(Bild: Fotalia 20213229)

Hintergrundbericht

Mehr als ein Verzicht

Wenn nach dem bun­ten Trei­ben der Fas­nacht die Buss­zeit beginnt, scheint für einen Augen­blick die Zeit still zu ste­hen. Der Ascher­mitt­woch bil­det eine Zäsur, for­dert uns auf, unse­ren Blick Rich­tung Ostern zu lenken.

Mit dem Aschermittwoch beginnt die Österliche Busszeit (Quadragesima). Sie dient der Vorbereitung auf die Feier des Todes und der Auferstehung Jesu Christi. So wie Jesus in der Wüste 40 Tage gefastet hatte (vgl. Mt 4,1–11), so sollen auch wir uns während 40 Tagen durch Fasten auf das Fest der Auferstehung Jesu Christi vorbereiten. Wer sich die Mühe nimmt und nachrechnet, wird feststellen, dass es vom 22. Februar bis zum 9. April mehr als 40 Tage sind: Die Sonntage gelten nicht als Fasttage, da wir an ihnen jeweils der Auferstehung Jesu Christi gedenken.

Eine geistliche Vorbereitung
Bereits im Alten Testament lesen wir vom Fasten als Ausdruck von Trauer, von Busse oder als Vorbereitung auf ein grosses Ereignis. Auch in der christlichen Urgemeinde wurde gefastet (Apg 13,2; 14,23). Zunächst war das Fasten sehr strikt: eine Mahlzeit pro Tag, kein Fleisch, kein Wein und zeitweise auch keine Milchprodukte und Eier. Ab dem Hochmittelalter wurden die Vorschriften über das Fasten milder. Heute gelten nur noch Aschermittwoch und Karfreitag als vorgeschriebene Fast- und Abstinenztage1, d. h. an ihnen soll kein Fleisch verzehrt und nur eine sättigende Mahlzeit zu sich genommen werden: Am Karfreitag gedenken wir des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus, mit dem Aschermittwoch beginnt die österliche Busszeit; dieser bildet quasi eine Zäsur in unserem Alltag. Besonders deutlich wird das in Gegenden, in denen die Fasnacht intensiv gefeiert wird: am Dienstag noch Ausgelassenheit und Trubel – am Mittwoch Busse und Fasten. Ganz nach dem legendären Wort der heiligen Teresa von Avila: Wenn Fasten, dann Fasten, wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn

Christliches Fasten ist aber mehr als der Verzicht auf bestimmte Speisen. Es geht in erster Linie um eine innere Reinigung, eine geistliche Vorbereitung auf Ostern.

Nachdem Jesus 40 Tage lang in der Wüste gefastet hatte, wurde er vom Teufel versucht, doch Jesus blieb standhaft. Während Adam (und Eva) sich verführen liess, bleibt der neue Adam treu; während das Volk Gottes auf seiner Wüstenwanderung Gott immer wieder herausforderte, bleibt Jesus Gott gehorsam. «Der Sieg Jesu über den Versucher in der Wüste nimmt den Sieg der Passion vorweg, den höchsten Gehorsamserweis seiner Sohnesliebe zum Vater» (KKK 539). In der Fastenzeit verbinden wir uns mit dem Mysterium Jesu in der Wüste.

Durch Fasten sollen wir frei werden von allem, was unsere Beziehung zu Gott und den Nächsten behindert. Wir können uns so auf das Wesentliche konzentrieren, erkennen, wer wir sind – und wer wir sein sollten. Die Fastenzeit ist ein wenig mit einem Frühjahrsputz vergleichbar. Wenn wir anfangen, auch in die Ecken und hinter die Möbel zu sehen, merken wir erst, wie viel Staub sich da angesammelt hat. Uns wird bewusst, dass es nicht reicht, nur die Oberflächen zu reinigen.

Die Französische Bischofskonferenz gibt in einem kurzen Video eine «Gebrauchsanweisung» für die Fastenzeit:

  1. Faste, um Hunger und Durst zu bekommen nach Gott und seinem Wort.
  2. Nimmt dir Zeit für das Gebet, um zu hören, was in dir vorgeht, was dich bewegt.
  3. Kümmere dich um die Menschen, die du liebst. Sei eine «Gute Nachricht» für andere.
  4. Empfange die Vergebung Gottes, indem du zum Sakrament der Versöhnung gehst.
  5. Widerstehe den Ausschweifungen, weil sie dich von deinen Mitmenschen und schlussendlich auch von Gott entfernen.
  6. Schenke jene Menschen Aufmerksamkeit, die sie brauchen. Du wirst Jesus in ihren Gesichtern sehen.
  7. Pflege zwischenmenschliche Beziehungen und suche darin die Früchte Gottes.
  8. Und vor allem: Freue dich über all diese Taten!
     


Aschermittwoch
In der frühen Kirche gab es die Praxis der öffentlichen Busse für schwere Sünden. In der liturgischen Praxis Galliens legten die Büsserinnen und Büsser zu Beginn der Fastenzeit ein Bussgewand an und ihr Kopf wurde mit Asche bestreut. Erst an Ostern wurden sie wieder in die Gemeinschaft aufgenommen. Seit der Jahrtausendwende wurde die öffentliche Busse nicht mehr praktiziert, der Ritus der Ascheauflegung aber beibehalten.

Am Aschermittwoch wird den Gläubigen als Symbol der Busse und Reinigung ein Aschenkreuz auf die Stirn gezeichnet oder Asche auf den Kopf gestreut. Die Begleitworte drücken aus, was die Grundhaltung in der Fastenzeit sein soll: «Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium» (Mk 1,15) oder «Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst» (vgl. Gen 3,19).

Die Fastenzeit führt auf das Fest der Auferstehung unseres Herrn hin, der Leiden und Tod besiegt hat. Nur von diesem Ziel her lässt sich der Sinn der Fastenzeit erschliessen. Der innere Zusammenhang kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass zur Herstellung der Asche die Palmenzweige vom letzten Palmsonntag verbrannt werden sollen, die während des Jahres unsere Kreuze geschmückt haben.
 


Liturgisch ist die österliche Busszeit erkennbar an der Farbe Violett der Messgewänder und Altartücher. Um den Busscharakter zu unterstreichen, ist es nicht erlaubt, den Altar während der Fastenzeit mit Blumen zu schmücken (ausgenommen am 4. Fastensonntag, an Hochfesten und Festen). Auch dürfen Instrumente nur zur Unterstützung des Gesanges eingesetzt werden. Bis zur Osternacht entfällt das «Halleluja» – selbst an Hochfesten und Festen.

Zur Vorbereitung auf das Osterfest gibt es verschiedene Möglichkeiten. An vielen Orten werden Kreuzwegandachten gepflegt, die auf die Feier des Paschamysteriums Christi hinführen sollen. Manche lesen in dieser Zeit vermehrt in der Bibel oder lesen einen «Wegbegleiter durch die Fastenzeit». In diesen Tag erschien ein solcher «Wegbegleiter» von Kurt Kardinal Koch.2
Inzwischen haben sich auch digitale Angebote etabliert, z. B. WIR FASTEN, BROTKAST von Fisherman.FM auf WhatsApp und Telegram oder 40 Tage Fasten & Gebet von Bibelserver.

 


1 Das Abstinenzgebot von Fleisch ist für alle ab 14 Jahren verpflichtend. Das Fastengebot für alle Volljährige bis zum Beginn des 60. Lebensjahres (vgl. CIC Can. 1252). Auch die Freitage im Kirchenjahr sind Abstinenztage, da der Freitag an den Tod Jesu Christi erinnert. Kinder, ältere Menschen und Kranke sind davon ausgenommen.
2 Kurt Kardinal Koch, Vom Tod zum Leben. Ein Wegbegleiter durch die Fasten- und Osterzeit, Freiburg i. Br. 2023. ISBN 978-3-451-39543-7 (auch als E-Book erhältlich)


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert