Mönche des Klosters Our Lady of Clear Creek in Hulbert, Oklahoma. (Bild: Wall Street Journal, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Neuevangelisierung

Gemein­schaft im Dienst der Kirche

Der sechste Teil der Serie zum Nach­syn­oda­len Apos­to­li­schen Schrei­ben «Vita Con­se­crata» (VC) reflek­tiert das geweihte Leben als Zei­chen der Gemein­schaft in der Kirche.

Jesus rief Menschen in seine Nachfolge und unterrichtete sie, nach seinem Beispiel für den Vater und für den von ihm erhaltenen Auftrag zu leben. Damit begründete er jene neue Familie, zu der alle gehören sollen, die bereit sind, «den Willen Gottes zu erfüllen» (vgl. Mk 3,32–35). Nach seiner Himmelfahrt entstand durch den Heiligen Geist eine erste Christengemeinde, die sich um die Apostel versammelte. «Das Leben dieser Gemeinde und noch mehr die Erfahrung der vollen Zugehörigkeit zu Christus, wie sie von den zwölf Aposteln gelebt wurde, sind stets das Modell gewesen, an dem sich die Kirche inspirierte, wenn sie den glühenden Eifer der Anfangszeiten wiederbeleben und sich mit erneuerter evangelischer Kraft wieder auf ihren Weg in der Geschichte machen wollte» (VC 41).

Lebensgemeinschaft als Abbild der Dreifaltigkeit
Das geweihte Leben hat dazu beigetragen, in der Kirche den Wunsch nach Gemeinschaft als Bekenntnis zur Dreifaltigkeit lebendig zu erhalten. Durch das Leben in Gemeinschaft hat das geweihte Leben gezeigt, «dass die Teilnahme an der trinitarischen Gemeinschaft die menschlichen Beziehungen dahingehend zu verändern vermag, dass sie eine neue Art von Solidarität hervorbringt» (VC 41). Da die Frauen und Männer des geweihten Lebens für Gott und aus Gott leben, können sie die versöhnende Wirkung der Gnade Gottes bezeugen und durch ihr eigenes Leben die Schönheit der Gemeinschaft aufzeigen.

Die Grundlage für die Gemeinschaft ist das neue Gebot Jesu: «Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben» (Joh 13,34). Da Christus aus Liebe zu uns am Kreuz starb, fordert seine Nachfolge auch eine bedingungslose Liebe von uns. Konkret bedeutet diese gegenseitige Liebe: Einander annehmen, wie wir sind, einander «siebzigmal siebenmal» (Mt 18,22) zu verzeihen und niemanden zu verurteilen.

Das Gemeinschaftsleben der Frauen und Männer des geweihten Lebens soll die mystische Gegenwart des auferstandenen Herrn erfahrbar machen. «Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen» (Mt 18,20). Dies geschieht gemäss «Vita consecrata» dank der gegenseitigen Liebe aller, die die Gemeinschaft bilden, «einer Liebe, die vom Wort und von der Eucharistie genährt, im Sakrament der Versöhnung gereinigt und von der Bitte um Einheit gestärkt wird, dem besonderen Geschenk des Geistes für diejenigen, die gehorsam auf das Evangelium hören» (VC 42).

Beitrag zur Neuevangelisation
Das geschwisterliche Leben hat noch eine weitere wichtige Dimension. Es spielt auf dem geistlichen Weg eine grundlegende Rolle für die ständige Erneuerung der Gemeinschaft und für die Erfüllung ihrer Sendung in der Welt.

Papst Johannes Paul II. mahnt in «Vita consecrata» die Frauen und Männer des geweihten Lebens eindringlich, dem Beispiel der ersten Christen von Jerusalem zu folgen und das gemeinschaftliche Leben zu pflegen. Vor allem aber, vorbehaltlos die gegenseitige Liebe zu leben, «damit sich jede Gemeinschaft als leuchtendes Zeichen des neuen Jerusalem, der ‹Wohnung Gottes unter den Menschen› (Offb 21,3), erweise» (VC 45). In Gemeinschaften, die so leben, «lenkt die Natur des Charismas die Kräfte, festigt die Treue und richtet die apostolische Arbeit aller auf die eine Sendung aus.» Die ganze Kirche zählt auf das Zeugnis von Gemeinschaften, die «voll Freude und erfüllt vom Heiligen Geist» sind (Apg 13, 52). Die Kirche braucht solche geschwisterlichen Gemeinschaften, um den Menschen ihr wahres Gesicht zu zeigen. Diese Gemeinschaften leisten allein schon durch ihr Bestehen einen Beitrag zur Neuevangelisierung, da in ihnen konkret die Früchte des neuen Liebesgebotes erkennbar sind.

«Zeugen und Baumeister»
Das Zweite Vatikanische Konzil verlangt von den Frauen und Männern des geweihten Lebens, als «Zeugen und Baumeister jenes ‹göttlichen Planes für Gemeinschaft›, der die Geschichte der Menschen krönen soll», wirkliche Fachleute der Gemeinschaft zu sein und deren Spiritualität in die Praxis umzusetzen. «Der Sinn der kirchlichen Gemeinschaft, die sich zu einer Spiritualität der Gemeinschaft entwickelt, fördert eine Weise des Denkens, Sprechens und Handelns, die die Kirche an Tiefe und Weite wachsen lässt», so Papst Johannes Paul II (VC 46). Denn wenn die Frauen und Männer des geweihten Lebens wirklich als Gemeinschaft als Abbild des dreifaltigen Gottes leben, werden sie «zu einem Zeichen für die Welt, zur anziehenden Kraft, die zum Glauben an Christus führt.»

Damit die Gemeinschaften des geweihten Lebens ihre Aufgabe als «Zeugen und Baumeister» übernehmen können, muss in ihnen der «Sinn für die Kirche» (sentire cum ecclesia) lebendig bleiben. Das zeigte sich gemäss Johannes Paul II. in ihrer Teilnahme am kirchlichen Leben und im bereitwilligen Gehorsam gegenüber den Bischöfen und dem Papst. Er führt als Beispiel unter anderem Franz von Assisi an, der sich betreffend seiner Ordensgründung ganz dem Urteil des Papstes unterwarf, auch Ignatius von Loyola, der sich und seinen Orden ganz in die Sendung des Papstes stellte. Auf diese Vorbilder können und müssen sich die Personen des geweihten Lebens von heute stützen, angesichts des zersetzenden Zeitgeistes. «Ein Wesensmerkmal dieser kirchlichen communio ist das Festhalten mit Herz und Verstand am Lehramt der Bischöfe, das von allen Personen des geweihten Lebens, besonders jenen, die in der theologischen Forschung, in der Lehre, im Publikationswesen, in der Katechese, im Bereich der sozialen Kommunikationsmittel tätig sind, treu gelebt und vor dem Volk Gottes klar und deutlich bezeugt werden muss» (VC 46).

Möglich wird eine solche Gemeinschaft nur durch die Hilfe des Heiligen Geistes; von ihm werden die Gemeinschaften in ihrem Dienst an der Kirche und an den Menschen geleitet. Gleichzeitig setzt dies bei den Frauen und Männern des geweihten Lebens den Wunsch nach persönlicher Heiligkeit voraus.

Gemeinschaftlich leben ohne konkrete Gemeinschaft
Neben den Orden, Kongregationen und Gemeinschaften gibt es auch Mitglieder von Säkularinstituten und Einzelberufungen wie Eremiten, gottgeweihte Jungfrauen oder Witwen. Auch wenn diese nicht in einer Gemeinschaft leben, pflegen sie dennoch auf ihre je eigene Weise eine geschwisterliche Gemeinschaft: Die Eremiten sind in ihrer tiefen Einsamkeit geistig mit der Kirche verbunden und dienen ihr mit ihrem Charisma der Kontemplation. Die gottgeweihten Jungfrauen verbinden sich in ihrem Gebet in besonderer Weise mit der Teil- und der Weltkirche. Das zeigt sich unter anderem in ihrem Gebet für die Priester. Ähnliches gilt für Witwen und Witwer, die die Weihe empfangen haben.
 

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der sechsten Sendung in der Serie «Das geweihte Leben» auf Radio Maria. Die Sendung in voller Länge kann unter diesem Link angehört werden.
 

Die Sendung «Das geweihte Leben» ist eine Ko-Produktion von Radio Maria und swiss-cath.ch. Sie wird monatlich auf Radio Maria ausgestrahlt. Zeitgleich wird jeweils auf swiss-cath.ch eine Zusammenfassung der Sendung publiziert.

 


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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