auf dem Berg Sinai (Ex 24,18; 34,28), Jesus fastete 40 Tage in der Wüste (Mt 4,2; Mk 1,13; Lk 4,).

Der Verzicht auf bestimmte Dinge – das können Genussmittel wie Alkohol, Süssigkeiten oder Fleisch sein, aber auch das Smartphone oder der Fernseher – soll uns zu uns selbst führen und damit verbunden eine neue Ausrichtung auf Gott ermöglichen. Fasten ist das eine, Gebet das andere.

«Die innere Busse des Christen kann in sehr verschiedener Weise Ausdruck finden. Die Schrift und die Väter sprechen hauptsächlich von drei Formen: Fasten, Beten und Almosengeben als Äusserungen der Busse gegenüber sich selbst, gegenüber Gott und gegenüber den Mitmenschen» (KKK 1434). Die österliche Busszeit eignet sich auch zu Exerzitien oder (Buss-)Wallfahrten.

Noch eine kleine Anekdote: Die Bischöfe von Mexiko waren sich nicht einig, ob das Getränk namens Xocoatl (Schokoladenwasser) auch in der Fastenzeit getrunken werden dürfte. Fra Girolamo di San Vincenzo, ein Dominikanerpater, wurde 1569 mit der Frage nach Rom geschickt. Papst Pius V. kostete das Getränk, verzog das Gesicht und entschied: «Potus iste non frangit ieiunium» (Dieses Getränk bricht das Fasten nicht). Mexikanische Ordensfrauen experimentierten etwas herum und erfanden dann die heute bekannte süsse Schokolade – die zunächst ein erlaubtes Getränk in der Fastenzeit blieb.

 


[1] Der Name Quatember geht auf den lat. Quattuor tempora (vier Zeiten) zurück. Heute liegen die Winter-Quatembertage immer in der ersten Adventswoche, die Frühjahrs-Quatembertage in der ersten Fastenwoche, die Sommer-Quatembertage in der Woche vor Pfingsten und die Herbst-Quatembertage in der Woche vor dem Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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